Tatjana Pokorny
· 25.06.2016
Die 122. Auflage der weltgrößten Regatta hat gezeigt, wie viel Spaß Segelsport machen kann. Die Begeisterung war deutlich größer als zuletzt
Rund 3300 Aktive aus mehr als 50 Ländern haben neun Tage lang die Kieler Woche geprägt, belebt und genossen. Dabei war im Olympiazentrum Kiel-Schilksee eine neue Begeisterung zu spüren, die es so durchgehend in den letzten Jahren nicht gab. Die Gründe dafür sind vielfälig: Das breite Angebot reichte von internationalen und olympischen Klassen über anspruchsvolles Seesegeln, die Junioren-Weltmeisterschaft der olympischen 470er-Klasse, die mit 91 Startern herausragend besetzte J70-Europameisterschaft und Internationale Deutsche Meisterschaften bis hin zur Prominenten-Regatta mit hohem Spaßfaktor.
Beigetragen zur sicht- und hörbar gestiegenen Zufriedenheit der Teilnahmer haben neben den engagierten Organisatoren nicht nur starke Partner wie Audi mit ausgebautem Service-Angebot für die Besucher, sondern auch viele Klassenvereinigungen. Etwa die Regatta-Vereinigung Seesegeln mit ihrem neuen Vorstand, der erfolgreich neue Ideen in das Regattaformat für die Seesegler einbrachte und auch für gemeinsame Aktivitäten an Land sorgte. Stanislav Kassarov, Präsident der Internationalen 470er-Klassenvereinigung, sagte: "Die mediale Berichterstattung und Präsentation der Kieler Woche ist unglaublich beeindruckend. So etwas kann man sonst nirgendwo auf der Welt finden." Gemeint waren damit vor allem die Live-Übertragungen in der Audi Sailing Arena, die täglich Tausende faszinierten.
Sieben Titel in olympischen und paralympischen Klassen
Für gute Nachrichten sorgte die Segel-Nationalmannschaft, die in dieser Woche in den olympischen und paralympischen Klassen sieben Titel abräumte. Zwar waren nicht alle Disziplinen so kurz vor den Olympischen Spielen hochkarätig besetzt, doch die Siege taten gut und beflügelten Deutschlands Hoffnungsträger auf ihrem Kurs Rio. So holte Vize-Weltmeister und Aktivensprecher Philipp Buhl aus Sonthofen am Sonntag 43 Tage vor dem ersten olympischen Startschuss seinen vierten Titel auf der Förde.
Ihren zweiten Kieler-Woche-Titel sicherten sich die Katamaransegler Paul Kohlhoff und Carolina Werner. Die junge Nacra-Crew feierte am Finaltag den 21. Geburtstag des Steuermanns und darf nach Erfüllung der Qualifikationsbedingungen auf die Olympia-Nominierung durch den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) hoffen. Ebenfalls Kieler-Woche-Sieg Nummer zwei gelang den Rio-Startern Ferdinand Gerz und Oliver Szymanski in der mangels Masse gemeinsam für Männer- und Frauen-Crews ausgetragenen 470er-Regatta. Die in der nationalen Olympia-Ausscheidung unterlegenen Tina Lutz und Susann Beucke gewannen vor den Rio-Starterinnen Victoria Jurczok und Anika Lorenz. Im 49er triumphierten erwartungsgemäß die neuseeländischen Olympia-Favoriten Peter Burling und Blair Tuke vor den Kielern Justus Schmidt und Max Boehme.
Im Finn-Dinghy siegte der nicht für Olympia qualifizierte Berliner Phillip Kasüske. Der Kieler Max Kohlhoff segelte auf Platz drei. 2.4mR-Steuermann Heiko Kröger und die Sonar-Crew mit Steuermann Lasse Klötzing siegten in den paralympischen Klassen. Organisationschef Dirk Ramhorst war anzusehen, wie sehr ihn und sein Team die gute Stimmung im Hafen freute, die vom außergewöhnlichen guten Wetter an fast allen Tagen noch beflügelt wurde. Ramhorst sagte: "Diese Kieler Woche war eine aus dem Segel-Bilderbuch. Sie weist uns den Weg in die Zukunft und fürs Comeback im Weltcup. Wir haben bereits mit dem Debriefing begonnen und prüfen detailliert, wo wir noch weitere Verbesserungen vornehmen können."
Deutsche Crews verpassen Medaillen bei Junioren WM im 470er
Bei der Junioren-Weltmeisterschaft der 470er-Segler mussten Malte Winkel und Matti Cipra vom Schweriner Yacht-Club, die lange auf Medaillenkurs gelegen hatten, am Ende nach einem Frühstart, einem verlorenen Protest und der entsprechenden Disqualifikation mit Platz sieben zufrieden sein. WM-Gold ging am Schlusstag der Kieler Woche an Keiju Okada und Naoya Kimura aus Japan. Bei den Juniorinnen verpassten Frederike Loewe und Anna Markfort vom Verein Seglerhaus am Wannsee als Gesamt-Vierte die angestrebte Medaille nur um zwei Punkte. Die J70-Europameisterschaft gewann die Italienerin Claudia Rossi mit ihrem Team auf "Petite Terrible" vor Stefano Robertis Team vom Yacht Club Monaco und dem spanischen Team um Gonzalo Araújo. Nur kurz war die Stimmung davon getrübt worden, dass am Vorschlusstag mehr als 30 Boote in einer der beiden Gruppen aufgrund von Frühstarts unter schwarzer Flagge disqualifiziert worden waren. Hier hätten sich die Segler eine weniger drastische Reaktion gewünscht.