MeinungDer langweiligste America’s Cup aller Zeiten?

YACHT-Redaktion

 · 31.08.2024

Meinung: Der langweiligste America’s Cup aller Zeiten?
YACHT-Woche – Der Rückblick
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Liebe Leserinnen und Leser,

ganz ehrlich: Ich freue mich. Ich habe richtig Lust auf interessante Duelle. Der 37. Americas Cup steht ins Haus und die Crews könnten hochkarätiger nicht besetzt sein. Das war beim America‘s Cup schon immer so. In diesem Jahr gehen mit Tom Slingsby, Peter Burling, Nathan Outtridge, Ben Ainslie, Jimmy Spithill, Paul Goodison und Quentin Delapierre aber wirklich die allergrößten der Gegenwart an den Start. Und das auf den so spektakulär foilenden AC75-Maschinen ihrer Teams. Dennoch mache ich mir Sorgen, dass die erwarteten 1,5 Milliarden Zuschauer und auch ich von dem Event in der Bucht von Barcelona enttäuscht werden könnten.

In unserer Berichterstattung haben wir immer wieder vom „wahrscheinlich spannendsten Cup aller Zeiten“ geschrieben. Ich muss ehrlich gestehen, dass die Vorregatten zum Louis Vuitton Cup, der am Donnerstag mit dem ersten Rennen zwischen den Franzosen und den Schweizern startete, meine Erwartungen ziemlich gedämpft haben. Bis jetzt kam bei mir in den Rennen eher Langeweile als Hochspannung auf.

Vom Rennverlauf waren sich die Rennen zu oft zu ähnlich: Der Sieger des Starts gewinnt am Ende mit komfortablem Vorsprung. Das kommt beim Matchracing zugegebenermaßen häufiger vor, der Führende kann gelassen auf den Kontrahenten reagieren. Die Gefahr, dass statt dem direkten Verfolger gleich fünf Boote auf der anderen Seite des Kurses wie beim Fleet-Racing durchrutschen, ist einfach nicht gegeben. Auch, dass die Skipper vor allem in den Vorregatten nicht bis ans Limit gehen, bedingungslos reinhalten und für die kleinste Lücke das Material riskieren, leuchtet ein. Wer will das auch schon, wenn man selbst auf einem fliegenden Stück Carbon sitzt, dass mit um die 100 km/h über das Wasser peitscht? Dennoch erwarte ich, insbesondere von den Halbfinals und Finals der Challenger Selection Series spannendere Rennen und intensivere Fights um Luv- und Leegate. Diese waren bei den Preliminary-Regatten einfach zu selten.

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Auch die Macher der offiziellen YouTube-Übertragung müssen dringend an ihrem Audio-Design arbeiten. Das Abmischen von Umgebungston, Onboard-Sound, Funk der Segler und den Kommentatoren war katastrophal, der ganzen Veranstaltung unwürdig. Wenn das bei den Ausscheidungsregatten und dem finalen Rennen um die Silberkanne so bleibt, wird es sicher nicht gelingen, neue Menschen für den Segelsport zu begeistern. Die müssten entweder die Berichterstattung ohne Ton verfolgen oder mit blutenden Ohren vor den Bildschirmen sitzen. Erstgenanntes ist angesichts der Komplexität unseres Sports insbesondere für Neuinteressierte sicherlich nicht möglich, letzteres keine Option. Das kann mit Sicherheit nicht den Vorstellungen der Organisatoren und vor allem denen der vielen Sponsoren entsprechen, die am Cup beteiligt sind.

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Auch, dass die Neuseeländer als Cup-Verteidiger selbst im Regelwerk festgehalten haben, an den Qualifizierungsregatten teilnehmen zu dürfen, ohne dabei Punkte zu sammeln, nimmt mir die Vorfreude auf den Cup. Mit der Meinung bin ich im Übrigen nicht allein: Auch America’s-Cup-Veteran und North-Sails-Präsident Ken Read schrieb in einem Kommentar: “In meinen lange zurückliegenden America’s-Cup-Tagen gab es das ungeschriebene Gesetzt, dass NIEMAND MIT DEN VERTEIDIGERN trainiert. Es waren die ‚Alle Herausforderer gegen den Verteidiger‘-Zeiten. Punkt.”

Die Teilnahme der Kiwis ermöglicht es ihnen, Änderungen in der Entwicklung ihres Bootes vornehmen zu können, während die anderen die Halbfinals und Finals aussegeln. Und das, nachdem sie gegen alle Teams in “echten” Rennen gesegelt sind. Eigentlich war es immer ein Nachteil des Herausforderers, dass er keine Möglichkeit hatte, direkte Rennen gegen die Konkurrenz zu segeln. Dass in diesem Jahr mit der Tradition gebrochen wird, halte ich für einen entscheidenden Fehler im Reglement des 37. America’s Cup. Ich befürchte, dass die Kiwis ihrem Konkurrenten im Finale dann so weit enteilt sein werden, dass selbst diese Rennen nicht von außerordentlich viel Spannung geprägt sein werden.

Es gibt also für Veranstalter und Teams noch einiges zu tun, bis der Sieger Ende Oktober dann die älteste Sporttrophäe der Welt in die Höhe streckt. Bleibt zu hoffen, dass es insbesondere den herausfordernden Teams gelingt, bis dahin noch die ein oder andere Stellschraube ins Positive zu verändern.

Ich jedenfalls werde das Geschehen weiterhin aufmerksam verfolgen und hoffe, dass es noch spannender wird!

Nils Leiterholt,

YACHT-Volontär


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