America’s CupBriten und Amerikaner greifen Verteidiger an – ”Wir stehen am Scheideweg”

Tatjana Pokorny

 · 22.05.2025

Wieder einmal gibt die wichtigste und älteste Trophäe des internationalen Segelsports Anlass zu Ärger.
Foto: Ian Roman/America's Cup
Es war sicher kein Zufall, dass gleich zwei Teams binnen einer Stunde Statements zum Status Quo der Verhandlungen und Planungen für den 38. America’s Cup veröffentlich haben. Der britische Challenger of Record Athena Racing und das Team NYYC American Magic werfen den neuseeländischen Verteidigern mangelnde Transparenz und Kooperation vor.

Ist es wieder einmal so weit? Müssen sich Segler und Cup-Fans in aller Welt sorgen, dass der America’s Cup vom Kurs abkommt, die Planungen ins Stocken geraten oder womöglich Gerichtstreitigkeiten drohen? Zwei am 22. Mai veröffentliche Statements zeigen, wie uneinig sich Verteidiger und mindestens zwei Herausforderer gerade sind.

Unter ihnen ist mit Sir Ben Ainslies Team Athena Racing auch der Challenger of Record. Die öffentlich gemachte Verärgerung mag auch mit der gerade bekanntgegebenen Wahl des Austragungsortes zu tun haben, obwohl Neapel sogar bei den Beschwerdeführern auf Zustimmung stößt. Doch sie fühlen sich offensichtlich ausgeschlossen von wichtigen Informationen.

America’s Cup: Streit hinter und vor den Kulissen

Sowohl der britische Challenger of Record als auch das US-Team NYYC American Magic fordern die Cup-Verteidiger aus Neuseeland auf dem Kurs zum 38. America’s Cup zu mehr Transparenz und Kooperation auf. Ihr Gang in die Öffentlichkeit zeigt, wie zerstritten die Parteien bei ihren Verhandlungen hinter den Kulissen sein müssen.

Konkret beziehen sich die Briten, die selbst gerade erst die Trennung von Hauptsponsor Ineos zu verkraften hatten und haben, und die Amerikaner mit ihrer Kritik auf das weiterhin fehlende Cup-Protokoll, auf das sich Verteidiger und Challenger of Record noch nicht haben einigen können.

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Angekündigt war das Protokoll von den Verteidigern für spätestens im Juni. Nun wurde überraschend der Austragungsort verkündet, während sich die Verhandlungen über das Protokoll zwischen Challenger of Record und Defender offensichtlich noch weit entfernt von einer Einigung befinden. Eher scheint es, als hätte sich heftiger Streit um Inhalt und Ausrichtung der kommenden Cup-Auflage entzündet, der nun Briten und Amerikaner zu ihren Statements bewegt hat.

Zoff um den Weg in die America’s-Cup-Zukunft

Es sei zwar, so halten beide Teams fest, mit Neapel ein Austragungsort gefunden, doch fehle das zwischen Verteidiger und Challenger of Record vereinbarte Protokoll mit den wichtigsten Eckdaten zum kommenden America’s Cup. Das Team-Statement des britischen Challenger of Record kam am Donnerstagnachmittag zuerst. Da heißt es im Original:

Athena Racing, das als Challenger of Record für den 38. America's Cup die Royal Yacht Squadron Ltd. vertritt, ist besorgt über die anhaltende Intransparenz hinsichtlich der kürzlich erfolgten Bekanntgabe einer Austragungsstadt für den Cup 2027 und die Auswirkungen, die dies auf das Hauptziel der Aushandlung eines fairen Sportprotokolls hat.

Seit sieben Monaten verhandelt Athena Racing im Namen aller Herausforderer mit dem Verteidiger Team New Zealand über ein Protokoll für den 38. America's Cup, mit dem Ziel, einen fairen sportlichen Rahmen und eine wirtschaftlich tragfähige Veranstaltung für alle Beteiligten des America's Cup zu schaffen. Trotz der jüngsten Fortschritte bestehen weiterhin erhebliche Hindernisse.

In der Regel wird eine Austragungsvereinbarung erst nach der Veröffentlichung eines vereinbarten Protokolls geschlossen.” Athena Racing

Da noch kein Protokoll vereinbart wurde, ist es schwierig zu verstehen, was genau zwischen Team New Zealand und der italienischen Regierung als sportlicher Rahmen vereinbart wurde, weil die Details der Veranstaltung noch nicht feststehen. Jede Ausrichtungsvereinbarung bindet die Herausforderer an finanzielle und organisatorische Verpflichtungen sowie an potenzielle Haftungen, weshalb ihre Offenlegung für die Teilnahme und das Engagement der Teams für den 38. America's Cup von grundlegender Bedeutung ist.

Wir sind zwar fest davon überzeugt, dass Neapel ein großartiger Austragungsort für den America's Cup sein kann, glauben jedoch, dass Transparenz und Zusammenarbeit zwischen dem Verteidiger und allen Herausforderern für die Zukunft des Cups von entscheidender Bedeutung sind und die jüngsten Ankündigungen des Titelverteidigers daher bestenfalls verfrüht sind.

Amerikaner mit Briten in einem Boot

Ähnlich “ausgebootet” sehen sich die potenziellen amerikanischen Herausforderer vom Team NYYC American Magic. Auch sie wenden sich mit ihrer öffentlichen Kritik gegen die neuseeländischen Verteidiger, die Neapel als Austragungsort für das 32. Duell um den America’s Cup offenbar im Alleingang verhandelt und gemeinsam mit der italienischen Regierung und den Gastgebern vor Ort beschlossen haben. Das Statement von NYYC American Magic bekräftigt die Vorwürfe aus Großbritannien:

In den letzten sieben Jahren haben wir mit Stolz, Entschlossenheit und Ausdauer an zwei Editionen des America's Cup teilgenommen. Es war uns eine Ehre, den New York Yacht Club und die Vereinigten Staaten bei einem der traditionsreichsten Wettbewerbe im Sport auf der Weltbühne zu vertreten.

Mit Blick auf den 38. America's Cup stehen wir an einem Scheideweg und halten es für notwendig, unsere Teammitglieder, Partner, Spender und Unterstützer über den aktuellen Stand zu informieren.” NYYC American Magic

Trotz der Bemühungen der Herausforderer – angeführt vom Challenger of Record – um Verhandlungen in gutem Glauben, war der Titelverteidiger nicht bereit, sich zu der Transparenz und Zusammenarbeit zu verpflichten, die für ein faires Protokoll erforderlich sind. Ohne den strukturellen Rahmen, der für die Herausforderer notwendig ist, um eine tragfähige Kampagne zu führen, wird es äußerst schwierig bleiben, das Potenzial des America's Cup als moderne, global relevante Sportveranstaltung auszuschöpfen.

Wir unterstützen den Challenger of Record weiterhin in seinen Bemühungen um ein offenes und ausgewogenes Protokoll, da es ohne die von ihm geforderten wesentlichen Änderungen schwer vorstellbar ist, wie NYYC American Magic am 38. America's Cup teilnehmen kann. Wir bekennen uns weiterhin zum America's Cup und würden die Möglichkeit begrüßen, unter einem fairen Protokoll anzutreten.

Aber wir bekennen uns ebenso zu Integrität, Transparenz und dem langfristigen Wohlergehen der Institution America's Cup. Wir fordern den Defender als Treuhänder nachdrücklich auf, in gutem Glauben mit dem Challenger of Record zusammenzuarbeiten, um die Elemente des fairen Wettbewerbs, der Transparenz und des Respekts für alle Segler weltweit wiederherzustellen, die letztlich die Nutznießer dieses traditionsreichen Vertrauens sind.

Die Reaktion der Verteidiger stand zunächst aus

Eine Antwort der neuseeländischen Verteidiger wird nicht lange auf sich warten lassen. Aber doch Weilchen, denn die Veröffentlichungen der Statements aus Großbritannien und den USA kamen am europäischen Nachmittag, als es in Neuseeland schon lange nach Mitternacht war.

Man darf davon ausgehen, dass in allen Lagern bei den zähen und bislang nicht erfolgreichen Verhandlungen um künftige Cup-Inhalte und dem nun öffentlich gewordenen Schlagabtausch konstant kundige Juristen involviert sind. Es geht um nicht weniger als die Macht und die Interessen der jeweiligen Teams auf dem Weg zur 38. Cup-Auflage.

Neapel! Den neuen Austragungsort für den 38. America’s Cup gaben die neueseeländischen Verteidiger und die italienischen Gastgeber gerade erst am 15. Mai bekannt:

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