Dieter Loibner
· 14.05.2013
Die Unfallkommission tagt noch gar nicht, aber der Cup wird wie geplant gesegelt. Und der Rückzug des deutschen Youth-AC-Teams sei nicht fix
Viele Fanfaren, wenig Konkretes, doch das wurde mit der speziellen America’s-Cup-Logik vorgetragen, die gegen kritische Fragen von außen immun zu sein scheint. Diesen Eindruck musste man gestern von der halbstündigen Pressekonferenz in San Francisco bekommen, die Klarheit über das weitere Vorgehen nach dem Artemis-Desaster schaffen sollte.
Tom Ehman, Vizekommodore des Golden Gate Yacht Club und America’s-Cup-Sprachrohr von Oracle-Chef Larry Ellison, eröffnete die Veranstaltung mit der Feststellung, dass eine sechsköpfige Expertenkommission eingesetzt wurde, der neben Regattadirektor Iain Murray noch weitere Cup-Insider angehören, wie Wettfahrtleiter John Craig oder Sally Lindsay Honey, das ist die Ehefrau von Stan Honey, der für die TV-Grafiken verantwortlich ist, oder Multihull-Designer Vincent Lauriot Prévost, der beim letzten Cup dem Oracle-Design-Team angehörte. Die Aufgabe dieses Gremiums sei es, die Umstände zu untersuchen, die letzten Donnerstag zur Kenterung des Artemis-Katamarans und zum Tod von Andrew Simpson führten und danach Empfehlungen für die Teilnehmer und die Organisatoren auszusprechen, damit die Regatten, wie Ehman ausführte, "so sicher wie möglich gemacht werden können”.
Diese Kommission kann frühestens Donnerstag mit der Arbeit beginnen, doch laut Ehman stehe trotzdem schon fest, dass der Cup wie geplant über die Bühne gehen wird. Auf die Frage, wozu dann der große Aufwand dienen solle, antwortete Ehman, es gehe um die ganze "Enchilada”, womit er wohl den Schein meinte, den es zu wahren gilt. "Wir kennen informell einige Fakten, doch wollen wir nicht dem Polizeibericht und dem der Kommission vorgreifen. Aber wir sind absolut sicher, dass die Regatta stattfinden kann, nachdem wir der Sache auf den Grund gegangen sind.” Zwar wisse man im Augenbblick nicht mit absoluter Sicherheit, ob alle Teams teilnehmen werden, aber man erwarte es. "Wir hoffen es jedenfalls”, so Ehman.
Was diese Kommission untersuchen werde, umriss Murray ziemlich vage: Gerade weil die Segelleistungen dieser AC72-Kats alle Erwartungen übertroffen hätten, müsse man sich überlegen, wie man mit diesen unglaublichen Geschwindigkeiten und der Dynamik am besten zurechtkomme und wie man die Sicherheit der Segler jederzeit gewährleisten könne, sowohl an Bord als auch von der Peripherie des Kurses aus. "Wir müssen alles unter die Lupe nehmen, wie wir segeln, wo wir segeln, wann wir segeln und bei wie viel Wind wir segeln, aber auch die verschiedenen Teilaspekte des Designs. Wir haben ein offenes Buch.”
Apropos offenes Buch: Es gibt weiterhin keine Video-Aufzeichnungen vom Unfall oder Telemetrie-Daten, die über die Ursache des Unglücks Aufschlüsse erlauben würden. Auf die Frage nach der strukturellen Integrität des Artemis-Kats, der ja als einziger der sieben gebauten AC72 nicht vollständig auf den Foils segelte, konnte oder wollte Murray nicht antworten. Die Neugier diesbezüglich ist mehr als berechtigt, denn das Boot wurde im Frühjahr stark modifiziert, zum Beispiel durch die Änderung der Grindercockpits in beiden Rümpfen und den Einbau zusätzlicher Aussteifungen. Laut der australischen Zeitung Newcastle Herald habe Artemis-Steuermann Nathan Outterridge seinem Vater erzählt, der Kat sei bei der Kenterung "in Stücke zerbrochen und wie eine Maistortilla in sich zusammengeklappt”. Dieser Bericht sei "völlig unrichtig”, erklärte Ehman auf eine Reporterfrage.
Im Kielwasser der Artemis-Katastrophe sorgte das Sailing Team Germany für Aufsehen mit der Ankündigung des Rückzugs vom Youth America’s Cup, für den sich die Crew um Skipper Philipp Buhl und Steuermann Erik Heil qualifizieren konnte. Einige Medienvertreter wollten wissen, welche Auswirkungen dies für den Youth-AC habe. "Lassen Sie mich das klarstellen”, antwortete Murray. "Der deutsche Verband (sic) hat seine Unterstützung für das deutsche Youth-Team zurückgezogen, das qualifiziert ist. Wie es im Moment aussieht, hat der Verband (sic) entschieden, dass er mit dem Youth-Team nicht involviert sein will, (doch) wir geben ihnen die Möglichkeit, ihren Verpflichtungen und Zusagen dem Event gegenüber nachzukommen. Im Augenblick stehen noch jene Segler auf der Meldeliste, die sich qualifiziert haben.” Doch Ehman ergänzte: "Wenn dieses Team es nicht schafft … gibt es mehrere andere, die einspringen würden.”