America's CupAzzurri dominieren Prada-Cup-Finalauftakt mit 2:0

Tatjana Pokorny

 · 12.02.2021

America's Cup: Azzurri dominieren Prada-Cup-Finalauftakt mit 2:0Foto: COR 36 / Studio Borlenghi
Tag 1 im Prada-Cup-Finale

Die Italiener haben Sir Ben Ainslies Ineos Team UK im Showdown der Herausfordererserie zwei empfindliche Niederlagen beigebracht

Es war der perfekte Auftakt für Italiens America's-Cup-Jäger: Das Luna Rossa Prada Pirelli Team hat im Prada-Cup-Finale die beiden ersten Begegnungen gegen Sir Ben Ainslies Ineos Team UK gewonnen. In zunächst leichten Winden um sechs bis neun Knoten, im zweiten Match des Tages aber auch mittleren Winden mit 14 bis 17 Knoten hatten die Azzurri die Bugspitze zweimal vorn und setzten sich gegen die in der Vorrunde noch so starken Briten durch. Damit führt der Rennstall von Prada-Patriarch Patrizio Bertelli in der "First to win seven"-Serie, in der das Team gewinnt, das zuerst sieben Siege ersegeln kann, mit 2:0. Fan-Kommentare wie diese waren in den sozialen Netzwerken die schnelle Folge: "Die Queen wird nicht erfreut sein", "Seid still und arbeitet weiter hart" oder "Was hatten die britischen Zeitungen geschrieben? Luna Rossa wird weinen? Na, dann…"

  Lässt Italiens Cup-Fans träumen: "Luna Rossa"Foto: COR 36 / Studio Borlenghi
Lässt Italiens Cup-Fans träumen: "Luna Rossa"

Trotz der erwarteten leichten Winde konnte die erste Begegnung des Tages mit nur zwei Minuten Verspätung gestartet werden. Beiden Teams war klar, dass es in der flauen Brise vor allem darum gehen würde, auf den Foils zu bleiben. Entsprechend offensichtlich war das Bestreben der Kontrahenten, sich nicht gegenseitig in einen Zweikampf zu verwickeln. Das Risiko erschien zu groß. Es war dann "Britannias" Rumpf, der zuerst in die Fluten fiel, während die Italiener die unfreiwillige Vollbremsung gerade eben noch vermeiden konnten. Wie schon in vorherigen Rennen wirkte "Luna Rossa" leichtfüßiger im Umgang mit nur ein paar Knötchen Wind und konnte direkt ins Rennen durchstarten, während Sir Ben Ainslies Ineos Team UK sich immer noch mühte, wieder auf die Füße zu kommen. "Als wir das endlich geschafft hatten", sagte der viermalige Olympiasieger Ainslie nach dem Rennen, "da hatten wir schon eine halbe Kurslänge Rückstand." Für die Italiener war es ein perfekter Beginn, für die Engländer nach ihrem fulminanten Auftritt in der Vorrunde eine schmerzhafte Erfahrung. Umso mehr, als die Azzurri ihren Vorsprung im Verlauf des Rennens auch dann noch weiter ausbauten, als die Briten längst wieder auf Foils über den Kurs preschten. Was auch daran lag, dass sie sich aufgrund des Übersegelns der Kursbegrenzung gleich zweimal Penalties einfingen.

  Im zweiten Rennen des Tages wieder sicher auf den Foils und schnell, aber nicht schnell genug: "Britannia"Foto: COR 36 / Studio Borlenghi
Im zweiten Rennen des Tages wieder sicher auf den Foils und schnell, aber nicht schnell genug: "Britannia"

Hier lassen sich die beiden Auftakt-Rennen des Tages noch einmal verfolgen

"Luna Rossa" hatte schon an der ersten Marke 1 Minute und 20 Sekunden Vorsprung. Im Ziel hatten sie daraus 1 Minute und 52 Sekunden gemacht – im schnellen Foiling-Kampf eine halbe Welt. Hoffnung keimte für die "Britannia"-Crew mit zunehmendem Wind auf, der im zweiten Rennen auf mittlere 14 bis 17 Knoten auffrischte und sogar für kleine weiße Schaumkronen auf dem Kurs sorgte. Ähnlich schäumend kamen die Briten in die Startbox geflogen, interessierten sich sichtbar für die rechte Seite. Das italienische Team halste und folgte. Alles deutete auf ein packendes Vorstart-Duell hin. Das Ineos Team UK verteidigte seine führende Position zunächst, war aber gleichzeitig etwas zu früh dran für den Start und musste seine Fahrt etwas verlangsamen. Dennoch gingen schließlich beide Teams mit guter Geschwindigkeit und parallel zueinander über die Startlinie. Tatsächlich sahen Beobachter in diesem Moment sogar eher einen Vorteil für die Briten, die ihren Bug etwas vor den Italienern hatten.

Steuermann Francesco Bruni und sein Team konnten sich in ihrer Position in leichten Abwinden von "Britannia" nicht lange halten und mussten wegwenden: Vorteil Ineos Team UK. Doch schon bei der nächsten Begegnung zeigte sich, dass Luna Rossa mit einem Winddreher hatte Boden gutmachen können. Die Briten gingen hinter den Italienern durch, die in der Folge die erste Marke mit elf Sekunden Vorsprung erreichen konnten. Die Briten steuerten dieselbe Marke des Tores an, halsten jedoch kurz nach der Rundung, während die Italiener die rechte Seite des Kurses hinunterstürmten. Die Bootsgeschwindigkeiten nahmen bei beiden Booten nun auf 43 bis 45 Knoten zu. Die Italiener konnten ihren Vorsprung bis zur zweiten Marke auf 270 Meter ausbauen.

Dass danach die linke Seite des Kurses bevorteilt war, hatten beide Teams erkannt. Das kann man in der Wiederholung der Live-Übertragung auch ihrer Anbord-Kommunikation entnehmen. Bis zur nächsten dritten Wendemarke hatten die Italiener ihren Vorsprung auf 19 Sekunden ausgebaut. In der Folge fanden die Briten keine Überholspur mehr. Zwar kamen sie noch etwas dichter heran, doch die Ziellinie erreichten sie erst 26 Sekunden nach den Italienern. In der Rennanalyse waren sich beide Steuerleute – der doppelt geschlagene Sir Ben Ainslie und der zweimal siegreiche Francesco Bruni – ganz einig in der Betrachtung. Ainslie sagte: "Das zweite Rennen war wirklich eng." Und Bruni bestätigte: "Es hätte leicht auch andersherum ausgehen können. Wir sind heute gut gesegelt, haben aber auch einige Fehler gemacht. Wir müssen weiter hart arbeiten. Ich denke, wir werden noch viele enge Rennen sehen."

Was die Segler nach dem 2:0-Auftakt für Italiens Cup-Jäger zu sagen hatten

Dass die Italiener im zweiten Rennen mit kleinerem Vorsegel die bessere Wahl getroffen hatten, bestätigte auch Ainslie nach diesen beiden Auftakt-Matches: "Das ist ein guter Punkt. Vermutlich wäre ein kleineres Vorsegel die bessere Wahl gewesen." Bei der Pressekonferenz im Anschluss an die Rennen kam Francesco Bruni bei diesem Thema aber sogar Ainslie zur Hilfe und bestätigte: "Die Vorsegel-Entscheidung war keine klare Angelegenheit. Wir hatten uns für das kleinere Vorsegel entschieden, wussten aber nicht, ob das richtig war." Der als Matchracer ebenso wie Sir Ben Ainslie erfahrene Bruni zog nach diesem Tag, der seinem Boss Patrizio Bertelli in der italienischen Heimat ein Lächeln ins Gesicht gezaubert hat, vorsichtig zufrieden Bilanz: "Ich bin froh, weil unser Boot nicht nur schneller geworden ist, sondern wir auch keine Vorstartprobleme hatten. Und ich bin sehr zufrieden mit unserer Landmannschaft. Wir hatten heute ein sehr gutes Gesamtpaket." Gleichzeitig warnte Bruni: "Es ist eine lange Serie! Bleiben wir fokussiert und verschwenden keine Zeit an frühzeitige Feiern." Das hatte nach den Rennen auf dem Wasser auch der zweite Steuermann des Teams unterstrichen, mit dem sich Bruni seine Aufgabe im Luna Rossa Prada Pirelli Team teilt. Jimmy Spithill sagte: "Wir haben heute auch ein paar Fehler gemacht. Die wollen wir bis morgen abstellen."

  Für die Rennen drei und vier am Sonntag wünschen sich Sir Ben Ainslie und sein Team eine andere Perspektive als diese vom AuftaktFoto: COR 36 / Studio Borlenghi
Für die Rennen drei und vier am Sonntag wünschen sich Sir Ben Ainslie und sein Team eine andere Perspektive als diese vom Auftakt
  Im italienischen Lager reichte die Freude am Samstag bis zu den kleinsten FansFoto: COR 36 / Studio Borlenghi
Im italienischen Lager reichte die Freude am Samstag bis zu den kleinsten Fans
  Cup-Paradies Auckland: Die Neuseeländer haben bei strikter Quarantäne-Politik aktuell keine Corona-Probleme. Die Fans konnen das Segelspektakel bei sommerlichem Sonnenschein ohne Sorgen genießenFoto: COR 36 / Studio Borlenghi
Cup-Paradies Auckland: Die Neuseeländer haben bei strikter Quarantäne-Politik aktuell keine Corona-Probleme. Die Fans konnen das Segelspektakel bei sommerlichem Sonnenschein ohne Sorgen genießen

Sir Ben Ainslie sah an diesem sonnigen Tag im neuseeländischen Auckland naturgemäß Handlungsbedarf: "Ich denke, beide Teams wissen, dass sie es besser können. Wir haben uns in leichten Winden schon sehr verbessert, aber noch nicht genug. In mittleren Winden geht es enger zu. Da kommt es darauf an, welches Team besser segelt. Wir sind mit 0:2 nicht glücklich." Sein Urteil zum Geschwindigkeitspotenzial der Boote: "Über zehn Knoten sind es zwei sehr gleiche Teams, von denen beide gewinnen können. Unter zehn Knoten hat Luna Rossa einen Vorteil. Aber wir werden seit Tag eins besser." Auf die Frage, ob sein Team durch den Vorrundensieg und den direkten Einzug in das Prada-Cup-Finale einen Nachteil gegenüber den Italienern habe, die in der Zwischenrunde American Magic besiegten und dabei einige Match-Praxis gewinnen konnten, sagte Ainslie: "Das glaube ich nicht. Das erste Rennen heute wurde dadurch entschieden, dass wir nicht auf die Foils kamen. Im zweiten Rennen sind wir gut gesegelt – Luna Rossa noch besser. Heute hatten wir das schlechtere Ende für uns. Morgen wird das nicht der Fall sein."

Ainslie wäre nicht Ainslie, wenn er seinem Gegner nicht eine solche Kampfansage machen würde. Die Prognosen versprechen für den zweiten Finaltag und die Rennen drei und vier mehr Wind als beim Auftakt und neue Hoffnung für die Briten. Vorerst aber thronen die Italiener mit 2:0 an der Spitze des Zwischenklassements im Kampf um den Einzug in den 36. America's Cup, wo die neuseeländischen Verteidiger gespannt auf ihren Gegner warten.

  Die Ergebnisse nach Tag 1 im Prada-Cup-FinaleFoto: Screenshot / America's Cup
Die Ergebnisse nach Tag 1 im Prada-Cup-Finale
  Italienische Freude bei Steuermann Francesco BruniFoto: COR 36 / Studio Borlenghi
Italienische Freude bei Steuermann Francesco Bruni