Die erste Vorregatta zum 37. America’s Cup ist beendet. Sie begann mit einem Überraschungssieg des französischen Orient Express, ging mit neuseeländischer Klasse weiter und endete mit einem amerikanischen Sieg. Das US-Team American Magic hat das erste offizielle Kräftemessen im 37. America’s-Cup-Zyklus mit einem sehenswerten Schlussspurt gewonnen.
Verantwortlich zeichneten dafür in der Flautenschlacht im spanischen Revier von Vilanova i la Geltrú auf den neuen AC40-Foilern die beiden Steuerleute Tom Slingsby und Paul Goodison sowie ihre Trimmer Riley Gibbs und Michael Menninger. Das Quartett demonstrierte seine Meisterklasse unter dem Stars-&-Stripes-Banner, glänzte nach verhaltenem Auftakt am Finaltag mit einem zweiten Rang und zwei Siegen in Folge.
Dabei kamen Tom Slingsby und Crew elegant und positionssicher über den Kurs und stahlen der Konkurrenz den Sieg auf der Zielgeraden. Das ursprünglich geplante Matchrace-Finale der beiden besten der sechs Cup-Teams – American Magic und Emirates Team New Zealand – konnte in den sterbenden Winden zum Leidwesen der Fans nicht mehr beendet werden. So entschieden die Punktstände nach insgesamt fünf Fleetraces.
Die erste Vorregatta zum 37. America’s Cup wurde knapp 50 Kilometer entfernt von der neuen America’s-Cup-Metropole Barcelona vor Vilanova i la Geltrú ausgetragen. Während Fanströme Strand und Promenaden bevölkerten, säumte auf dem Wasser am Sonntag eine Armada an Zuschauerbooten den kurzen Kurs, auf dem die AC40-Foiler der Teams beim Auftaktkräftemessen unterwegs waren. Die Vorregatta hat schon angedeutet, was für ein Zuschauerpotenzial die spanischen Gastgeber fürs kommende Jahr zu bieten haben.
Die Rennen haben zwar keinerlei Auswirkungen auf den Kampf um den America’s Cup. Doch zeigten sie, welche der Crews ein Jahr vor Cup-Start auch in schwierigen Flautenbedingungen schon in Top-Form sind. American Magics Steuermann Tom Slingsby – australischer Ausnahmesegler, SailGP-Dominator, Laser-Olympiasieger und Motten-Weltmeister mit amerikanischem Pass – hatte vor Beginn der Vorregatta klargestellt, dass gute Ergebnisse hier vor allem mental wertvoll seien. Diesen mentalen Schub sicherten er, Paul Goodison und die Crew nun ihrem Team vom New York Yacht Club.
Der Abschlusstag brachte in den drei absolvierten Rennen ein Armdrücken zwischen den Cup-Verteidigern vom Emirates Team New Zealand und den Amerikanern, das an diesem Wochenende zugunsten des Teams vom New York Yacht Club endete. Auch andere Teams hinterließen gute Eindrücke, allen voran das französische Orient Express Racing Team, das der Deutsch-Franzose Stéphan Kandler und Bruno Dubois gegründet haben und führen.
Die Späteinsteiger aus Frankreich hatten vor dem ersten Startschuss gerade einmal 15 Tage Segelerfahrung auf dem neuen AC40-Foiler sammeln können, bevor sie die Regatta mit einem Sieg im ersten Rennen eröffneten und in der Endabrechnung Dritte wurden. Kevin Peponnet, neben dem auch im SailGP für Frankreich aktiven Quentin Delapierre einer der beiden Steuerleute, sagte: “Wir haben uns gut gefühlt. Wir fühlen uns von Tag zu Tag sicherer auf dem Boot, und das gibt uns viel Selbstvertrauen für den nächsten Event in Jeddah in eineinhalb Monaten.”
Es ist zwar ein Foiler, aber immer noch ein Boot” (Kevin Peponnet)
Weiter sagte Peponnet: “Es ist ein wirklich guter Start für uns und ein unglaublicher Start für das Team, nach nur 15 Segeltagen auf dem Podium zu stehen ... Ich denke, dass alle von der Leistung überrascht sind, weil wir spät gestartet sind. Alle außer uns, den Seglern. Wir haben mit Blick auf die anderen Teams gesehen, dass wir nicht so weit von der Spitze der Flotte entfernt sind. Taktisch ist es einfach ein Boot wie jedes andere. Man muss mit gutem Speed die richtige Flugbahn finden. Es ist zwar ein Foiler, aber es ist immer noch ein Boot.”
Während sich Patrizio Bertellis italienisches Team Luna Rossa Prada Pirelli und Ernesto Bertarellis Team Alinghi Red Bull Racing einige sehenswerte Duelle lieferten, mussten sich diese beiden Cup-Giganten in der Endabrechnung zunächst auf den Plätzen vier und fünf einreihen. Das klang immerhin besser als der sechste und letzte Platz für Sir Ben Ainslies Cup-Jäger vom mächtigen Team Ineos Britannia. Den Engländern merkte man die mangelnde Trainingszeit auf dem AC40-Foiler mehr an als den Franzosen.
Wir dachten, wir kämen damit durch, nicht so viel Zeit in die AC40er zu stecken” (Sir Ben Ainslie)
Ainslie will mit seinem Team bis zur zweiten Vorregatta Ende November und Anfang Dezember in Jeddah in Saudi-Arabien daran arbeiten, diesen Rückstand aufzuholen. Gleichzeitig blieb er bei seiner Einstellung, dass nichts bei seinem dritten Anlauf, den America’s Cup in sein Mutterland zurückzuholen, wichtiger sei als im August 2024 die schnellste AC75-Cup-Yacht zu Wasser zu bringen. Womit die für Fans, Partner und Sponsoren attraktive AC40-Schau im Team Ineos Britannia eben keine ganz so hohe Priorität genießt, auch wenn der Boss als erfolgreichster Olympiasegler der Sportgeschichte nur sehr ungern Letzter geworden ist.
Der viermalige Olympiasieger sagte am Sonntagabend in Vilanova i la Geltrú: “Wenn ich mir das Gesamtprogramm anschaue, dann haben wir eindeutig zu viel Wert auf die Tests gelegt. Wir dachten, wir kämen damit durch, nicht zu viel Zeit in die AC40er zu stecken, und wären trotzdem dabei oder in der Nähe. Wir sind nicht gut gesegelt, haben nicht genug Zeit im Boot verbracht. Und es gab noch einige andere Probleme in Bezug auf unsere Vorbereitungszeit im Boot.”
Das Wetter hat zwar alles getan, um uns zu stören, aber ich glaube, dass der America’s Cup ein großartiges Ereignis wird” (Grant Dalton)
Selbstkritisch sinnierte Sir Ainslie: “Für ein professionelles Sportteam ist es nicht in Ordnung, als Letzter ins Ziel zu kommen. Deshalb werden wir eine gute Nachbesprechung abhalten und überlegen, was wir tun können, um in Jeddah wettbewerbsfähiger zu sein. Aber natürlich dürfen wir uns nicht völlig vom Testboot abwenden und müssen sicherstellen, dass wir im nächsten Sommer die schnellste AC75-Yacht haben – das ist die Balance, die wir finden müssen.”
Grant Dalton, neuseeländischer Antreiber seiner immer sieghungrigen Kiwis, CEO von America’s-Cup-Events und geistiger Vater der Verlegung des America’s Cup von Neuseeland nach Barcelona, zeigte sich insgesamt zufrieden mit der Regatta: “Ich denke, Katalonien und Vilanova waren fantastisch. Ich war ein paar Mal im Race Village und habe die Atmosphäre gespürt. Das Wetter hat zwar alles getan, um uns zu stören, aber ich glaube, dass der America’s Cup ein großartiges Ereignis wird.”