Mathias Müller
· 19.07.2005
America’s-Cup-Syndikat fällt in alte Verhaltensmuster zurück
Zu viele Machtmenschen in einem Team scheinen nicht förderlich für Crew und Leistung. Freistellung von John Kostecki bei BMW Oracle riecht nach Rausschmiss.
Er sollte für die Taktik an Bord und die Crew verantwortlich sein. Dass er eine solche Position sehr wohl ausfüllen kann, hat er auf der „illbruck“mit dem Sieg beim letzten Volvo-Ocean-Race bewiesen. Einstweilen indes, darf er innerhalb des Americas-Cup-Zirkus überhaupt nichts mehr bestimmen.
Heute gab BMW Oracle bekannt, dass John Kostecki zukünftig dem Team zwar erhalten bleibt, jedoch nur in „beratender Funktion und nicht mehr am Standort Valencia“. Weiter heißt es in der Presse-Information: „Das Team kann im Verlauf der Kampagne weiter auf Kosteckis Erfahrungsschatz zurückgreifen. So ist angedacht, dass der US-Amerikaner von Zeit zu Zeit mit dem Team segelt.“ Die in „gegenseitigem Einverständnis getroffene Entscheidung“ stelle es Kostecki frei, „andere Segel-Projekte außerhalb des Americas Cup zu verfolgen“.
Leser der Presse-Information können sich des Eindrucks wohl kaum erwehren, dass es sich bei der Vereinbarung der Vertragspartner, letztlich um einen Rausschmiss handelt. Wer für die Entmachtung verantwortlich ist, Team-Eigner Larry Ellison oder sein Vertreter im Segelteam Chris Dickson, ist nicht bekannt.
„Es herrscht definitiv ein neuer Geist im Team“, hatte Chris Dickson noch im Interview mit der YACHT gesagt (Heft 16, Ende Juli am Kiosk). Damit wollte er sagen, dass ein personelles Hin-und-Her wie beim letzten Cup vor Auckland nicht mehr in seinem, respektive Ellisons Team, vorkäme. Damals hatte der 18 Milliarden Dollar schwere Software Unternehmer Larry Ellison zuerst den amerikanischen Segelstar Paul Cayard und dann den Steuermann Peter Holmberg (BVI, nun bei Alinghi) gefeuert. Er stellte daraufhin den Neuseeländer Chris Dickson ein, der zwei Jahre zuvor vom Team gekippt worden war. Dieser wiederum reaktivierte Holmberg.
Nun der Rückfall in alte Zeiten. Das Image des überreichen, arroganten amerikanischen Teams wird BMW Oracle so natürlich nur schwer los. Leisten kann sich die Truppe derlei Personalkapriolen. Immerhin wird das Syndikatsbudjet auf weit über 100 Millionen Dollar geschätzt.
Fraglich ist nun, ob Dickson dauerhaft die Position des Skippers einnimmt oder ob er nach einem Kostecki-Ersatz sucht, was aufgrund der fortgeschrittenen Zeit innerhalb der Teambildungen (zwölf Syndikate haben sich für den Kampf um die Krone des Segelsports beworben) sicherlich nicht einfach wird. Fraglich ist auch die Zukunft des bisherigen Steuermanns Gavin Brady, der unter Kosteckis Führung bislang keine gute Ergebnisse heraussegeln konnte.