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Die Boote wachsen, Stege und Segler nicht. Was tun? Die gute Nachricht: Es gibt diverse Möglichkeiten, dem Thema zu begegnen. Die vermeintlich einfachste, Mittelmeersegler und an der Ostseeküste die Charterfirmen machen es vor, ist: rückwärts anlegen. Das ist eine ideale Lösung am Schwimmsteg und gar perfekt, wenn dieser ungefähr auf Höhe der ausgeklappten Badeplattform liegt. Für Boote ohne diese schönste Errungenschaft moderner Konstruktionen ist dagegen ebenfalls kraxeln angesagt. Und: Passanten gucken direkt in Cockpit und Schiff.
Also doch mit Bug an den Steg. Um eine übergroße Höhe zu überwinden, kann schon eine Bierkiste an Land genügen oder ein simpler Klapptritt, womöglich faltbar, um Platz beim Verstauen an Bord zu sparen. Beide lassen sich einfach mitführen und helfen auch beim Längsseitsliegen.
Ungemach droht schiffsseitig: Der klapprige Anker, ein überlanger Bugspriet oder fehlender Platz für die Füße verleiden den Gang an und von Bord.
Also eine kleine Leiter. Die kann am eigenen Liegeplatz fest installiert werden, die Genehmigung des Hafenbetreibers vorausgesetzt, fehlt dann aber in fremden Häfen. Ergo wird zusätzlich eine am Schiff benötigt. Es gibt diverse Möglichkeiten für selbst gebaute individuelle Lösungen. Die reichen von Strickleitern über angeschraubte Bleche bis zum absenkbaren Bugspriet und klappbaren Edelstahllösungen. Letztere lassen sich von Fachbetrieben wie Niro Petersen in Flensburg, Prasolux in Solingen oder Edelstahl Haese bei Berlin individuell anpassen und fertigen, ein ästhetischer wie teurer Weg, der aber angesichts des Komfortgewinns sinnvoll ist.
Die Edelstahl-Verarbeiter können zudem existente Bugkörbe modifizieren, beispielsweise vorn geschlossene für den einfacheren Durchgang teilen oder auch zu kurze nach vorn verlängern, um von Land aus greifbar zu sein und so besser als Aufstiegshilfe zu dienen.
Bugleiter und ein nach vorn ragender Bugkorb, wie er auf älteren Booten üblich war, heute aber zusehends verschwindet: gut und zielführend. Das Optimum aber, besonders für Boote mit steilem Steven, sieht aufwändiger aus, denn auf denen schafft der lange Ankergalgen Probleme. Hier bietet sich eine Bugplattform an, die den Ankergalgen umschließt oder gar abdeckt, eine Teleskopleiter in Länge der Freibordhöhe aufnimmt und dann noch als willkommener Anschlagpunkt für Code Zero und Gennaker dient. Diese Plattformen gibt es werftseitig beispielsweise von Nordship, Nordborg, Saare und Schöchl.
Und sie lassen sich auch nachrüsten. Båtsystem vertreibt über die Hamburger Firma Gotthardt diverse Modelle, auch modern aussehende aus GFK. Die nachgerüstete Bugplattform erfordert jedoch gute Planung und eventuell Anpassungen am Boot. Immerhin trägt sie höhere Lasten, muss auf Zug und Druck ausgelegt sein, benötigt daher ein festes Wasserstag. Der Ankergalgen will integriert werden, ist eventuell anzupassen. Außerdem dürfen sich Anker und Teleskopleiter nicht behindern. Willkommen an Bord!
Torsten Conradi: Weil die Boote immer größer werden. Dabei wachsen die Freiborde überproportional, nämlich ungefähr zwölf Prozent mehr als die durchschnittliche Länge. Und die Stege wachsen eben nicht mit. Viele moderne Yachten haben außerdem einen schmalen Bugspriet, der es auch schwieriger macht, an Bord zu kommen.
Aus technischen Gründen: Unter den langen „Nasen“ kann man wunderbar Positionslichter und Anker unterbringen. Und am vorderen Ende Rollsegel wie Gennaker und Code Zero. Deshalb ist man da froh über jeden Meter. Für Einzelbauten bieten wir aber zum Beispiel einen nach unten abklappbaren Bugspriet an. Der ist so konstruiert, dass man von Bord runter Stufen hat. Aber das ist natürlich eine teure Lösung, die bei Serienbooten nicht machbar ist.
Ganz einfach: Die vielen rollbaren Vorsegel brauchen Platz und sollen deshalb gern auf den Bugspriet mit draufgelegt werden können; deswegen wandern die Körbe nach hinten. Nicht ideal, aber eigentlich auch praktisch, eben wenn man diesen Platz braucht.
Es wird mal was angemerkt, ja, aber dass ein Boot deswegen nicht gekauft würde, das ist noch nicht passiert. Die Leute basteln sich dann eben die unterschiedlichsten Dinge, um besser an und von Bord zu kommen. Viele Festlieger haben interessante Konstruktionen, weil es einfach sonst nicht geht. Bierkästen oder Holztritte.
... das kommt auf die Beschläge an. Klar wäre das machbar, aber dann muss man vor jedem Ankern alles komplett lösen, ideal ist das auch nicht.
Ja, das stimmt. Da muss man sich Lösungen basteln. Es gibt ja Klappleitern, oder man bindet ein Fall dran. Oder Nachbarn helfen. Beim Anlegen ist es noch schwieriger, da gebe ich Ihnen recht. Wer ein Bugstrahlruder hat, hat es gut.
Solange die Marina-Bauer und Steghersteller sich noch nicht auf die immer größer werdenden Boote eingestellt haben, wird es beim Anlegen leider beim Sprung bleiben müssen. Eine Kröte muss immer geschluckt werden.