Liebe Leserinnen und Leser,
seit einigen Jahren häufen sich die Meldungen über unerfreuliche und auch gefährliche Begegnungen zwischen Orcas und Yachten entlang der Iberischen Halbinsel. Haben auch wir etliche, teils sehr dramatische Erfahrungsberichte darüber veröffentlicht, so ist es doch zuletzt medial recht ruhig um das Thema geworden. Das aber nicht etwa, weil die Tiere Ruhe gegeben haben und Segler unbehelligt in das Mittelmeer und wieder hinausgelangten. Zwar ist die Anzahl der Attacken oder auch Interaktionen ein wenig zurückgegangen. Das liegt aber in erster Linie daran, dass Segler sich zusammengeschlossen haben, Daten sammeln und Verhaltenstipps geben – in Gruppen in den sozialen Medien, auf Webseiten und in Apps. Nimmt dennoch eine Yacht Schaden, wird davon außerhalb der Segler-Community kaum noch Notiz genommen. Es ist schlicht zu einer traurigen Normalität geworden.
Bisher galt als eine der wichtigsten Verhaltensregeln zur Vermeidung einer Orca-Begegnung, sich küstennah im flachen Wasser zu bewegen, landseits der 20-Meter-Tiefenlinie. Ein Blick auf Schiffsbewegungskarten zeigt, dass die meisten Segler diesen Rat befolgen, wenngleich sie damit etliche Meilen mehr im Kielwasser lassen, Fischernetzen ausweichen und stets ein Auge darauf haben müssen, dass Wind und Welle ihnen keine Legerwallsituation bescheren. Wo die küstennahe Fahrt nicht möglich ist, etwa bei der Biskaya-Überquerung, kommt dann noch eine mehr oder weniger starke ausgeprägte Angst hinzu. Urlaub oder eine lange Auszeit stellt man sich anders vor.
Und nun das: Ende Juni berichtet ein norwegischer Skipper, dass Orcas seine Yacht im flachen Wasser angegriffen haben. Auf nur 16 Metern Wassertiefe haben sie etwa 30 Minuten lang sein Ruderblatt attackiert und schwer beschädigt, bis ihm schließlich Fischerboote zur Hilfe eilten. Sie drehten schnelle Kreis um sein Boot und vertrieben damit die Schwertwale. Die Crew kam unbehelligt davon, aber Segler in der Region horchten auf. Mit dem Angriff auf derart wenig Wassertiefe bröckelt eine ohnehin auf tönernen Füßen stehende Restsicherheit weg. Die Diskussionen in den Foren laufen heiß, schnell wird wieder über die Frage diskutiert, ob und wie man sich im Falle eines Angriffs wehren kann, wenn dieser nun doch wieder wahrscheinlicher wird. Eine Frage, um die es hier nicht gehen soll.
Ich habe über den Vorfall geschrieben und im Zuge dessen recherchiert, wie Segler an verlässliche Informationen über die Orca-Familien und deren Reiserouten, über Hotspots und mögliches Verhalten im Ernstfall gelangen können. Es gibt einige. So hat etwa die britische Cruising Association eine eigene Projektgruppe gegründet, die Daten sammelt und in allen Formen aufbereitet, von Tabellen über Karten mit Interaktionen und Sichtungen bis hin zu Erfahrungsberichten. Sie kooperiert mit der Grupo Trabajo Orca Atlántica, einer spanischen Arbeitsgruppe, die sich dem Schutz der Meeressäuger widmet und ähnliche Informationen bereitstellt. Mit orcas.pt schließlich kommt ein dritter Akteur ins Spiel, eine privat betriebene Website, deren Betreiber Rui Alvez mit riesigem Aufwand ebenfalls Daten sammelt und aufbereitet, täglich in einer Messenger-Gruppe mit den Mitgliedern kommuniziert und individuelle Fragen beantwortet.
Die drei Akteure sind die wichtigste Informationsbasis für Seglerinnen und Segler, die ihre Routenplanung neben Wind, Wetter und Gezeiten nun auch nach möglichen Orca-Begegnungen ausrichten müssen. Doch ein Problem bleibt: alle drei können nur so zuverlässig sein wie die Infos, die ihnen von Seglern und anderen Seeleuten gemeldet werden oder die sie – oft zufällig – selbst finden in sozialen Medien, Foren oder der Lokalpresse. Somit können die Daten weder deckungsgleich noch vollständig sein. Segler bekommen eine Ahnung, wann und wo sie gefährdet sein können, aber keine Gewissheit. Und wenn sie dann einer Orca-Familie begegnen, wissen sie auch nicht, ob diese zu den übergriffigen oder den friedlichen gehört. Dazu bräuchte es viel mehr.
Vielleicht ließen sich die gefährlichen Orcas mit Sendern ausstatten, damit ihre Wanderungen live nachverfolgt und Begegnungen vermieden werden können – zum Schutz der Menschen und der Schwertwale. Vielleicht könnte eines Tages der Grund für ihr Verhalten gefunden werden, könnten darauf basierend Entwicklungsprognosen erstellt werden und weitere Maßnahmen erfolgen. Doch dafür braucht es Geld, Kapazitäten und Expertise. Und zuallererst eine Prioritätensetzung bei denjenigen, die darüber entscheiden. Wie so oft, ist wohl noch nicht ausreichend Schlimmes passiert, um das Thema in ihren Fokus zu rücken.
So müssen Segler weiterhin mit dem arbeiten, was sie bekommen können. Besteht weiterhin die Gefahr, dass Menschen oder Tiere zu Schaden kommen. Die Betreiber der Orca-Foren, Apps und Webseiten tun viel dafür, das zu vermeiden. Sie investieren enorm viel Zeit und auch ehrenamtliche Arbeit, die einen, um den Seglern zu helfen, die anderen für den Schutz der Meeressäuger. Doch ganz gleich, wie ihre Motivation ist: was sie leisten, verdient Anerkennung.
YACHT-Redakteurin
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