Michael Rinck
· 22.10.2024
Die Segel sind der Hauptantrieb der Yacht, auch viele Fahrtensegler geben inzwischen mehr Geld für höherwertige Tücher aus. Wenn statt Polyestergewebe Laminate oder Membranen angeschlagen sind, kostet ein Großsegel für ein 34-Fuß-Boot schnell deutlich über 10.000 Euro. Schäden an den teuren Tüchern sind dann besonders ärgerlich; schnelle Reparatur, um weiteres Einreißen zu vermeiden, ist dringend erforderlich.
Auf längeren Törns ist dann aber eventuell nicht direkt ein Segelmacher vor Ort verfügbar, selbst reparieren, um wieder sicher in den Heimathafen zu gelangen, ist dann angesagt. Anders als bei Dacrongewebe ist Nähen häufig keine Option. Besonders bei Film-Film-Laminaten, auch Foliensegel genannt, kann die Folie oder Taftbeschichtung nicht die Kräfte aufnehmen, der Faden würde die Folie bis zur nächstgelegenen Faser eventuell einreißen.
Deswegen ist Kleben das Mittel der Wahl. Dabei sollten Klebepatches schon vorbeugend an besonders belasteten Stellen angebracht werden, wie den Bereichen im Segel, die mit der Salingsnock in Berührung kommen können. Das betrifft sowohl das Großsegel als auch das Achterliek einer überlappenden Genua. Große verstärkte Bereiche verhindern hier Schäden. Die Stellen müssen genau bestimmt werden, am besten im Hafen bei wenig Wind Segel setzen und vom Bootsmannsstuhl aus im Mast Markierungen platzieren. Neben Verstärkungen im Segel können auch scharfkantige Ecken an Bugkorb und Reling präventiv abgeklebt werden. Hier sind besonders Splinte der Relingsdurchzüge gefährlich. Als Material empfiehlt sich hier ebenfalls Tape aus Polyestergewebe, auch als Nummerntuch bekannt. Ob von der Rolle oder im größeren Stück ist egal, einen passenden Streifen zuschneiden und anbringen. Das Gewebe ist UV-stabiler als Isolierband und klebt besser.
Ist das Unglück trotz gründlicher Vorsorge geschehen und das Segel eingerissen, ist bei der Reparatur alles erlaubt: Hauptsache, der Riss wird nicht größer. Bertil Balser von North Sails erzählt, dass er auch schon mit Duck Tape notdürftig geflickte Segel zur Reparatur bekommen habe. Das sei grundsätzlich okay, wenn kein geeignetes Flickzeug an Bord ist. Allerdings hinterlässt das Klebeband schwer zu entfernende Klebereste. Deswegen ist auch hier etwas Vorsorge hilfreich.
Ist das richtige Reparaturmaterial an Bord, lassen sich Schäden im Ernstfall einfacher beheben. Dabei ist selbstklebendes Nummerntuch am vielseitigsten; kräftigere Gewebeflicken aus Kevlar können bei Schäden an stark belasteten Stellen etwa nahe der Lieken oder Ecken des Segels stabiler sein.
Hilfreich ist hier, den Segelmacher zu fragen, was für das eigene Segel als Reparaturmaterial am besten infrage kommt, und sich die entsprechenden Patches direkt abzuholen. So gibt es beispielsweise für die 3DI-Membran von North Sails auch passende Reparaturpatches. Diese bieten einerseits mehr Stabilität und sind andererseits auch in der passenden Farbe gehalten. Das Auge repariert mit.
Neben dem passenden Flickenmaterial ist die gründliche Vorbereitung der Klebefläche wichtig, was an Bord nicht ganz einfach ist. Ist das Großsegel betroffen, kann dieses nicht immer abgeschlagen werden, Platz, um es unter Deck auszubreiten, findet sich auch nicht. Deswegen gilt: so gut wie möglich entsalzen, entfetten und trocknen. Dazu kann ein sauberer Lappen in einem Ziplock-Beutel sehr hilfreich sein und gehört mit ins Segelreparaturset.
Spiritus ist als Lösungsmittel zum Entfetten der Klebefläche geeignet. Sprühkleber kann zusätzlich die Anhaftung verstärken, auch wenn der Patch schon von selbst klebt. Aber auch bei hochwertigen Segelmaterialien kann eine Naht, ganz klassisch mit Nadel und Faden, sinnvoll sein. Etwa bei Schäden am Liek. Die Kanten sind auch bei Hightechmaterialien mit Polyestergewebe (Dacron) eingefasst. Dieser Streifen gibt genug Halt für den Faden. So ist es möglich, ein Stück Gurtband in ein gerissenes Liek zu nähen. Eventuell funktioniert das in diesem speziellen Fall sogar besser als ein selbstklebender Patch. Auch bei großen Patches kann eine umrandende Naht helfen. Tammo Baldszun von North Sails geht die verschiedenen Reparaturmöglichkeiten exemplarisch mit uns durch. Die Naht macht den Flicken nicht stärker, sie verhindert nur, dass sich die Verklebung an den Kanten löst, durch Reibung beim Setzen und Bergen des Segels etwa.
Der Unterschied zwischen Not- und Profireparatur ist im wesentlichen der Platz, um das Segel richtig auszubreiten und vorzubereiten. Zudem wird ein zweikomponentiger PU-Kleber verwendet. Der bleibt auch ausgehärtet flexibel, Epoxy ist zu spröde und würde schnell brechen. Beim Segelmacher kann der Patch auch beschwert in Ruhe trocknen, was an Bord kaum möglich ist. Dennoch lassen sich die meisten Schäden selber reparieren, bis man wieder zurück beim Segelmacher seines Vertrauens ist.
Selbstklebendes Nummerntuch von der Rolle und in größeren Bahnen ist am vielseitigsten einsetzbar. Aber auch zum Segelmaterial passendes Flickenmaterial ist beim Segelmacher erhältlich. Daneben ein Lappen, Spiritus zum entfetten, eine scharfe Schere, Nadel und Faden und ein Stift zum Anzeichnen. Ein Segelmacherhandschuh hilft ebenfalls. Patches gegen Scheuerstellen nicht vergessen, vorbeugen ist besser als reparieren.
Ein Sonderfall ist die Reparatur von leichten Raumwindtüchern. Hier gibt es auch Material von der Rolle, das ist aber meist nicht breit genug. Tammo Baldszun von North Sails hat einen guten Tipp: Lass dir von deinem Segelmacher auf ein größeres Stück Spinnakertuch mehrere Streifen doppelseitiges Klebeband kleben, nur für den Fall. Daraus kann ein beliebig geformter Flicken geschnitten und können auch größere Risse einfach repariert werden