Dieter Loibner
· 20.06.2011
Ende der ersten Halbzeit in Kiel. Einige deutsche Segler sehen die fünf olympischen Ringe am Horizont, andere eher dunkles Gewölk
Es ist noch lange nicht aller Tage Abend für die Olympiaaspiranten, doch ein gutes Ergebnis in Kiel ist Voraussetzung für ein gedeihliches Ende bei der Abrechnung im Dezember im australischen Perth. Hingen in Weymouth bei der Skandia Sail for Gold die Qualifikationspunkte für einen Platz in den Top 20 verdammt hoch, haben es die Deutschen bei dieser etwas weniger exquisit besetzten Regatta etwas leichter, ganz vorn mitzusegeln. „Hier in Kiel fällt in der Ausscheidung sicherlich eine Vorentscheidung”, erklärte 470er-Seglerin Susann Beucke, die mit Steuerfrau Tina Lutz derzeit auf dem zweiten Platz liegt. „Alle wollen eine Medaille, um die Bonuspunkte mitzunehmen.”
Auch bei insgesamt 27 Teams in den Top Ten bleibt aus deutscher Sicht das Laserduell zwischen Simon Grotelüschen und Philippp Buhl das Highlight. Nach acht Wettfahrten liegt der Kieler Grotelüschen wieder an der Spitze, gefolgt von Buhl. In den anderen Klassen nimmt vom Sailing Team Germany derzeit nur Heiko Kröger im 2.4 mR die Führung ein. Erwähnenswert sind aber auch zwei Laufsiege durch Alexander Schlonski/Matthias Bohn, die sich im Star bis auf einen Punkt an Robert Stanjek/Frithjof Kleen heranschieben konnten. Nicht gut sieht es dagegen für Johannes Babendererde/Timo Jacobs aus, die über Geschwindigkeitsprobleme klagen und auch an einer Boje hängenblieben. Im Frauen-Matchrace konnte das Team von Silke Hahlbrock in der zweiten Round Robin acht Läufe gewinnen – Platz 3. Im Viertelfinale wartet nun die Amerikanerin Tulloch. Wer zuerst drei Siege schafft, ist im Semifinale.
Die Top-Platzierungen in den einzelnen Klassen: Laser: 1. Grotelüschen, 2. Buhl; Laser Radial: 5. Lisa Fasselt, 6. Franziska Goltz; Finn: 6. Matthias Miller; RS:X-Frauen: 2. Moana Delle; RS:X-Männer: 2. Toni Wilhelm; 49er: Tobias 2. Schadewaldt/Johannes Baumann; 470-Frauen: 2. Tina Lutz/Susann Beucke, 3. Kathrin Kadelbach/Friederike Belcher; 470-Männer: 5. Ferdinand Gerz/Patrick Follmann; Star: 4. Stanjek/Kleen, 5. Schlonski/Bohn; 2,4 mR: 1. Heiko Kröger; Frauen-Matchrace: 3. Silke Hahlbrock.
Während in Kiel die anwesenden Segler am Wasser ihr Bestes geben, herrscht hinter den Kulissen Verstimmung über das Fehlen vieler internationaler Stars, die das Kieler Weltcupfinale aus diversen Gründen ausließen. Die Verantwortlichen führen dazu die Qualifikationsmodi der verschiedenen Nationen an, aber auch die ungeschickte Terminplanung des Welt-Seglerverbandes, der drei Weltcupevents in Medemblik, Weymouth und Kiel sehr knapp nacheinander angesetzt hat und Anfang Juli gleich die „Super-Euro” in Helsinki. Im Olympiajahr 2012 droht der Kieler Woche ein ähnliches Schicksal, und ab 2013 ist der Status als Weltcup-Regatta ungewiss, weil die Isaf die Anzahl der Events verringert. „Segler und Regatta-Veranstalter sitzen in einem Boot, laufen bei der Isaf aber gegen eine Wand", sagte beispielsweise Star-Steuermann Johannes Polgar und sprach damit wohl nicht nur für sich selbst.
Abseits der Regattabahn zeigen sich in den kommenden Tagen auch etliche Segelprominente in Kiel. Heute um 11 Uhr gibt Blauwasserheld Boris Herrmann eine Pressekonferenz in Schilksee, am Mittwochabend ist er beim NDR in der Sendung DAS um 18.45 Uhr zu Gast. Am Donnerstagabend wird er beim Regattaessen des KYC geehrt, und zwischendurch will er auf dem MOD-70-Trimaran „Race for Water“ und auf der IMX 40 „Veolia“ segeln. Ebenfalls heute ist Markus Wieser in Kiel, der soeben mit „Container” den ersten deutschen Regattasieg beim Audi Medcup in Marseille eingefahren hat. Er wird bei der Kieler-Woche-Pressekonferenz anwesend sein. Freitag kommt der extreme MOD-70-Trimaran (21,20 Meter lang, 6,3 Tonnen leicht, bis zu 40 Knoten schnell). Ebenfalls erwartet wird Jochen Schümann vom „Audi Sailing Team powered by All4One”.
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