36. America’s CupAm Rechner geboren: 100.000 Stunden Arbeit für den „Delfin“

Tatjana Pokorny

 · 05.09.2019

36. America’s Cup: Am Rechner geboren: 100.000 Stunden Arbeit für den „Delfin“Foto: Emirates Team New Zealand
Taufe von "Te Aihe" in Auckland

Weltpremiere! Die Kiwis haben am späten Donnerstagabend deutscher Zeit ihre erste neue Cup-Yacht vorgestellt und sie auf den Namen „Te Aihe“ (Delfin) getauft

  Der Moment der TaufeFoto: Emirates Team new Zealand
Der Moment der Taufe

Die America’s-Cup-Verteidiger haben vorgelegt und in Auckland die erste neue AC75-Yacht öffentlich präsentiert. Getauft wurde sie auf den Namen „Te Aihe“ (Delfin). Das in den typischen Teamfarben Rot, Grau und Schwarz lackierte Boot ist 23 Meter lang. Sein Mast erreicht über Deck eine Höhe von 26,5 Metern. Elf Crewmitglieder sollen darauf segeln. Das Geschoss, das Fans schon mit einem Einhornwal verglichen, wiegt 6,5 Tonnen. Die Spannweite der Foils beträgt vier Meter. An der Entstehung der an diesem Abend vermutlich modernsten Regattayacht der Welt haben 65 Menschen mitgewirkt: 30 Designer und 35 Bootsbauer. Gemeinsam haben sie mehr als 100.000 Stunden Arbeit in den Segelstolz der Neuseeländer gesteckt. Die Kiwis haben ihr erstes von zwei geplanten Booten im Gegensatz zu Herausforderern wie dem US-amerikanischen Team American Magic oder Sir Ben Ainslies britischem Ineos Team UK ohne ein Miniaturmodell im Echteinsatz auf dem Wasser, sondern ausschließlich am Rechner entwickelt. Mit dem Erstwerk soll nun real getestet und die Grundlage für den Bau der Nachfolgerin geschaffen werden, auf der Steuermann Peter Burling und das Emirates Team New Zealand vom 6. bis zum 21. März 2021 den America’s Cup verteidigen wollen, den sie bislang schon dreimal gewinnen konnten.

  Flache Flunder mit Krakenarmen, "Einhornwal" und "Delfin": die erste der Öffentlichkeit vorgestellte neue AC75-Yacht sorgt für fantasievolle Beschreibungen und eher schlichten Namen. Getauft und gefeiert wurde das Boot am frühen Freitagmorgen Ortszeit in AucklandFoto: Emirates Team New Zealand
Flache Flunder mit Krakenarmen, "Einhornwal" und "Delfin": die erste der Öffentlichkeit vorgestellte neue AC75-Yacht sorgt für fantasievolle Beschreibungen und eher schlichten Namen. Getauft und gefeiert wurde das Boot am frühen Freitagmorgen Ortszeit in Auckland

Die offizielle Vorstellung des Bootes feierten in Auckland am frühen Morgen Ortszeit die Segler, ihre Familien, Sponsoren und Unterstützer gemeinsam. Getauft hat die Yacht mit Marcus Gerbich ein Mitglied der MND Stiftung. Gesegnet wurde der Prototyp von Ngati Whatua. Kevin Shoebridge, Chief Operations Officer des neuseeländischen Rennstalls, sagte: „Das hier ist ein bedeutendes Ereignis für das Team. Nicht nur, weil es wieder ein neues Boot ist, sondern vor allem, weil wir nach dem Gewinn des America’s Cup 2017 sehr schnell ein neues Bootskonzept vorlegen mussten, das die Grenzen für Innovation und Technologie im America’s Cup auch wirklich weiter verschiebt. Wir haben das Konzept innerhalb eines relativ kurzen Zeitrahmens seit November 2017 veröffentlich. Es heute in Fleisch und Blut zu sehen, ist ein eindrucksvolles Zeugnis für das Team, das bereit war, die Dinge vom Konzept über das Design bis hin zur Ausstattung so voranzutreiben.“ Das Kunststück vollbrachten die Kiwis auf der selbst errichteten Werft mit 42 Mitarbeitern.

  Die Segler, Teamführung, Taufpaten und Förderer beim Festakt in Auckland. Ganz links im Bild ist 49er-Olympiasieger und Cup-Steuermann Peter Burling zu sehenFoto: Emirates Team New Zealand
Die Segler, Teamführung, Taufpaten und Förderer beim Festakt in Auckland. Ganz links im Bild ist 49er-Olympiasieger und Cup-Steuermann Peter Burling zu sehen

Zu Denkern und Lenkern in diesem Prozess zählte vor allem Dan Bernasconi als Designchef im Emirates Team New Zealand, der zuvor maßgeblich an der Entstehung der neuen AC75-Klassenregeln mitgewirkt hatte. Bernasconi sagt: „Design und Bau des AC75 beinhalten eine große Vielfalt an Innovationen – mehr als wir es bei den AC50ern in Bermuda erlebt haben.“ Bernasconi sprach von einem „komplett neuen Konzept“, das „viele Herausforderungen“ bereithalte. Und er erinnerte auch daran, dass seinem Team nicht mehr viel Zeit bleibt, um sich beim Design für das zweite Boot festzulegen, das man 2021 im 36. Duell um den America’s Cup segeln wolle.

Die Jungfernfahrt wird also die erste Segelerfahrung für die Mannschaft bringen, die Neuseelands Segler seit dem Cup-Sieg am 26. Juni 2017 gemeinsam machen. „Das wird nicht ohne Nervosität abgehen“, sagte Cup-Sieger Glenn Ashby, „aber ich bin sicher, dass es allen anderen Teams auch so ergehen wird.“ Ashby äußerte sich auch zu den neuen Herausforderungen, die diese foilenden Einrumpfyachten mit sich bringen: „Sie werden schwer zu bändigen sein, aber nach unserem Verständnis in Folge der Simulationen sind sie von Natur aus sicherere Boote als jene, die wir bei den vergangenen beiden Cup-Auflagen gesegelt haben.“ Der erste Regattatest mit den neuen Booten aller Teams steht im April mit der America’s-Cup-Weltserie vor Sardinien auf dem Programm. Den Vorteil, das kommende Cup-Revier als Heimatrevier zum Training nutzen zu können, wollen die Neuseeländer in den kommenden Monaten ausgiebig nutzen, denn bei ihnen fängt der Sommer gerade erst an. Emirates Team New Zealands CEO Grant Dalton dankte jedem einzelnen Teammitglied, unterstrich aber auch, dass dieser Tag erst der Anfang einer langen Reise sei, auf der alle stark gefordert blieben.

  Hat neben vielen anderen Attributen auch ein wenig Raketen-Anmutung: die neue "Te Aihe" der neuseeländischen Cup-Verteidiger. Angenehm ist in jedem Fall die Regel, dass die Boote nicht mehr – wie in früheren Cup-Zeiten – hinter Schürzen versteckt werden dürfenFoto: Emirates Team New Zealand
Hat neben vielen anderen Attributen auch ein wenig Raketen-Anmutung: die neue "Te Aihe" der neuseeländischen Cup-Verteidiger. Angenehm ist in jedem Fall die Regel, dass die Boote nicht mehr – wie in früheren Cup-Zeiten – hinter Schürzen versteckt werden dürfen