Jochen Rieker
· 01.12.2019
Am Wochenende gab der Boots- und Schiffbauer-Verband bekannt, dass er die Hamburg Boat Show nicht wie bisher fortführen kann. Die Gründe, die Reaktionen
Die Absage kam am Sonnabend, und für viele kam sie überraschend. In einer schriftlichen Stellungnahme gab der Deutsche Boots- und Schiffbauer-Verband (DBSV) bekannt, dass es für die im Vorjahr erstmalig ausgetragene Messe, die an den Platz der jahrzehntelang etablierten Hanseboot getreten war, "aus wirtschaftlichen Gründen leider keine Fortsetzung in dieser Form mehr geben kann".
Zu groß waren die Verluste der ersten beiden Veranstaltungen 2018 und 2019, zu gering das Engagement potenzieller Aussteller, als dass der Verband im kommenden Jahr eine weitere Neuauflage subventionieren könnte.
Zwar war es dem DBSV quasi aus dem Stand gelungen, zusammen mit der Messe Friedrichshafen und mit Unterstützung der Messe Hamburg eine für die Branche sinnvolle und wirtschaftlich attraktive Ausstellung zu etablieren. Die Anlaufverluste drohten jedoch, das ohnehin begrenzte Vermögen des Verbands vollkommen aufzuzehren.
Nach YACHT-Informationen musste der DBSV bislang gut eine halbe Million Euro drauflegen. Wegen der zuletzt leicht rückläufigen Zahl von Ausstellern und einem Rückgang auch der verkauften Flächen wurde das Defizit – anders als ursprünglich geplant – im zweiten Jahr der Hamburg Boat Show nicht nennenswert geringer. So war das gesamte zur Verfügung stehende Investitionsbudget vorzeitig aufgebraucht. Ursprünglich hätte es drei Jahre finanzieren sollen.
DBSV-Präsident Torsten Conradi hatte am Freitag bei der Mitgliederversammlung von der "schwierigsten und zugleich einfachsten Entscheidung" gesprochen, vor der er je gestanden habe: Einerseits falle es schwer, die von großem Optimismus getragene Messe schon nach dem zweiten Jahr wieder einzustellen, andererseits bleibe jedoch keine andere Alternative, wolle man nicht die Handlungsfähigkeit des Bootsbauer-Verbands riskieren.
Entsprechend bedrückt war dann auch die Stimmung bei der Zusammenkunft. Das schilderten mehrere Teilnehmer übereinstimmend gegenüber YACHT online. "Es war ein sehr emotionaler Moment", sagte ein Werftchef. "Da lag erstmal großes Schweigen über dem Raum." Auch Vormann Torsten Conradi zeigte sich im Anschluss sichtlich berührt: "Das zu verkünden tat echt weh!"
Nach dem anfänglichen Schock regte sich bei einigen Mitgliedern das Gefühl, es trotz der vorliegenden Zahlen doch noch einmal auf anderem Weg zu versuchen – statt einfach aufzugeben, wollen sie jetzt über Alternativen nachdenken. "Die Bootsbauer sind ein toller Haufen", sagt Conradi. "Das muss man an der Stelle mal sagen! Schon der Spirit, der nach dem Ende der Hanseboot da war, hat das gezeigt. Die gleiche Energie spüre ich jetzt wieder."
Noch ist allerdings völlig offen, ob und wie es weitergehen könnte. Denn bei Deckungslücken von bisher 250.000 bis 300.000 Euro pro Veranstaltung müsste eine wirtschaftlich ausgeglichene Hamburg Boat Show noch erheblich schlanker, noch effizienter werden. Das erscheint nicht so ohne Weiteres machbar.
Denn die Messe Friedrichshafen, die das Konzept umgesetzt hatte, war äußerst kostenbewusst an den Nord-Event herangegangen. "Wir haben das schon sehr schwäbisch aufgegleist", sagt Projektleiter Dirk Kreidenweiß. Mit anderen Worten: sehr schlank.
Kommenden Montag trifft sich nun erstmals eine Arbeitsgruppe von Verbandsmitgliedern, die über andere Varianten einer Wassersportausstellung in Hamburg nachdenken und nichts unversucht lassen will, die Herbstmesse zu retten.
Tatsächlich würde sie der Wirtschaft fehlen, das steht außer Frage. Sowohl Werften wie Hanseyachts, Bootshändler wie Gründl, BM Yachting oder die Mittelmann's Werft in Kappeln, aber auch viele Ausrüster und Segelmacher haben in der Vergangenheit stets einen nicht unwesentlichen Teil Ihrer Umsätze in der Hansestadt erzielt, bei Hanseboot und Hamburg Boat Show.
"Für den Wassersport im Norden könnte es in ein paar Jahren eng werden, wenn es keine Messe mehr gäbe", ist Richard Gründl überzeugt, einer der größten Aussteller. Er hofft auf eine Fortsetzung, erwägt aber auch schon Alternativen für den Fall des Ausfalls. "Eine könnte eine größere Hausmesse sein, eine andere die Boot und Fun Berlin", sagt er – wohl wissend, dass an der Havel der Segelbereich stark unterrepräsentiert ist und die Veranstaltung ebenfalls kein echtes Wachstum aufweist.
Für Gründl ist das Ende in Hamburg auch heute, zwei Tage nach der Verkündung, noch nicht wirklich fassbar. "Meine ersten Erinnerungen an die Hanseboot reichen weit, weit zurück. Damals war ich gerade sechs. Unvorstellbar, dass es in der Hansestadt bald keine Bootsausstellung mehr geben könnte." Da geht es dem Jeanneau-Händler wie vielen. Aber noch ist ja nicht entschieden, ob es beim Aus bleibt.
»Die HAMBURG BOAT SHOW wird im bisherigen Format nicht fortgeführt«
30. November 2019 | Hamburg – »Mutig und engagiert, verbunden mit großen Hoffnungen, sind im Jahr 2018 alle Beteiligten an den Start gegangen, um die HAMBURG BOAT SHOW als neue Wassersportmesse im Norden zu etablieren: "Wir sind mit großem Optimismus ins Rennen gegangen, weil wir nach der Absage der hanseboot viel Zuspruch aus der Wassersportbranche bekommen haben, im Jahr 2018 einen Neustart zu wagen", erklärte Torsten Conradi, Präsident des Deutschen Boots- und Schiffbauer-Verbands (DBSV), am Samstag nach der Mitgliederversammlung des DBSV in Hamburg.
"Nach zwei durchgeführten Veranstaltungen, die für das Gros unserer Aussteller und Besucher sehr positiv verlaufen sind, müssen wir nun aber schweren Herzens mitteilen, dass es aus wirtschaftlichen Gründen leider keine Fortsetzung in dieser Form mehr geben kann", stellte Torsten Conradi fest.
In der gut besuchten DBSV-Mitgliederversammlung wurde ausführlich und intensiv über ein zukünftiges, neues Format diskutiert, denn fast alle Aussteller waren mit dem Verlauf der HAMBURG BOAT SHOW 2019 sehr zufrieden. Viele Unternehmen, die in Hamburg ausgestellt hatten, verzeichneten einen positiven Verlauf und machten nach ihren eigenen Angaben gute Geschäfte. Das Publikum, so lautete das Fazit, sei ausgesprochen wassersport-orientiert gewesen und mit konkreten Kaufabsichten auf die HAMBURG BOAT SHOW gekommen. Die Veranstaltung wurde durch eine außerordentlich gute Grundstimmung, sowohl auf der Aussteller-, wie auch auf der Besucherseite getragen.
Mit diesem positiven Fazit ist die Verbandsspitze des DBSV auch am Samstag in die Mitgliederversammlung gegangen. Torsten Conradi betonte in diesem Zusammenhang noch einmal, dass die HAMBURG BOAT SHOW aus der Branche und für die Branche inszeniert und organisiert wurde. Er bedankte sich ausdrücklich bei den Messepartnern Messe Friedrichshafen und Hamburg Messe und Congress für deren Engagement und die gute Zusammenarbeit.
Viele Mitgliedsunternehmen sind bereit zu investieren, um den Wassersportlern im Norden auch weiterhin eine Plattform im Herbst in Hamburg zu bieten. Deshalb wurde auf der Mitgliederversammlung eine Arbeitsgruppe gebildet, die sich in den nächsten Tagen zusammensetzen wird, um das künftige Format zu entwickeln.
"Wir sind optimistisch, dass wir den Wassersportlern und der Branche auch im Herbst 2020 in Hamburg ein attraktives Event bieten können", betonte Claus-Ehlert Meyer, Geschäftsführer des DBSV.«