Liebe Leserinnen und Leser,
es dauert nicht mehr lange, dann geht es wieder aufs Wasser. Ist das nicht herrlich? Immer mehr genießen bereits die ersten Tage im Hafen, während anderen, wie mir, das große Wassern noch bevorsteht.
Ich freue mich schon jetzt auf den Moment, wenn der frisch gestrichene Kiel die Wasseroberfläche durchstößt und das erste Nass vom frisch polierten Rumpf perlt. Wenn das Schwappen der Wellen am Wasserpass die Stille füllt, weil das Boot nicht mehr hoch und trocken steht, sondern in seinem Element schwimmt.
Es ist der Auftakt zu einer neuen Segelsaison, eng verknüpft mit der Freude auf alle Abenteuer, die da warten. Zugleich markiert es das Ende eines arbeitsreichen Winterlagers, einer Zeit, in der die To-Do-Liste unaufhaltsam wächst und sich der Online-Warenkorb wie ein Luftballon aufbläht. All die Arbeit und die mühsamen Stunden, die hineingeflossen sind.
Ja, die Schönheit eines Bootes und die damit verbundenen Erlebnisse haben ihren Preis – sowohl monetär als auch temporär. Das weiß man, wenn man sich für ein eigenes Boot entscheidet. Oder man lernt es schnell, vor allem bei Booten älteren Datums.
Das kann so weit gehen, dass man in der anfänglichen Euphorie, die der Gedanke an den Kauf eines Holz- oder GfK-Klassikers hervorruft, die Gefahr übersieht, von der Menge der anfallenden Arbeiten und den damit einhergehenden Kosten überfordert zu werden. So beschreibt es ein Bootshändler in einem lesenswerten Artikel meines Kollegen Morten Strauch.
Darin zeigt er viele Wege auf, den Traum vom eigenen Boot kostengünstig zu verwirklichen. Zugleich nennt er auch die Hürden, die es zu überwinden gilt, damit das gerettete Refit-Projekt im Frühjahr auch tatsächlich den Weg ins Wasser findet – und nicht zum nächsten Abwrack-Unternehmen.
Klar, dass es so weit kommen könnte, ist bei den wenigsten Booten zu befürchten. Dennoch frage ich mich gelegentlich, was der Grund für all die Geisterschiffe ist, die in den Ecken der Werften vor sich hinvegetieren, oder für die Anzeigen, in denen Boote um jeden Preis abgegeben werden wollen. Das „zu verschenken“ anstelle eines Preisvorschlags steht, ist beim Zustand einiger Angebote kaum verwunderlich.
Umso mehr habe ich in den letzten zwei Wochen die Leidenschaft und Hingabe von Liebhabern klassischer Yachten wertzuschätzen gelernt. Kürzlich hatte ich das Vergnügen, mich unter diese Klassiker-Liebhaber zu mischen. Beim Classic Yacht Symposium trafen sich rund 350 von ihnen in der finnischen Hauptstadt.
Hohe Erhaltungskosten und ein kontinuierlicher Arbeitsaufwand sind für viele von ihnen fortwährende Begleiter. So ging es in den Gesprächen auch darum, wie die immensen Summen aufgebracht werden können, die zum Beispiel der Erhalt eines Zwölfers mit sich bringt.
Doch es fiel kein Wort des Bedauerns oder der Klage. Ganz im Gegenteil: Ich war begeistert von der Hingabe, mit der die aus aller Welt angereisten Klassiker-Fans sich für den Erhalt dieser beeindruckenden Yachten einsetzen. Ihre Faszination für den Erhalt und die Pflege maritimen Erbes, die Liebe zu frisch lackiertem Mahagoni und der elegante Glanz von aufpoliertem Messing ist etwas Besonderes – und diese Leidenschaft ist ansteckend.
Natürlich ist nicht jedes Boot, das im Frühjahr das Winterlager verlässt, ein Refit-Projekt oder eine historische Yacht. Doch eines verbindet sie alle: Spätestens dann, wenn der Kiel die Wasseroberfläche durchstößt und das erste Nass vom frisch polierten Rumpf perlt. Wenn der Motor sanft schnurrt und die Segel bereit für ihren Einsatz sind. Spätestens dann sind all die Mühen, Hürden und Kosten vergessen. Dann hat die Wintersaison ein Ende und die Segelsaison kann kommen. Ist das nicht herrlich!
Einen schönen Start in die Saison wünscht Ihnen
YACHT-Redakteur
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