Tatjana Pokorny
· 09.08.2022
Es war eine Weile etwas ruhig um den America's Cup geworden, weil die Teams zwei Jahre vor dem nächsten Gipfel im Stillen an ihren neuen Yachten arbeiten. Da sorgt die Präsentation eines überholten Trainingsbootes wie heute in Barcelona schon für großes Aufsehen. Das neu formierte Schweizer Team Alinghi Red Bull Racing zeigte an diesem 8. August in der künftigen Cup-Metropole Barcelona seine erste Testyacht.
Die vom Emirates Team New Zealand erworbene ehemalige neuseeländische "Te Aihe" (dt.: der Delphin) – in ihrer Generation die erste AC75, die je gebaut worden war – hatten die Schweizer zuvor monatelang hinter verschlossenen Toren überholt. Seit Montag ist sie nun die erste, die in den künftigen Cup-Gewässern bei Port Vells zu Wasser gelassen wurde. Wie auch Alinghi Red Bull Racing das erste Team in diesem Cup-Zyklus ist, das sich in Barcelona niedergelassen hat.
Cheftrainer Nils Frei, America's-Cup-Sieger mit Alinghi 2003 und 2007, weiß, wie groß der Faktor Zeit für eine erfolgreiche Cup-Kampagne ist: "Zeit ist der Schlüssel. Und davon haben wir nie genug! Dass wir dieses Jahr bereits auf der AC75 segeln können, ist für uns sehr wertvoll, und wir werden so viel wie möglich lernen.“
Die Taufe fand im unverkennbaren Alinghi-Red-Bull-Racing-Stil statt: eine Freerunnerin stieg auf das Boot und kletterte den Foil-Arm hoch. Nach ein paar Tricks reichte Hazal Nehir die Champagnerflasche an Ernesto Bertarellis jüngsten Sohn Alceo Bertarelli weiter. Der ließ die traditionelle Flasche am Flügel zerbersten und setzte damit einen weiteren Meilenstein in der Kampagne für den 37. America's Cup.
Dem Team soll die am Gebrauchtboot geleistete Arbeit in Zukunft helfen. Davon ist Shore-Manager Tim Hacket überzeugt: "Wir feiern nicht nur den Stapellauf, sondern auch die Leistung eines Teams, das zusammengefunden hat. Sowohl auf dem Boot wie auch im Team wird alles, was auf und mit 'BoatZero' gelernt wurde, auf BoatOne angewendet." Am glücklichen "Boat Splash"-Tag übte sich das Team aber auch in Bescheidenheit. Co-Manager und Technik-Chef Silvio Arrivabene sagte: "Wir sind uns auch bewusst, dass wir noch einen weiten Weg vor uns haben, um das gleiche Niveau zu erreichen, das die anderen Teams nach dem AC36 haben."
Für Alinghi Red Bull Racing soll "BoatZero" die Grundlage sein, auf der die Segler ihre ersten AC75-Erfahrungen machen können. Dieses Boot wird vom Team als Chance begriffen – sowohl mit Blick aufs Design als auch auf das Segeln selbst. Bei Letzterem erhalten die Eidgenossen prominente Schützenhilfe von zwei gestählten Champions: zum einen von Dean Barker, America's-Cup-Gewinner von 2000 und Finalist 2021. Zum anderen vom olympischen 49er-Segler und Luna-Rossa-Mann Pietro Sibello.
Mit ihrem komplementären Wissen, das beide in verschiedenen Teams gesammelt haben, arbeiten Barker und Sibello im Doppelpass mit dem jungen Schweizer Team. "Wir sind uns vorher nie begegnet. Außer einmal im Golf von Hauraki letztes Jahr. Aber wir haben einen ähnlichen Charakter und viel gemeinsam", sagt Sibello über Barker. Wie weit die Gemeinsamkeiten gehen, können beide bald auf dem Wasser überprüfen. In Kürze will Alinghi Red Bull Racing das neue alte Boot erstmals segeln. Bis zum 37. America's Cup im September und Oktober 2024 bleiben dem für die Société Nautique de Genève segelnden Team gut zwei Jahre, um auf frühere Ballhöhe zu kommen.