Dieter Loibner
· 07.06.2013
Die Schweden wollen erst später in den Louis Vuitton Cup einsteigen, weshalb die Herausfordererserie zur Groteske degenerieren könnte
Der Summer of Sailing in San Francisco könnte wohl zum Sommer des peinlichen Wartens werden. Erstens auf Artemis Racing, das Team, dessen tragische Kenterung vom 9. Mai eine Lawine von Konsequenzen losgetreten hatte. Die Schweden, so wurde bekannt gegeben, gedenken anzutreten, aber wie von YACHT online bereits angedeutet, nicht zum Beginn des Louis Vuitton Cup am 4. Juli, sondern erst gegen Ende des Moants.
"Wir arbeiten rund um die Uhr, um das neue Boot fertig und ins Wasser zu bekommen und das Team auf die Regatta vorzubereiten”, erklärte Artemis-CEO Paul Cayard über die Pressestelle. "Noch haben wir den Berg vor uns, aber wir haben vor, das neue Boot Anfang Juli zu wassern, um uns in eine Position zu bringen, die es gestattet, Ende des Monats an den Regatten teilzunehmen.” Vorausgestzt natürlich, es treten keine größeren Probleme auf.
Zweitens wird man auch auf ein vollständiges und abwechslungsreiches Regattaprogramm warten müssen, denn die Anzahl der für Juli anberaumten Vorrunden wurden von Regattadirektor Iain Murray von sieben auf fünf reduziert. Dies sei aus Sicherheitsgründen geschehen, weil die Teams mehr Zeit zwischen den Einsätzen für die Bootswartung forderten.
Der modifizierte Terminplan hat allerdings die Round-Robin-Wettfahrten von Artemis gelistet, und das bedeutet nach dem aktuellen Stand, dass Team New Zealand und Luna Rossa einmal pro Round Robin gegeneinander antreten und an den Tagen, an denen sie gegen Artemis hätten segeln müssen, einsam ihre Runden zu drehen haben. " Der Kurs wird jeden Tag ausgelegt”, tweetete Stephen Barclay, der Chef der America’s Cup Event Authority. "Wenn ein Team nicht startet, muss das andere den Kurs segeln, um den Punkt zu bekommen.”
Wenn es wirklich dazu käme, dann wäre dies wohl der Tiefpunkt des ehrwürdigen Louis Vuitton Cup, bei dem noch in Valencia 2007 fast ein Dutzend Herausforderer am Start waren. "Würde so etwas in irgend einem anderen Turnier passieren, dass bei Nichtantreten eines Teams das andere allein spielt und Tor um Tor schießt, nur um den Wertungspunkt zu kassieren?", fragt Richard Gladwell von Sail-World. "Allgemeine Sportmedien verstehen zwar die Nuancen des Cup nicht besonders gut, dafür aber Dummheit und Farce. Und damit werden sie ihren Spaß haben.”
Wie auch immer, die Veranstalter stehen im Kreuzfeuer der Kritik. Nicht nur, weil die Sicherheitsvorkehrungen für die AC72-Kats erst nach dem Todesfall von Andrew "Bart" Simpson einer ernsthaften Prüfung unterzogen wurden, sondern auch, weil sie ihre Glaubwürdigkeit durch unrealistische Prognosen verspielt haben betreffend Teilnehmerzahl, Besucher, Invstitionen, Arbeitsplätze, Werbeeinnahmen und Ticketerlöse.
Der Zynismus, den sie dabei an den Tag legen, ist frappierend: "Vergessen Sie nicht, dass es beim America’s Cup immer nur um das America’s Cup Match geht”, gab Tom Ehman gegenüber dem TV-Sender CBS zu Protokoll. Er ist Vizekommodore des Golden Gate Yacht Club, für den Cupverteidiger Oracle Team USA segelt, und in dieser Rolle auch der oberste Cheerleader Larry Ellisons. "Das Finale, das ist das große Ding.” Und die Herausforderer? "Was mit dem Rest des Julis passieren soll, an welchen Tagen, mit welchen Teams (gesegelt wird), liegt noch in der Luft.”
Klingt nicht nach solider Planung. Dabei fällt der Startschuss zur ersten Wettfahrt in genau einem Monat.
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