Alexander Worms
· 14.05.2023
Segelyachten haben in der Regel ein schwaches Radarecho. Passive Reflektoren versprechen Abhilfe und können die eigene Sicherheit erheblich erhöhen. Der Praxistest offenbart deutliche Unterschiede
Wer braucht in Zeiten von AIS schon einen passiven Radarreflektor? Dank der modernen Elektronik ist man doch bestens sichtbar auf den Schirmen, ganz bestimmt auf denen der Berufsschifffahrt. Nun, die Frage scheint auf den ersten Blick berechtigt. Bei genauerem Hinsehen ist die Antwort aber klar: Jeder, der zusammen mit der Berufsschifffahrt auf dem Wasser ist, benötigt ein solches Gerät. Denn AIS-Technik ist von Stromversorgung abhängig – fällt diese aus, ist die Yacht nicht mehr sichtbar. Passive Radarreflektoren funktionieren zu jeder Zeit. Obendrein gibt es einige Reviere, wie die Waddenzee in den Niederlanden, auf denen ein Radarreflektor schlicht vorgeschrieben ist.
Nun hat sich bei den Produkten in den letzten Jahren nicht viel getan. Auf dem Markt sind die Blechwürfel, die Rohre und der Echomax. Darüber hinaus gab es ein Gerät namens Trilens. Inzwischen wird dieser Reflektor unter dem Namen 3Lenzz wieder angeboten.
Doch wie gut ist die Leistung der Reflektoren in der Praxis und wenn es nicht darum geht, von großen Geräten auf der Brücke eines Berufsschiffs gesehen zu werden, sondern von einem leistungsschwächeren Yachtradar? Vorab: Es ist schwierig, verallgemeinernde Aussagen zu treffen, und die Schlussfolgerungen müssen genau formuliert werden.
Anhand eines Beispiels sei das Problem erläutert: Der 3Lenzz besteht aus drei Kugeln, die im Winkel von 120 Grad zueinander angebracht sind. Schon ein Test der britischen Küstenwache hatte gezeigt, dass er alle 120 Grad eine blinde Stelle hat. Treffen Radarsignale genau dort hinein, verschwindet das Echo auf dem Bildschirm. Solche blinden Stellen haben alle Reflektoren, mehr oder weniger stark ausgeprägt. Bei unserem Test haben wir den 3Lenzz daran erkannt, dass das Echo deutlich sichtbar war, einige Umläufe verschwand und dann wieder auftauchte. Offenbar lag das Testboot in der Nähe einer blinden Stelle des Reflektors. In der Praxis wäre das bei einer Annäherung mit exakt stehenden Peilung der Fall, etwa wenn ein Schiff auf einen Ankerlieger zufährt, der nicht schwoit. Wenn sich jedoch der Winkel der beiden zueinander nur wenige Grad ändert, gibt es ein Echo.
Das Fazit, dass dieser, weil er im Test teils schlecht sichtbar war, nicht gut funktioniert, wäre nicht die ganze Wahrheit. Aus einer anderen Position heraus gemessen waren die Echos deutlich. Die Schlussfolgerung lautet demnach, dass bei sich ändernden Annäherungskursen der 3Lenzz gute Ergebnisse liefert und nur an drei Stellen auf dem Vollkreis Schwächen zeigt.
Um die Situation auf einem Segelboot nachzustellen, haben wir jeden Reflektor senkrecht und unter einem Winkel von 30 Grad gemessen. Auch hier zeigten einige Modelle Schwächen. Besonders die Ausführungen mit ohnehin schon kleiner Reflexionsfläche brachen mitunter stark ein. Allerdings sorgte selbst der schwächste Reflektor dafür, dass unser Testponton auf dem Radarschirm auftauchte.
Das Echo jedes Reflektors wurde insgesamt achtmal gemessen – jeweils aus 0,5 und 1,5 Seemeilen Entfernung, senkrecht und um 30 Grad geneigt und mit einem modernen Breitbandradar sowie mit einem herkömmlichen Magnetronradar. Dargestellt in den einzelnen Testbildern sind die Displays der Breitbandradare. Gemessen wurde von einem Motorboot aus, auf dem beide Antennen installiert waren. Die Reflektoren wurden in etwa drei Meter Höhe auf einem Ponton an einem Holzmast installiert; dieser ließ sich obendrein noch neigen. Die Ergebnisse wurden dann mittels Screenshot auf den verwendeten Geräten der Firma Garmin gespeichert; es handelte sich um auf Yachten übliche Radare. Die Einstellungen des Radargeräts haben wir auf den mittelgroßen Blech-Reflektor optimiert und im weiteren Verlauf des Tests nicht mehr verändert, um für alle Reflektoren die gleichen Bedingungen zu gewährleisten. Die beiden aufblasbaren Reflektoren haben wir nur aufrecht getestet, da diese üblicherweise aufgehängt werden.
Auf kurzer Distanz ist er auf beiden Geräten immer gut erkennbar. Beim größeren Abstand ist er bei senkrechter Anordnung nicht zu sehen; erst wenn der Mast geneigt wurde, wurden Echos sichtbar. Für ein optimales Echo muss der Reflektor in Regenfängerstellung montiert werden, was jedoch nur entweder in aufrechtem oder in gekrängtem (im Test) Zustand der Fall sein kann. Die Montage ist schwierig, die Bleche sind scharfkantig.
Der große Bruder ist auf beiden Geräten durchweg besser zu erkennen bei geringem Abstand. Aus weiterer Entfernung tut sich das Halbleiterradar schwer mit der Wiedergabe. Auf dem Radar ist der Reflektor in aufrechter Position nicht zu sehen; bei Krängung verschmilzt er mit dem Schlepper- Echo. Der Reflektor ist sehr groß. Eine Öffnung im Inneren zur Durchführung eines Stages fehlt; die Installation des Reflektors auf einem Segelboot ist unklar.
Gute Sichtbarkeit bei beiden Distanzen. Bei aufrechter Messung auf dem Magnetronradar ein eher schwaches Echo. Bei der größeren Distanz setzt sich der Reflektor auch klar vom Echo des Schleppers ab. Die Montage gelingt gut, ein Fuß hilft bei der Montage etwa auf der Saling. Ein kugelförmiger Ausschnitt in der Mitte erleichtert die Montage am Stag, da dieses hindurchgefädelt werden kann. Die Bleche sind nicht scharfkantig.
Der Stab ist nur aus kurzer Distanz als Echo sichtbar, da allerdings immer gleich gut, egal ob senkrecht oder geneigt. Beim größeren Abstand ist er auf dem Halbleiterradar unsichtbar. Nur das Magnetronradar kann in senkrechter Position ein Echo detektieren. Der Reflektor ist leicht und einfach zu montieren. Im Vergleich zum ähnlich performanten Plastimo-Rohr ist er jedoch teurer. Ein Fuß für An- Deck-Montage ist erhältlich.
Auf kurze Distanz ist das Plastimo-Rohr leidlich gut sichtbar, die Echos sind im Vergleich zum Rohr von Mobri jedoch sichtlich schwächer. Auf der größeren Distanz ist lediglich im senkrechten Zustand und auf dem Halbleiterradar ein Echo erkennbar. Das Rohr reagiert mithin empfindlich auf Krängung. Teils stark verbogene und nicht rechtwinklig ausgerichtete Aluminiumplatten im Inneren. Leichtester Reflektor im Testfeld.
Gleiches Bild wie beim kleinen Bruder: keine Sichtbarkeit auf 1,5 Seemeilen Abstand. Nur beim Magnetronradar im senkrechten Zustand zeigt sich ein leichtes Echo. Auf der kurzen Distanz ist der Mobri jedoch gut sichtbar. Die doppelt so große Reflexionsfläche im Vergleich zur kleineren Version macht sich nicht in einem besseren Echo bemerkbar. Mehrgewicht und Preis lohnen sich daher nicht. Ebenfalls mit Fuß erhältlich.
Gleiches Bild wie bei den Wettbewerbern in Röhrenform: Auf kurze Distanz meist gute Abbildung, wenngleich beim Magnetronradar sehr kleine Echos auftreten; mit größerem Abstand nahezu komplett unsichtbar. Auch hier ergibt die größere Reflexionsfläche kein besseres Echo. Ebenfalls verbogene und nicht rechtwinklig montierte Aluminiumbleche im Inneren. Verarbeitung wirkt durch die Grate am Kunststoff nicht sehr hochwertig.
Das sehr große Gerät ist der einzige Reflektor, der unter allen Bedingungen und egal bei welcher Radartechnik ein Echo erzeugt. Allerdings sind die mitunter eher schwach, besonders wenn der Reflektor geneigt wurde. Steht der Reflektor senkrecht, werden durchweg sehr gute Echos angezeigt. Der Echomax ist sehr groß und schwer, die erforderliche Halterung kostet Aufpreis, ist aber sehr solide. Eher für große Schiffe.
Der 3Lenzz zeigt auf kurze Distanz durchgängig gute Echos. Aus der größeren Entfernung sind nur bei senkrechter Montage zuverlässige Echos sichtbar. Ist das Gerät geneigt, zeigt sich nur etwa bei jedem dritten Umlauf ein dann starkes Echo, das jedoch verlässlich gut sichtbar an der gleichen Stelle. Es ist vermutlich eine Folge der dreiteiligen Bauweise, siehe Lauftext. Der 3Lenzz ist der teuerste und schwerste Reflektor im Test.
Durchweg sehr gute und deutliche Echos dank großer Projektionsfläche. Durch die hängende Montage richtet sich der Reflektor immer senkrecht aus, daher wurden keine gekrängten Werte gemessen. Wegen des geringen Gewichts optimale Ergänzung für Kleinkreuzer, die den Reflektor nur bei Bedarf setzen möchten. Wie beim Ball wird empfohlen, den Reflektor nach fünf Jahren zu tauschen. Dafür ist er im Vergleich sehr teuer.
Gute Sichtbarkeit auf kurze Distanz, kaum sichtbar auf größerem Abstand. Da der Ball immer senkrecht hängt, wenn er etwa an einem Flaggenfall gehisst wird, gab es keine Messungen bei Neigung. Trotz der vergleichsweise großen Reflexionsfläche eher schlechte Echos. Leider war der Ball undicht, sodass andauerndes Nachpumpen erforderlich war. Der Reflektor ist aufgeblasen sehr groß und auch leicht. Teuer.
Treffen die Signale des Radargeräts auf den Reflektor, werden diese üblicherweise zweimal auf den als Tripelspiegel ausgelegten Oberflächen umgelenkt und genau parallel zum Weg der eintreffenden Strahlen zurückgeworfen. So treffen sie dann auf die Antenne des Radargeräts und können dort detektiert werden. Das Radargerät wertet dann sowohl die Laufzeit als auch die Empfangsstärke der Signale aus und stellt das Ergebnis als Echo auf dem Bildschirm dar. Je mehr der ursprünglich ausgesendeten Signale wieder ankommen, desto größer wird das Echo auf dem Schirm dargestellt. Bewegungen von sowohl dem Radargerät wie auch dem Reflektor können diesen Effekt jedoch verwässern. Dabei spielt auch die Größe des Reflektors eine Rolle. Je größer die Fläche des Reflektors ist, desto unempfindlicher ist sein Reflexionsvermögen gegenüber Bewegungen.
Der 3Lenzz funktioniert nach dem Prinzip der Lüneburg-Linse. Dabei handelt es sich um eine Kugel, die aus einem Dielektrikum besteht, also einem nahezu nicht leitenden Stoff, zum Beispiel einer Keramik. An der Rückseite ist eine reflektierende Metallschicht aufgebracht. Treffen nun die Radarstrahlen auf die Kugel, werden diese durch einen Brechungseffekt abgelenkt auf einen Fokuspunkt auf der Rückseite der Kugel. Von dort werden sie wieder reflektiert. Verlassen die Strahlen die dielektrische Kugel, erfahren sie eine umgekehrte Brechung. Dadurch werden sie in die Richtung zurückgeschickt, aus der sie kamen.
Früher war das so: Nachdem das Radargerät eingeschaltet wurde, dauerte es eine ganze Weile, bis ein erstes Bild entstand. Das lag daran, dass die Elektronenstrahlröhre, das Magnetron, erst aufheizen musste. Das dauerte und brauchte eine ganze Menge Energie. Auch der Betrieb der Geräte schluckte eine Menge Strom. Also ließ man es auf langen Wachen in wenig befahrenen Gebieten nur alle paar Minuten mal eben einen Rundblick durchführen. War darauf nichts zu sehen, schaltete sich das Gerät wieder in den Stand-by-Modus und verbrauchte nur noch die Energie, die nötig ist, um die Röhre auf Temperatur zu halten.
Moderne Radargeräte lösen das anders. Dort sind es nicht Röhren, die das Signal erzeugen, sondern Halbleiter. Die können überdies noch Signale verschiedener Wellenlängen erzeugen. Die Folge: Das Radar ist nach dem Einschalten sofort da, und es braucht viel weniger Strom. Zudem ist die Strahlung deutlich geringer, was gut für die Gesundheit der Menschen an Bord ist. Ein Breitband- oder Halbleiterradar erzeugt in etwa die gleiche Strahlung wie ein Smartphone. Durch die verschiedenen Wellenlängen kann das Radar aus den reflektierten Signalen noch weitere Informationen erzeugen. Sogenannte Doppler-Radare erkennen ohne aufwändiges Plotting schnell, ob sich ein Echo nähert oder entfernt und in welcher Richtung es das tut. So lassen sich der Ort der größten Annäherung und die Zeit bis dahin errechnen.