America's CupBriten verteidigen Pole-Position im "Parkhaus" America's Cup

Tatjana Pokorny

 · 15.01.2021

America's Cup: Briten verteidigen Pole-Position im "Parkhaus" America's CupFoto: COR 36
Prada Cup 2021 Carlo Borlenghi

Ben Ainslies Ineos Team UK hat auch den Leichtwindtag dominiert und bleibt nach Tag zwei im Prada Cup ungeschlagen. Italien siegte erstmals, Amerikaner im Tief

Fordernde Leichtwindbedingungen haben den Teams das Segeln auf Foils am zweiten Tag im Prada Cup schwer gemacht. Das Beste daraus machten erneut die Briten. Sir Ben Ainslies Ineos Team UK hat sein einziges Match des Tages gegen das Team New York Yacht Club American Magic gewonnen. Im zweiten Duell setzten sich Patrizio Bertellis Luna Rossa Prada Pirelli Team gegen die Amerikaner durch, die damit vorerst sieglos bleiben. Teamchef Terry Hutchinson bezeichnete den schwarzen Tag als einen "für die Charakterbildung". Im Zwischenklassement führen die Briten mit 3:0 Siegen vor den Italienern mit 1:1-Bilanz und den weniger glücklichen Amerikanern (0:3).

  Der Auftritt der Briten bleibt in dieser Anfangsphase der Herausfordererrunde stark Carlo Borlenghi Foto: COR 36
Der Auftritt der Briten bleibt in dieser Anfangsphase der Herausfordererrunde stark Carlo Borlenghi

Was passiert, wenn die Winde so leicht sind, dass die Boote immer wieder von ihren Foils fallen, erlebten an diesem Tag vor allem die Amerikaner auf brutale Weise: Während schon die Italiener mit Verspätung über die Startlinie segelten, klebten sie bei acht Knoten Wind in der Startbox noch mit ihrem Rumpf im Wasser. Statt mit den Azzurri ein feuriges Duell auszufechten, standen sie teilweise still wie in einem Parkhaus und hatten bereits 250 Meter Rückstand, als sie ihren Rumpf endlich über die Startlinie brachten. Der weitere Verlauf des Rennens in durchschnittlich acht bis selten einmal 14 Knoten Wind mit einer ganzen Reihe Abweichungen nach unten ließ aber zwischenzeitlich noch einmal Spannung aufkommen, als die Amerikaner einen 700-Meter-Rückstand egalisierten und die Italiener sogar überholten. Doch noch vor dem zweiten Tor konnten die Azzurri das Rennen im "Minenfeld" (Francesco Bruni) wieder zu ihren Gunsten drehen und es nach Hause bringen. Damit holten sie beim sechsten Cup-Anlauf von Rennstallbesitzer Bertelli ihren ersten Siegpunkt in dieser Herausfordererrunde. Die Amerikaner dagegen hinkten am Ende im Match mit Italien so stark hinterher, dass sie es nicht einmal im 45-Minuten-Zeitlimit ins Ziel schafften.

  Drei Niederlagen in Folge geben Terry Hutchinson und seinem Team American Magic zu denken Carlo Borlenghi Foto: COR 36
Drei Niederlagen in Folge geben Terry Hutchinson und seinem Team American Magic zu denken Carlo Borlenghi
  Aus jedem Blickwinkel imposant: Die Foiler der AC75-Klasse, die sich an Tag 2 im Prada Cup sehr mühen mussten. Hier die italienische "Luna Rossa" Carlo Borlenghi Foto: COR 36
Aus jedem Blickwinkel imposant: Die Foiler der AC75-Klasse, die sich an Tag 2 im Prada Cup sehr mühen mussten. Hier die italienische "Luna Rossa" Carlo Borlenghi
  Die Leistung des amerikanischen Teams an diesem Tag kann es nicht gewesen sein, die für so gute Laune bei den Damen auf dem Wasser gesorgt hat… Carlo Borlenghi Foto: COR 36
Die Leistung des amerikanischen Teams an diesem Tag kann es nicht gewesen sein, die für so gute Laune bei den Damen auf dem Wasser gesorgt hat… Carlo Borlenghi

Der italienische Steuermannn Francesco Bruni sagte nach dem Rennen: "Ich bin sicher, dass uns unsere großen Foils in diesen Bedingungen helfen. Aber heute ging es vor allem darum, in gutem Druck zu bleiben. Ob es schwer war, in diesem Nervenspiel die Ruhe zu bewahren? Das war bei Weitem das Schwierigste! Insbesondere für uns Italiener!" Das befreite Lächeln dazu kann man sich bestens vorstellen. Gegner Dean Barker hatte an Bord der amerikanischen "Patriot" weit weniger Grund zur Freude, sagte nach der zweiten Niederlage seiner Mannschaft: "Ich würde das hier heute eine Lotterie nennen, aber das gehört zum Wettbewerb." Auf die Frage, warum "Patriot" in so wenig Wind – wie auch die Italiener – nicht mit dem größten Vorsegel aufgekreuzt war, sagte Barker: "Wir haben den Wind nicht so leicht erwartet." Tatsächlich hatte die Brise in den letzten Minuten vor dem Start noch einmal deutlich abgenommen.

  So sehen Sieger aus: Italiens Steuermann Francesco Bruni nach dem Sieg über die Amerikaner Carlo Borlenghi Foto: COR 36
So sehen Sieger aus: Italiens Steuermann Francesco Bruni nach dem Sieg über die Amerikaner Carlo Borlenghi

Noch stärker gefordert, mühten sich im zweiten Match des Tages "Britannia" und "Patriot" über den Kurs. Dabei konnten Sir Ben Ainslie, Giles Scott und das Ineos Team UK überzeugend die Annahme entkräften, dass sie womöglich immer noch mit einer Leichtwindschwäche unterwegs sind. Im Gegenteil: Zwar ging es auch für sie teilweise quälend langsam um die Wendemarken, insbesondere um die erste, um die sie ihren Foiler auf dem Rumpf mit teilweise weniger als einem Knoten Geschwindigkeit wie in Zeitlupe wuchteten. Doch wussten die Briten im weiteren Verlauf des Duells, das kaum eines war, mit deutlich besseren Take-Off-Leistungen zu beeindrucken.

So lief es für die drei Herausforderer an Tag 2 im Prada Cup…

Für dieses zweite Rennen des Tages wurde die Windstärke am Ende mit acht bis zwölf Knoten angegeben. Weil der Wind auch noch gedreht hatte, hatte die Wettfahrtleitung zunächst den Start verschieben und die Kursachse neu ausrichten müssen. Das selbstbewusst und pünktlich in die Startbox einsegelnde Ineos Team UK traf auf Amerikaner, die offensichtlich von der Rolle waren, ihr Timing verpatzten und zu früh eintauchten. Dafür erhielten sie nicht nur eine Strafe, sondern fielen auch von den Foils und kamen nicht mehr hoch, während die Briten auf der rechten Seite der Vorstart-Arena eine kleine Muskelschau veranstalteten. Als "Britannia" schließlich über die Startlinie schoss, wirkten die Amerikaner wie ein toter Fisch im Wasser.

  Maximal abgehängt: In dieser Szene rangen sogar die TV-Kommentatoren um Worte. Während die Briten sich längst auf dem ersten Abschnitt des Rennens befanden, klebten die Amerikaner noch auf der StartlinieFoto: Screenshot / Live-Übertragung Prada Cup 2021
Maximal abgehängt: In dieser Szene rangen sogar die TV-Kommentatoren um Worte. Während die Briten sich längst auf dem ersten Abschnitt des Rennens befanden, klebten die Amerikaner noch auf der Startlinie

Nach extremem Spätstart kam "Patriot" irgendwann doch auf die Foils und nahm während der langsamen ersten Tonnenrundung der Briten endlich Fahrt auf. Die Amerikaner kamen plötzlich mit 33,9 Knoten Bootsgeschwindigkeit angefeuert – jedoch nur, um selbst bei der Ansteuerung der Top-Marke so zu verlangsamen wie zuvor die Ainslie-Truppe. Man hätte das Duell zeitweise auch Wetttreiben nennen dürfen. Weltklassesegler Ken Read, neben den Olympiasiegern Shirley Robertson und Nathan Outteridge einer von drei starken TV-Kommentatoren, fragte laut: "Könnte das hier die langsamste Tonnenrundung aller Zeiten sein?"

Im weiteren Verlauf der Rennens kamen die Briten besser mit den "Fahrstuhl-Bedingungen" zurecht, in denen beide Teams immer wieder von den Foils fielen. Sogar sie als Spitzenreiter mussten in diesem Match darum bangen, die Ziellinie des bereits verkürzten Kurses im Zeitlimit zu erreichen. Das gelang schließlich zwei Minuten vor Ablauf der Zeit. 59 Sekunden später kamen auch die Amerikaner ins Ziel. "Ich denke, wir haben bei der Lotterie die Unglückszahl gezogen", sagte Skipper Terry Hutchinson später in der Pressekonferenz.

Was Skipper und Taktiker nach dem zweiten Renntag in der Herausfordererrunde sagten

Die Round-Robin-Vorrunde des Prada Cup wird am Sonntag fortgesetzt. Dann ist Patrizio Bertellis Luna Rossa Prada Pirelli Team die Mannschaft, die zweimal hintereinander ran muss und versuchen wird, an der aktuellen britischen Dominanz zu rütteln. Sir Ben Ainslie schrieb den Auftakterfolg an diesem zweiten Tag der Herausfordererrunde auch seinen Grindern zu: "Die müssen schon an normalen Tagen extrem hart arbeiten. Aber heute in diesen leichten Winden haben sie wirklich Großes geleistet."

  Szenen, die man sich in Europa aktuell kaum vorstellen kann: ein entspannntes und friedliches Fan-Fest beim America's Cup in Auckland, wo das Corona-Virus nach harten Lockdowns im vergangenen Jahr und bei strengsten Einreise- und Quarantänebedingungen aktuell keine Sorgen bereitet Carlo Borlenghi Foto: COR 36
Szenen, die man sich in Europa aktuell kaum vorstellen kann: ein entspannntes und friedliches Fan-Fest beim America's Cup in Auckland, wo das Corona-Virus nach harten Lockdowns im vergangenen Jahr und bei strengsten Einreise- und Quarantänebedingungen aktuell keine Sorgen bereitet Carlo Borlenghi
  Wer ihn kennt oder gar schon gegen ihn gesegelt ist, der hat auch diesen Gesichtsausdruck schon gesehen: Sir Ben Ainslie ist in Angriffsmodus übergegangen Carlo Borlenghi Foto: COR 36
Wer ihn kennt oder gar schon gegen ihn gesegelt ist, der hat auch diesen Gesichtsausdruck schon gesehen: Sir Ben Ainslie ist in Angriffsmodus übergegangen Carlo Borlenghi