Michael Good
· 13.09.2017
Mit einem flexiblen und symmetrisch aufgebauten Flügelrigg wollen zwei Tüftler aus der Schweiz den Segelsport revolutionieren. Das System funktioniert
Das innovative Konzept basiert im Wesentlichen auf der Funktionsweise von Paraglidern oder Gleitschirmen, bei denen nebeneinander angeordnete Luftkammern ein festes Profil bilden. Beim Flügel von IWS (Inflated Wing Sails) ist das genauso, nur wirkt das Profil in dem Fall nicht horizontal, sondern vertikal. Mit Luft befüllt wird der Flügel durch Hutzen an dessen Vorderkante. Darin eingebaute Ventilatoren helfen zusätzlich, im Inneren des Profils ausreichend viel Druck aufzubauen, damit die Tragfläche stabil wird und eine Strömung entsteht.
Die Besonderheit des IWS-Flügels ist sein symmetrischer Aufbau. Anders als bei vielen anderen, verstellbaren und oft auch zweiteiligen Flügelriggs, wie sie zum Beispiel beim America's Cup 2017 zum Einsatz kamen, ist der aufblasbare Wing aus der Schweiz beidseitig identisch profiliert. Der Vorteil davon ist, dass der Segeldruckpunkt direkt am internen, tragenden Mast und somit genau im aerodynamischen Zentrum des Flügels liegt. Das muss man physikalisch nicht zwingend verstehen können, funktioniert aber trotzdem, wie eine ganze Reihe von Videos auf der Webseite von IWS belegen.
Konkret heißt das: Der frei stehende und um 360 Grad drehbare Flügel muss nicht aktiv getrimmt werden, weder unterwegs bei wechselnden Windbedingungen noch im Manöver. Lediglich eine einzige Großschot regelt den Anstellwinkel des Flügels zum Wind. Und: Beim Halsen wird das Profil ganz einfach vorn herum geschwenkt – einfacher geht es tatsächlich kaum. Gesetzt und geborgen wird das aufblasbare Profil übrigens auf Knopfdruck. Der interne Mast aus Kohlefaser ist dazu mehrfach unterteilt und nach oben verjüngt. Das teleskopierbare Rundprofil wird elektrisch hochgefahren und spannt so gleichzeitig auch die Membran des Profilsegels auf. Die integrierten Ventilatoren besorgen den Rest.
Der Prototyp des IWS-Systems ist seit diesem Sommer 2017 auf einem 5,5er am Genfer See aufgebaut und sorgt dort schon für mächtig viel Aufregung innerhalb der innovativen Szene am "Léman". Hinter dem Projekt stehen der Segelmacher Edouard Kessi sowie der Gleitschirm-Pionier Laurent de Kalbermatten. Unterstützt werden die beiden vom Aerodynamiker Stéphane Fauve aus Frankreich.