YACHT-Redaktion
· 15.03.2023
Der Ausbau der Ruderanlage, die Reinigung der Lager und die Wartung der Mechanik gehören zu den Pflichtaufgaben
“Das Ruder sollte einmal pro Saison gewartet werden. Wann man das macht – ob im Herbst oder im Frühjahr –, ist egal, und es erfordert auch nur einen Tag”, sagt Peter Kohlhoff, Experte für Ruderanlagen, Kohlhoff GmbH in Kiel, Fachgroßhandel für Decksausrüstung.
Es ist aber mitunter nicht so einfach, ein Ruder zu ziehen, das kann man meist nicht allein. Außerdem muss ausreichend Platz nach unten sein, wenn das Ruder ganz gezogen werden muss, etwa um größere Reparaturen vorzunehmen. Soll das in einer Werft geschehen, muss diese in ihrem Zeitmanagement einplanen, dass das Boot im Kran hängt, oft für ein paar Stunden. Auch im Frühjahr, wenn das Ruder wieder eingebaut werden muss. Dann ist die Zeit aber besonders knapp. Also: rechtzeitig mit der Werft planen!
Sollte nicht genug Platz zum Hallenboden zur Verfügung stehen, reicht auch ein teilweises Herausziehen, um alles zu reinigen. Zunächst die Pocken abkratzen und mit einer feinen Schleifwolle oder Schleifpads den Schaft säubern. Die Oxidschicht kann auf dem Schaft bleiben, da sie einen Korrosionsschutz darstellt. Bei Nadellagern die Lagernadeln reinigen und schauen, ob alle Nadeln und die kleinen Kunststoffscheiben intakt sind. In den Lagern setzen sich gern kleine Muscheln fest, die beim Bewegen des Ruders zerrieben werden. Der feine Muschelkalk kann dann die Lager beschädigen, das gilt auch für Gleitlager. Zuerst mit einem Staubsauger den Kalk aussaugen, dann mit einem Putzlappen und etwas warmem Wasser die Nadeln reinigen. Nach der Reinigung die Lager nicht mit Fett schmieren, das ist unnötig und umweltbelastend, die Lager werden allein vom Wasser geschmiert.
Am Ruderblatt vor allem die Oberkante kontrollieren und von Pocken befreien, die kleinen Narben, die von den Pocken verbleiben, mit Schleifvlies oder Schleifpapier entfernen. Wenn nötig, die Oberkante des Ruders und den Übergang zur Ruderwelle mit Epoxidprimer neu versiegeln und jetzt schon die Oberkante mit Antifouling versehen, sonst kommt man dort nach dem Wiedereinbau oft sehr schlecht heran.
Falls sich im Winterlager unter dem Ruderblatt eine feuchte Stelle oder gar eine Pfütze gebildet hat, kann es sich um einen Frostschaden am Ruder handeln. Der Aluminiumschaft arbeitet stark bei Temperaturschwankungen, er zieht sich zusammen und dehnt sich aus. Das kann dazu führen, dass sich oben an der Verbindung zum Blatt Risse bilden, über die Wasser eindringt. Wenn dieses Wasser im Winter gefriert, kann das Eis das Ruder aufsprengen, was zum Totalschaden führen kann. Da sollte man dann unbedingt einen Fachmann konsultieren. Um solche Schäden zu minimieren, fräsen manche Werften eine Kerbe zwischen Ruderschaft und Blatt und füllen diese mit Dichtmasse. Auch diese sollte bei älteren Blättern auf Versprödungen geprüft und dann erneuert werden.
Beim Wiedereinbau alle Schrauben, auch die kleinen Madenschrauben, herausdrehen, reinigen und mit Tikal TefGel versehen, das ist ein gutes Teflon-Schmier- und Trennmittel. Das beugt Korrosion vor und stellt sicher, alles auch später wieder demontieren zu können. Es eignet sich übrigens auch ideal für Wantenspanner und vieles andere, das geschmiert werden muss.
Gleitlager haben den Nachteil, dass sie entweder zu fest oder zu lose sind. Sind sie so fest, dass das Ruder kein Spiel hat, drehen sie zu schwer. Wünschenswert wäre kein spürbares Spiel. Manche Blätter haben im Winterlager ein wenig Spiel, wenn man unten am Blatt wackelt, das sind aber nur wenige Hundertstelmillimeter im Lager, die sich nach oben an der Pinne wie viele Zehntelmillimeter anfühlen. Da muss jeder den besten Kompromiss für sich wählen.
Wenn Nadellager nach zehn oder 15 Jahren Spiel haben, deutet das auf schadhafte Nadeln oder eine eingelaufene Ruderwelle hin. Das merkt man meist bei Maschinenfahrt, wenn das Ruder stärker vibriert, als man es von früher gewohnt war. Um neue Nadellager oder Ruderschaftbuchsen liefern zu können, benötigen Fachleute wie Kohlhoff ein Foto vom Nadellager sowie den Durchmesser der Ruderwelle; dann kann das passende Wartungsset herausgesucht werden, das alle größeren Hersteller wie Jefa anbieten. Das kostet zwischen 200 und 300 Euro. “Man kann die neuen Nadeln auch selbst einsetzen, wenn man nicht gerade zwei linke Hände hat”, so Kohlhoff.
Aber egal, ob Nadel- oder Gleitlager Spiel haben: Sicherheitsrelevant ist das in den allermeisten Fällen nicht, oft nervt es einfach nur den Eigner.”
Lediglich das Teller- und Kegelrad im Kopf der Säule muss genug gefettet sein. Das Fett kann sich mit der Zeit verflüssigen und nach unten weglaufen, wenn sich die Säule von der Sonne öfters erhitzt hat. Die Zahnräder liegen unter dem Steuerkompass. Den muss der Eigner entfernen, um an die Getriebeteile zu kommen. Hier kann Winschenfett verwendet werden. Sollten die Schubstangengelenke zu viel Spiel haben, kann man die Kugeln meistens nachstellen, indem man die dahinter befindliche Mutter etwas anzieht. Die Kugelgelenke sind meist aus Kunststoff und müssen nicht geschmiert werden. Wer will, kann auch etwas Winschenfett aufbringen.
Drahtseile und auch Ketten bei Seilsystemen sollten auf Beschädigungen überprüft und eigentlich alle zehn Jahre getauscht werden. Wird das nicht gemacht, kann es zu Steueranlagen-Ausfällen führen. Gerade Draht, der ständig über Rollen läuft, oft mit starken Umlenkungen, leidet darunter. Er korrodiert zwar nicht von innen nach außen, wie 1x19-Wantendraht, aber aufgrund der ständigen Hin-und-her-Bewegungen bilden sich Mikrobrüche, die irgendwann zum Reißen führen können. Das geschieht dann natürlich immer bei starkem Wind und hoher Welle, also im ungünstigsten Moment.
Zur regelmäßigen Wartung und Kontrolle muss man oft wie ein Schlangenmensch unter das Cockpit krabbeln, weil der Zugang sehr verbaut ist. Abrieb oder Späne an den Steuerscheiben deuten auf Abnutzung hin und sollten ein Warnsignal sein. Auch die Drähte mit Handschuhen abzufahren, ob Kardeele herausstehen, ist ein guter Tipp, um Schäden zu erkennen.
Die Umlenkrollen haben heute aus Kostengründen meistens Gleitlager statt Kugellager. Da kann man etwas Teflonspray aufbringen, um sie zu schmieren.
Beim Steuerrad können die Speichen auf festen Sitz geprüft werden, bei manchen Herstellern können sich diese durch Wechsellast lösen. Ist das Rad beledert, sollte das Leder intakt sein, sonst stört es eher. Zum Neubeledern kann man es am besten zum örtlichen Segelmacher bringen, das kostet ungefähr 350 bis 400 Euro.
Die Rad-Feststellbremse ist ein heikles Thema, weil sie oft missbraucht wird. Viele stellen das Ruder auch beim Segeln immer mal damit fest, weil sie schnell unter Deck müssen oder die Segel trimmen. Oder es wird vergessen, die Bremse vor dem Ablegen zu lösen, und dann wird beim ersten Ruderausschlag am Rad gewürgt. Dafür sind die Bremsen aber nicht gemacht, die Bremswirkung entsteht nur durch zwei einfache Kunststoffscheiben, die dann kaputtgehen. Die Reparatur ist aber sehr aufwändig, die Scheiben sind in der Nabe eingebaut, dafür muss man die ganze Säule auseinandernehmen. Solche Reparaturen ärgern Fachleute wie Kohlhoff, weil sie bei richtiger Bedienung unnötig sind.
“Unverständlich finde ich, dass viele Leute immer erst dann etwas an der Ruderanlage machen, wenn etwas kaputt ist. Das darf aber nicht so sein, denn das Ruder ist für die Sicherheit der Crew existenziell wichtig und für die Folgen, etwa die Kosten bei der Versicherung, müssen wir alle einstehen”, so Kohlhoff.
Zum kostenlosen Download: Checkliste Saisonstart PDF