Tatjana Pokorny
· 12.04.2015
Lange hat sich America's-Cup-Gewinner Ernesto Bertarelli zurückgehalten, doch nun kritisiert der Schweizer den Cup-Niedergang bei LX Sailing
Der zweimalige America's-Cup-Gewinner Ernesto Bertarelli bricht sein Schweigen. Lange hat sich der Schweizer das Treiben der aktuellen Cup-Verantwortlichen, die sein Team Alinghi 2010 in einem gerichtlich erzwungenen ungleichen Exklusiv-Match besiegt und aus dem Wettbewerb gedrängt hatten, von der Seitenlinie angeschaut. Doch nun ist Bertarelli es offenbar leid. In einem Kommentar greift er die amerikanischen Cup-Verteidiger an. Er ist damit nicht allein, denn immer mehr Experten holen zum Verbalschlag gegen das Team von Larry Ellison aus, das die wichtigste Regatta des internationalen Segelsports seit geraumer Zeit nach Lust und Laune zu verbiegen scheint.
Bertarellis Original-Kommentar ist auf der Facebook-Seite von LX Sailing zu lesen – hier bei YACHT online in der Übersetzung:
"Der AC 48 ist ein interessantes Boot, aber die Meldekosten für den AC sind inzwischen höher als die der Boote! Es ist einfach schade, dass die Organisatoren keine klaren und transparenten Regeln aufstellen können. Ich bin mir nicht sicher, ob sie es so beabsichtigen, doch die Art und Weise ihrer Organisation ist ziemlich obskur. Heute wollen sie es auf kleinere Boote umdrehen, morgen werden sie vielleicht das Gegenteil tun.
Ich bin erstaunt, dass sie es geschafft haben, Patrizio Bertelli zu verärgern, der im modernen America's Cup eine so wichtige Rolle gespielt hat. Es beweist, dass wir mit unserem Rückzug vom America's Cup recht hatten. Bertelli hat viele zig Millionen ausgegeben, um ein neues Boot zu entwickeln, und plötzlich sagen sie ihm, dass er das alles grundlos getan hat.
Ich liebe den America's Cup. Ich habe ihn gewonnen. Und er wird für immer ein Teil von mir sein. Also verfolge ich das Geschehen natürlich. Aber es ist enttäuschend zu sehen, was da passiert. Man bedenke nur die Tatsache, dass sie sich dazu entschieden haben, die Regeln der Isaf nicht anzuerkennen. Damit ist die Tür für jede Art von Ärger weit geöffnet. Das ist sehr enttäuschend.
Es muss einen anständigen Verteidiger und einen anständigen Herausforderer geben. Das ist die Grundlage des America's Cup: zwei Yacht-Clubs, die sich gegenseitig herausfordern und – zusammen – über die Regeln der Veranstaltung entscheiden. Dennoch hat der Verteidiger in den vergangenen beiden Auflagen einen Herausforderer gewählt, der sich wenig später zurückgezogen und die Kontrolle allein dem Verteidiger überlassen hat. Deswegen stelle ich die Frage: Können wir das immer noch America's Cup nennen, wenn die Grundregeln der Veranstaltung nicht mehr befolgt werden?
Wenn ich der Verteidiger wäre, würde ich die stärksten Teams – das Emirates Team New Zealand oder die Luna Rossa Challenge – bitten, der Challenger of Record zu werden. Heute sagen Leute wie Bruno Troublé, dass es ein Strandevent geworden ist, der nach Pommes riecht. Das ist seine Meinung, doch wenn einer wie er so etwas sagt, dann bedeutet es, dass ein Problem vorliegt.
Ich bin froh, dass ich nicht an Patrizio Bertellis Stelle bin. Ich hatte meinen Anteil an Rückschlägen, doch inzwischen ist das Kapitel für mich beendet. Meine Geschichte mit dem America's Cup hat 2010 geendet. Sie mag eines Tages wieder beginnen. Beispielsweise, wenn die Kiwis den Cup gewinnen und faire Regeln etablieren. Aber heute nicht!"