Liebe Leserinnen und Leser,
der America’s Cup, der Segelevent der Superlative, wirft seine Schatten voraus. 173 Jahre ist es her, dass die prestigeträchtigste Regatta zum ersten Mal stattfand. 173 Jahre wohlgemerkt, bei der Frauen so gut wie keine Rolle beim Kampf um die älteste Sporttrophäe der Welt spielten. Bis zu diesem Jahr!
Wenn im September und Oktober die sechs Segelsupermächte Neuseeland, USA, England, Italien, Frankreich und die Schweiz vor Barcelona im 37. America’s Cup um den wichtigsten Preis des internationalen Segelsports ringen, wird es erstmals auch einen Women’s America’s Cup geben. Zwölf Teams treten auf foilenden AC40-Booten gegeneinander an, darunter auch ein deutsches Team!
Zu der Regatta werden die besten internationalen Seglerinnen erwartet, die alle eine aktive Leistungssportkarriere mit zahlreichen olympischen Medaillen, Welt- und Europameistertiteln vorweisen können. Segelsport auf allerhöchstem Niveau ist also garantiert.
Stellt sich noch die Frage, wieso es so lange - 173 Jahre! – gedauert hat, bis Frauen auf die große Segelsportbühne gelassen wurden? War Segeln ein Macho-Sport, und dreht sich jetzt der Wind?
Wollen wir es hoffen, denn die Segelwelt hat beeindruckende Frauen hervorgebracht, die Mann nur bewundern kann. Darunter die heute 31 Jahre alte Jessica Watson, die 2010 als jüngste Einhandseglerin die Welt nonstop umsegelte. Ihre inspirierende Geschichte wurde unter dem Titel „True Spirit“ bei Netflix verfilmt und zeigt die Willensstärke, den Mut und die Leidenschaft, die es braucht, um ein solches Abenteuer durchzuziehen. Ich habe ihre Reise verfolgt, ihre Bücher gelesen und den Film mit meinen Töchtern gesehen, die Tränen in den Augen hatten. Chapeau für diese Leistung!
Auch die 1976 geborene Ellen MacArthur muss erwähnt werden, die lange auf Topniveau Offshore-Regatten segelte und mit ihrem zweiten Platz bei der Vendée Globe im Jahr 2001 für internationales Aufsehen sorgte. Ihr Weltrekord für die schnellste Solo-Weltumsegelung im Jahr 2005 (71 Tage, 14 Stunden, 18 Minuten) hielt drei Jahre und bescherte ihr den Adelstitel Dame Commander of the British Empire, den ihr Queen Elisabeth II. verlieh. Lange vor dem Social-Media-Hype sorgte Ellen dafür, dass Frauen im Segelsport Beachtung fanden.
Die 30 Jahre junge Seglerin Cole Brauer gehört seit vergangenem Jahr ebenfalls in die Riege der großen Seglerinnen. Sie wurde durch ihre Teilnahme an der Global Solo Challenge 2023–2024 berühmt, die sie als Zweitplatzierte beendete und gleichzeitig als erste US-Amerikanerin, die einhand und nonstop um die Welt segelte. Im Laufe des Rennens wuchs ihre Fangemeinde auf dem Social-Media-Kanal Instagram von wenigen Tausend auf knapp 500.000 Follower, die sie täglich mit Selfie-Videos und auf herrlich authentische Art und Weise an den Höhen und Tiefen ihres Bordalltags teilnehmen ließ. So schaffte sie es, Menschen vom Segeln zu begeistern, die vorher nie etwas mit unserem Sport zu tun hatten.
Die Liste an inspirierenden und leidenschaftlichen Seglerinnen, die für den Segelsport viele Entbehrungen in Kauf nehmen, lässt sich lange fortsetzen. Leider ist es heute immer noch so, dass Profi-Athleten im Segelsport – wenige Ausnahmen ausgenommen – kaum von ihrer Leidenschaft und ihrem Dasein als Profi leben können. Das trifft – wie in allen Sportarten – Athletinnen umso stärker.
Es gibt Seglerinnen, die für ihren Traum einer großen Karriere bereit sind, jahre- oder gar jahrzehntelang am Existenzminimum zu leben. Einzig ihr Boot und die maximale Zeit auf dem Wasser zählen! Ich bewundere diese Frauen, deren Traum so groß ist, dass sie sich nicht davon abbringen lassen. Trotz aller Strapazen, die ihr Lifestyle mit sich bringt. Haltet durch, eines Tages wird es sich auszahlen!
Wie viel Hingabe, Leidenschaft und Leistungsbereitschaft nötig sind, um im Women’s America’s Cup ganz oben mitspielen zu können, davon berichtete mir kürzlich Luise Wanser, Weltmeisterin im 470er von 2022. Gemeinsam mit Carolina Werner und sechs weiteren Top-Seglerinnen trainieren die Sportlerinnen 20 Tage im Monat auf dem Wasser, dazu kommen pro Tag vier Stunden lange Sessions im AC40-Segelsimulator in Kiel. Studiert wird morgens vor der Session („Die schwierigeren Themen“) und abends nach den Trainingseinheiten. Auch wenn unsere deutschen Profi-Frauen nicht, wie sieben Konkurrenzteams, auf eigenen AC40 auf dem Wasser trainieren können, der Biss und Wille zum Sieg sind da. Die Disziplin, mit der Luise Wanser sich auf den America’s Cup in Barcelona vorbereitet, beeindruckt mich zutiefst. Wie alle teilnehmenden Nationen weiß auch das Team Germany, dass der Women’s America’s Cup eine hervorragende Gelegenheit für Frauen ist, um ein Zeichen für Gleichstellung im Segelsport zu setzen.
Dass wir im Hinblick auf die Gleichstellung der Geschlechter im Sport in den vergangenen Dekaden einen großen Schritt in die richtige Richtung gemacht haben, zeigt die aktuelle olympische Statistik, laut der die Spiele in Paris die ersten mit Geschlechterparität sind. Doch auch das dauerte lange. 124 Jahre, um genau zu sein. IOC-Präsident Thomas Bach fasste es passend zusammen: „Wir sind dabei, einen der wichtigsten Momente in der Geschichte der Frauen bei den Olympischen Spielen und im Sport insgesamt zu feiern.“
Insgesamt 330 Athleten – 165 Männer und 165 Frauen aus 65 Ländern – kämpfen in Marseille auf 252 Booten und Boards um 30 Medaillen in zehn olympischen Segeldisziplinen.
Übrigens, die erste Frau, die offiziell an den Olympischen Spielen teilnahm, war eine Seglerin. Hélène de Pourtalès war Teil eines gemischten Segelteams bei den Olympischen Spielen im Jahr 1900 in Paris. Sie segelte gemeinsam mit ihrem Mann und ihrem Neffen für die Schweiz und gewann eine Goldmedaille in der 1-bis-2-Tonnen Klasse auf der Yacht „Lérina“.
Chefredakteur YACHT
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