Wie schnell sich der Bewuchs ansiedelt, hängt von diversen Faktoren ab – hauptsächlich vom Revier und den klimatischen Einflüssen auf Wassertemperatur und Salzgehalt sowie dem Nährstoffangebot. Auch das Nutzungsverhalten spielt eine Rolle. Liegt die Yacht lange still, wird sie schneller besetzt als ein häufig bewegtes Schiff.
Aber selbst ständiges Segeln schützt nicht vor Bewuchs. Irgendwann bildet sich ein Biofilm, der von der Anströmung nicht mehr abgewaschen wird. Dieser dient als Grundlage für die weitere Besiedelung durch Pocken und Muscheln. Um deren Ausbreitung zu verhindern, gibt es mehrere Strategien. Der klassische Ansatz führt über Biozide, also Giftstoffe, die den Bewuchs abtöten.
Als Hauptproblem beim Schadstoffeintrag durch Yachten gilt das in fast allen biozidhaltigen Anstrichen vorhandene Kupfer. Es schützt den Rumpf zuverlässig gegen den Bewuchs durch Seepocken und Muscheln. Das Schwermetall wäscht sich aber auch aus und gelangt so ins Meer. Wie groß die ins Wasser abgegebenen Mengen sind, wird seit Jahren erforscht.
Um nicht unnötig viel Gift zu verbreiten, aber dennoch pockenfrei durch die Saison zu kommen, steht am Beginn der Antifouling-Wahl immer die Frage: Wie sind die Bewuchsverhältnisse im Heimatrevier? Wer noch nicht über eigene Erfahrungen verfügt, kann beim Farbhersteller oder Liegeplatznachbarn Rat suchen. Detaillierte Informationen bietet auch das Umweltbundesamt, auf seiner Webseite findet sich ein Bewuchsatlas. Darin wird aufgelistet, vor welchen Lebewesen der Rumpf im jeweiligen Revier beziehungsweise Hafen geschützt werden muss und welche Art von Antifouling empfohlen wird.
Der Biozidgehalt des Antifoulings ist das eine, die Farbe muss aber auch zum Nutzungsverhalten des Eigners passen. Trailerboote und Schiffe mit Landliegeplatz, die regelmäßig gekrant werden, brauchen robuste Antifoulings, die häufiges Wassern vertragen; meist sind das Hart- oder Dünnschichtsysteme. Entscheidend ist auch, wie viele Monate die Yacht im Wasser verbringt. Wer bis in den späten Herbst hinein segelt oder das Schiff gar den Winter über im Wasser lassen will, sollte das unbedingt dem Verkäufer sagen, denn die Hersteller ermitteln eine durchschnittliche Nutzungsdauer von Booten, die nicht zwangsläufig der individuellen Eignervorliebe entspricht.
Dasselbe gilt für Yachten, die sehr lange ungenutzt im Hafen liegen: In diesem Fall sind Farben mit gleichmäßiger Biozidabgabe sinnvoll; selbstpolierende Produkte sind dann nicht die erste Wahl. Diese empfehlen sich dagegen, wenn das Boot regelmäßig gesegelt wird.
Natürlich muss auch geklärt werden, aus welchem Material das Schiff ist: Besonders Aluyachten vertragen viele der gängigen Antifoulings nicht, denn meist kommen als Biozide Kupferverbindungen zum Einsatz. Damit droht Elektrolyse!
Des Weiteren stellt sich die Frage, wie viel Arbeitsaufwand man für akzeptabel hält. Bei Hart-Antifoulings muss in der Regel jedes Jahr die alte Farbschicht angeschliffen werden. Im Gegenzug gibt es auch Anstriche, bei denen nur jeden zweiten Winter Hand angelegt werden muss. Noch länger Ruhe hat man bei einer Kupfer-Epoxid-Beschichtung wie beispielsweise Coppercoat. Der Hersteller gibt eine Lebensdauer von rund zehn Jahren an – nach unseren Erfahrungen ein durchaus realistischer Wert.
Zu guter Letzt gilt es, gesetzliche Vorschriften für das jeweilige Revier zu beachten. In Deutschland sind dabei nur die abweichenden Regelungen für Binnenreviere interessant, dort sind biozidhaltige Anstriche oft verboten. Im Ausland gelten häufig strengere Bestimmungen, was aber lediglich Dauerlieger trifft oder Eigner, die dort ihr Antifouling aufbringen.
In Dänemark, Holland und Schweden muss das Antifouling eine spezielle Zulassung besitzen. Welche Produkte das sind, kann man theoretisch über die Webseiten der jeweiligen Zulassungsbehörden in Erfahrung bringen. In der Praxis sind die Seiten nur für Muttersprachler hilfreich, man sollte sich die nötige Zulassung vom Farbhersteller nachweisen lassen. Je nach Land und auch Revier sind die Behörden unterschiedlich rege und kontrollieren den Einsatz der Farben. Ein Bußgeld kann mehrere Tausend Euro betragen.
Je nach Antifouling-System unterscheidet sich die Vorgehensweise bei der Überarbeitung. Außerdem sind nicht alle Anstriche miteinander kompatibel. Der Farbtyp lässt sich mit einem einfachen Test ermitteln:
Aluminiumteile sollten nicht mit kupferhaltigen Antifoulings gestrichen werden, sonst können massive Korrosionsschäden auftreten. Welche Alternativen den Antrieb schützen
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Ein umweltfreundlicherer Weg wäre häufiges mechanisches Reinigen per Bootswaschanlage in Kombination mit einer giftfreien Beschichtung. Bisher sind diese Techniken aber noch nicht so ausgereift oder verbreitet genug, dass sie für Segelyachten in Salzwasserrevieren eine ernsthafte Alternative zum chemischen Bewuchsschutz darstellen.
Silikonbasierte Fouling-Release-Systeme wie Silic One von Hempel oder die nach dem gleichen Prinzip wirkenden Folien von Mactac und Renolit sind da vielversprechender. Sie kommen ebenfalls ohne Biozide aus. Statt den Bewuchs abzutöten, verschlechtert die glatte Beschichtung die Haftung, sodass Pocken und Co. beim Segeln abgewaschen werden. Außerdem erzeugen sie eine sogenannte Hydrogel-Oberfläche, die für Pocken- und Muschellarven wie Wasser erscheint; der Bootsrumpf als Siedlungsgrund wird quasi dahinter versteckt. Damit sich der Bewuchs von selbst löst, ist jedoch häufiges und ausreichend schnelles Fahren erforderlich, etwa sieben bis zehn Knoten sind ideal. Zudem ist die weiche Silikonoberfläche empfindlich und kann beim Kranen leicht beschädigt werden.
Für die meisten Reviere sind biozidhaltige Farben der sicherste und bequemste Weg, das Unterwasserschiff dauerhaft sauber zu halten. Auch wenn die Anbieter giftfreier Systeme häufig das Gegenteil behaupten: Ein vollständiges Verbot biozidhaltiger Produkte ist nicht absehbar. Richtig ist, dass es seit Jahren EU-weite Bemühungen gibt, den Einsatz von Bioziden zu beschränken, um die Umwelt- und Gesundheitsbelastung zu verringern. Davon sind Insektizide, Pflanzen- und Holzschutzmittel genauso betroffen wie Antifoulings.
Das Verfahren ist mehrstufig und überaus langwierig. Die Hersteller müssen Wirkstoffe und Rezepturen anmelden und einzeln freigeben lassen. Derzeit befinden sich die Antifouling-Produkte in der Registrierungsphase – sprich, nur noch angemeldete Biozide dürfen in den Handel gebracht und verwendet werden. Sie bekommen eine Registrierungsnummer und eine befristete Zulassung, bis eine endgültige Risikobewertung durchgeführt wurde. Die Liste der genehmigten Wirkstoffe in der Produktgruppe 21 kann auf der Webseite des Bundesamts für Arbeitsschutz, kurz BAuA, eingesehen werden.