Schutz vor BewuchsBiozidfreies Antifouling - Ja oder Nein? Der Bewuchsatlas gibt Aufschluss

Fabian Boerger

 · 15.02.2025

Schutz vor Bewuchs: Biozidfreies Antifouling - Ja oder Nein? Der Bewuchsatlas gibt AufschlussFoto: Dirk Kehrhahn
So sieht es aus, wenn das falsche oder gar kein Antifouling verwendet wurde. Wie bei einer Muschelzucht ist der gesamte Rumpf von kleinen Schalentieren besiedelt.
Nicht überall ist der Bewuchs von Bootsrümpfen gleich, stattdessen gibt es regionale Unterschiede. Wie diese sind, geht aus dem Bewuchsatlas des Umweltbundesamtes hervor. Dieser gibt Aufschluss darüber, wo umweltfreundliche Alternativen sinnvoll sind – und wo eher nicht.

Ein frischer Antifouling-Anstrich gehört bei vielen Sportbooten zum Saisonbeginn wie der halbjährliche Reifenwechsel zum Auto. Jährlich oder alle zwei Jahre werden die neuen Schutzschichten aufgetragen, in der Hoffnung, Pocken und Muscheln vom Rumpf fernzuhalten. Dazu wird in 95 Prozent der Fälle auf biozidhaltige Anstriche zurückgegriffen, schätzt das Umweltbundesamt.

Sie geben über Diffusion (Hartantifouling) oder durch kontinuierliche Auflösung des Bindemittels (polierende Antifoulings) die für Schädlinge giftigen Stoffe an das Wasser ab. So soll verhindert werden, dass das Unterwasserschiff zum Muschelteppich wird. Das Problem ist, dass diese Stoffe nicht nur den Schädlingen, sondern generell der Umwelt schaden können. Dabei sind die giftigen Anstriche nicht immer und überall nötig.

Bewuchsatlas zeigt regionale Unterschiede

Das hängt unter anderem vom sogenannten Bewuchsdruck ab, der in verschiedenen Gewässern unterschiedlich stark ist. Die Zusammensetzung der für den Bewuchs verantwortlichen Organismen variiert regional und saisonal; zudem können sich die Bedingungen von Jahr zu Jahr ändern. Der Bewuchsatlas soll über die lokalen Gegebenheiten informieren. Auf einer interaktiven Karte wird mithilfe eines Ampelsystems dargestellt, wo welche Organismen wie stark vorkommen und was man gegen sie tun kann.

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Regionen, in denen mit starkem Bewuchs zu rechnen ist, sich Seepocken, Miesmuscheln oder Kalkröhrenwürmer am Rumpf absetzen können, sind rot gekennzeichnet. In gelben Regionen können Zebra- und Quaggamuscheln vorkommen; der Bewuchs hat meist eine weiche Konsistenz und haftet nicht sehr fest. Die Regionen mit einem schwachen Bewuchsdruck sind wiederum grün gekennzeichnet. Muscheln kommen hier nicht vor, der Bewuchs geht selten über einen Biofilm hinaus.

Wie stark ist der Bewuchs in Ihrer Region? Finden Sie es heraus:

Weniger Bewuchs, weniger aggressive Anstriche

Entsprechend der Bedingungen sollte auch der Bewuchsschutz gewählt werden, heißt es auf der Seite des Umweltbundesamtes. Das bedeutet: Dort, wo nicht mit starkem Bewuchs zu rechnen ist, genügen auch weniger aggressive, umweltfreundlichere Anstriche. „Unser Fokus ist schon, dass wir umweltfreundlichere Alternativen aufzeigen möchten. Es gibt mittlerweile zahlreiche biozidfreie Alternativen. Allerdings sind die nicht unbedingt in allen Gewässern sinnvoll“, sagt Sascha Setzer vom Umweltbundesamt. Schließlich seien die Bedingungen an der Küste andere als in Binnenseen; entsprechend unterschiedlich seien auch die geeigneten Produkte oder Maßnahmen, die man wählen könne.

Zudem haben sich die technischen Möglichkeiten im Bereich des Bewuchsschutzes stark verbessert. Heutzutage sind biozidhaltige Antifoulings nicht mehr die einzige Lösung, um starkem Bewuchs entgegenzuwirken. Auch einige biozidfreie Verfahren und Systeme zeigen in Regionen mit hohem Bewuchsdruck eine effektive Leistung.

Die Alternativen und wie wirksam die sind, lesen Sie hier:

Aufklärung seit den 90er Jahren

Der Bewuchsatlas entstand aus einer Initiative des Hamburger Forschungsinstituts Limnomar. Das Institut sammelte die Daten, führte Forschungen durch und veröffentlichte den Atlas erstmals Ende der 90er Jahre. Später übernahm das Umweltbundesamt den Atlas, aktualisierte die Daten mithilfe eines speziellen Gutachtens und stellt ihn seit etwa 2019 auf seiner Webseite zur Verfügung.

In naher Zukunft soll vor allem an der Aktualität der Daten gearbeitet werden, sagt Setzer. Aktuell beruhe die Karte statt auf regelmäßigen Monitorings auf bereits abgeschlossenen Untersuchungen. “Der Bewuchs ist saisonal sehr unterschiedlich. Da sich dieser auch von Jahr zu Jahr ändern kann, ist es wichtig die Daten aktuell zu halten”, sagt Setzer. Deshalb will man künftig verstärkt auf Bootsnutzer setzen, die zur Datensammlung vor Ort beitragen sollen.


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Bewuchsatlas-Update mit “Civic Science”

Das Projekt könnte folgendermaßen ablaufen: Bootseigner oder Hafenbetreiber lassen Bewuchsplatten für eine festgelegte Zeitspanne ins Wasser. Danach wird der Bewuchs fotografiert oder die Platte zur Analyse eingeschickt, um die darauf angesiedelten Organismen zu bestimmen. Die gewonnenen Daten werden in einer Datenbank gesammelt und auf einer Karte visualisiert. Diese Idee stecke allerdings noch in den Kinderschuhen, sagt Setzer. In diesem Jahr soll das Pilotprojekt gestartet werden. Erst zum Ende dieses Jahres sei dann absehbar, wie und ob das Projekt für die breite Öffentlichkeit geöffnet wird.

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