GesetzesänderungEs hat sich ausgespachtelt

Michael Rinck

 · 19.03.2017

Gesetzesänderung: Es hat sich ausgespachteltFoto: Kreplin, Martin-Sebastian
Gelcoatspachtel mit Styrol darf in Baumärkten und beim Ausrüster nicht mehr frei zugägnlich im Regal stehen

Eine neue Verordnung sorgt derzeit für Ratlosigkeit im Baumarkt. Denn in den letzten Winterlagerwochen wurden einige Lacke und Spachtel aus dem Regal verbannt

Eine Neuerung in der Chemikalien-Verbotsverordnung im Januar dieses Jahres bringt Veränderungen für Segler mit sich. Die neue Verordnung über Verbote und Beschränkungen des Inverkehrbringens und über Abgabe bestimmter Stoffe, Gemische und Erzeugnisse, so der etwas sperrige Name, regelt den Verkauf von Chemikalien, darunter fallen auch Stoffe, die in Lacken und Spachtelmassen enthalten sind und bisher einfach im Baumarkt gekauft oder online bestellt werden konnten. Betroffen ist besonders der Versand, der bei einigen Farben und Spachtelmassen jetzt gar nicht mehr gestattet ist.

Laut Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wurde die Änderung der Chemikalien-Verbotsverordnung (im Beamtensprech ChemVerbotsV) am 20. Januar 2017 von der Bundesregierung beschlossen und ist eine Woche später in Kraft getreten. Die folgenreichsten Neuerungen sind, dass Verkäufer von betroffenen Produkten eine behördliche Erlaubnis für den Verkauf haben müssen, die Chemiekalien nicht mehr frei zugänglich im Regal stehen und nicht mehr per Post versandt werden dürfen.

Die Verordnung bezieht sich auf Produkte mit bestimmten GHS-Gefahrstoffkennzeichnungen (GHS: Globally Harmonized System of Classification and Labelling of Chemicals), darunter GHS6 mit dem Piktogramm des Totenkopfes mit gekreuzten Knochen und GHS8 mit der Darstellung eines Oberkörpers, der von innen strahlt. Aber nicht alle Produkte mit diesen Piktogrammen sind von der Neuregelung betroffen, denn es gibt zusätzlich zu den GHS-Gefahrstoffkennzeichen die sogenannten Gefahrenhinweise. Seit Neuestem sind auch Produkte nach GHS8 mit den Gefahrenhinweisen H370 und H372 hinzugekommen. Diese Gefahrenhinweise stehen für Chemikalien, die mögliche Organschädigungen (H370) und mögliche Organschädigungen bei längerer oder wiederholter Exposition (H372) verursachen können. Zu diesen Chemikalien zählen etwa Styrol und Testbenzin, die in Polyesterspachtel und einigen Lacken enthalten sind.

  Produkte mit dem GHS8-Gefahrenkennzeichen können, müssen aber nicht von der neuen Verordnung betroffen sein. Wichtig ist der Gefahrenhinweis darunter, etwa H370 und H372 Foto: www.wikipedia.org
Produkte mit dem GHS8-Gefahrenkennzeichen können, müssen aber nicht von der neuen Verordnung betroffen sein. Wichtig ist der Gefahrenhinweis darunter, etwa H370 und H372 

Betroffen ist unter anderen Vosschemie, Hersteller von Lacken und Spachtelmasse. Der Leiter des Geschäftsbereiches Deko und Yachten, Andreas Lutzer, sagt dazu: "Dass die neue Chemiekalien-Verbotsverordnung kommt, war klar, aber wir haben nicht damit gerechnet, dass es keine Übergangsfrist gibt. Als die neue GHS-Gefahrstoffkennzeichnung als Teil der CLP-Verordnung (CLP: Classification, Labelling, Packaging) erlassen wurde, gab es eine Übergangszeit von zwei Jahren." Bei der neuen Verordnung ohne diese Frist mussten am 27. Januar plötzlich alle Farben und Spachtelmassen mit dem Gefahrenkennzeichen H370 und H372 aus dem Regal genommen werden. Zwar dürfen die Produkte weiter verkauft werden, dafür ist im Baumarkt oder beim Ausrüster aber ein Mitarbeiter mit speziellem Sachkundenachweis nötig. Diesen Nachweis kann bisher jedoch niemand ablegen, weil es vom Gesetzgeber noch keinen Fragenkatalog für die Prüfung gibt, so Lutzer. Deswegen arbeitet Vosschemie gerade unter Hochdruck an einer neuen Produktserie mit Spachtelmassen, Reparaturgelcoats und Farben ohne Styrol und Testbenzin. Diese soll es ab April geben.

Die neue Chemiekalien-Verbotsverordnung hat besonders den Verbraucherschutz zum Ziel. Neben Segelsportlern sind auch Hobbygärtner betroffen, da einige Dünger ebenfalls unter die Neuregelung fallen. Dabei geht es aber nicht um deren gesundheitsschädliche Wirkung, sondern um die Gefahr, dass Terroristen daraus Sprengstoff herstellen könnten.