TechnikWas Sie über Lithium-Eisenphosphat-Akkus wissen sollten

Hauke Schmidt

 · 05.04.2024

Prismatische Zellen: In den meisten Lithium-Eisenphosphat-Akkus stecken rechteckige Zellen, sie bieten eine gute Raumausnutzung. Je nach Modell sind die Zellen in einem dünnen Aluminium- oder Kunststoffgehäuse verpackt
Foto: Hersteller
Das Angebot an Lithium-Eisenphosphat-Akkus ist heutzutage sehr vielfältig, gleichzeitig sind die Preise so niedrig wie nie zuvor. Es ist jedoch wichtig, bei der Auswahl, Installation und dem Betrieb dieser leichten und effektiven Speicher einige Dinge zu beachten

Wenn es um die Energieversorgung an Bord geht, sind Lithium-Akkus das Trendthema überhaupt. Einerseits kursieren gleichsam glühende Anpreisungen ihrer Vorteile. Andererseits bestehen immer noch große Vorbehalte. Die Probleme der Feuerwehr beim Löschen in Brand geratener Elektroautos tragen nicht gerade zur Klärung bei.

Zu starten ist mit einer grundsätzlichen Entwarnung: Akkus auf Lithium-Eisen-Basis sind nicht gefährlicher als andere Typen – richtiger Umgang vorausgesetzt. Neben der Sicherheit gilt der Preis bei vielen als K.-o.-Kriterium. Lange waren 800 bis 2000 Euro für 100 Amperestunden oder besser 1200 Wattstunden die Regel. Damit waren die leichten Speicher mindestens dreimal so teuer wie ein hochwertiger AGM-Akku mit der gleichen nominellen Kapazität. Waren.

Der Unterscheid zwischen Blei und Lithium

Der Boom bei Wohnmobilen und Balkonkraftwerken hat den Markt stark in Bewegung gebracht. Während die Markenhersteller wie Mastervolt oder Victron je nach Modell immer noch Preise um die 700 bis 1800 Euro aufrufen, gibt es auch deutlich günstigere Anbieter. Tatsächlich wird der Markt regelrecht mit Produkten überschwemmt. Wer bei Amazon oder Ebay kauft, zahlt in der Regel zwischen 250 und 500 Euro pro 1200 Wattstunden. Teilweise sind die Akkus gar für 170 Euro zu haben. Der Teufel steckt aber im Detail, denn die Speicher mögen zwar die gleiche Kapazität besitzen, aber ein Lithium-Akku besteht im Gegensatz zu einem Blei-Akku nicht nur aus in Reihe geschalteten Zellen.

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Der wichtigste Unterschied: Bei Blei kaufte man einfach hier die Batterie, dort ein Ladegerät und klemmte das Ganze an die vorhandene Bordelektrik. Misshandlungen wie Tiefentladung oder Überladung, zu hohe oder zu niedrige Temperatur mindern zwar die Lebensdauer beträchtlich, führen aber nicht sofort zum Ausfall. Ein Lithium-Speicher dagegen braucht eine auf ihn abgestimmte Überwachungselektronik. Die Lithium-Zellen können nämlich überschüssige Energie nicht wie Blei-Zellen einfach nur in Wärme umsetzen – Überladung führt zwar auch zu Wärme, schädigt aber zusätzlich sofort die Struktur des Akkus.


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Zu tiefe Entladung

Ebenso verhält es sich bei zu tiefer Entladung: Ein einziges Mal vollständig leer bedeutet das Ende der Lebenserwartung. Darum sind die Akkus mit einem Batterie-Management-System, kurz BMS, ausgestattet. Diese Elektronik übernimmt zwei Aufgaben, zum einen schützt sie den Akku vor Tief- oder Überladung, indem sie den Stromfluss beim Erreichen der Abschaltspannung unterbricht, gleiches passiert beim Überschreiten der zulässigen Temperatur oder bei zu großem Stromfluss.

Die zweite Aufgabe besteht im sogenannten Balancing, also dem Ausgleich der Zellenspannungen. Produktionsbedingt kommt es bei den Zellen immer zu leichten Abweichungen der Kapazität und des Innenwiderstands.

Ladungsausgleich bei Batterien: passive vs. aktive Balancer

Beim Laden des Akkus erreicht die Zelle mit der geringsten Kapazität als Erstes ihre Schlussspannung. Um sie nicht zu schädigen, stoppt das BMS den Ladevorgang, die übrigen Zellen mit höherer Kapazität werden also nicht vollständig gefüllt. Beim Entladen entsteht das gleiche Problem. Die schwächste Zelle bestimmt, wann die Sicherungsfunktion des BMS eingreift und den Strom abdreht. In Summe steht nicht die volle Kapazität zur Verfügung. Hinzu kommt, dass die Spannungsunterschiede mit dem Alter der Zellen und der Strombelastung anwachsen. Der Balancer arbeitet dagegen an. Die einfachsten Systeme leiten an der am weitesten gefüllten Zelle einen Teil des Ladestroms über einen Widerstand, dadurch wird sie langsamer geladen als die übrigen Zellen und die Spannungen gleichen sich an. Nachteil dieser passiven Balancer: Der Ausgleich findet nur beim Laden statt, und die Ströme liegen im Milliampere-Bereich. Größere Ladungsunterschiede können im Laufe eines Ladevorgangs kaum ausgebügelt werden.

Effizienter sind sogenannte aktive Balancer, sie können die Ladung zwischen den Zellen hin und her schieben und arbeiten auch weiter, wenn kein externer Ladestrom mehr fließt.

Markenprodukte versprechen mehr Konsistenz

Von außen lässt sich jedoch nicht erkennen, mit welchem System der Akku vom Hersteller bestückt worden ist. In der Regel weisen die Hersteller aktive Systeme aber explizit aus. Ebenfalls im Dunkeln bleibt der mechanische Aufbau vieler Akkuschnäppchen. Ob etwa ausreichend dimensionierte Kabel verwendet werden und wie sie mit den Zellen verbunden sind, ließe sich nur durch das Aufsägen des Gehäuses klären. Wie groß die Schwankungsbreite bei der mechanischen und elektrischen Auslegung der Akkus ist, lässt sich in diversen Internetvideos bestaunen, in denen Nutzer die Gehäuse per Säge öffnen. In dieser Hinsicht versprechen Markenprodukte mehr Konsistenz.

Es gibt „keinen Grund mehr, auf Blei zu setzen“

Oft wird über die Güte der eingesetzten Zellen diskutiert. Die Einstufung in die Güte A bis D, auf Englisch „Grade“, wird von jedem Produzenten anders vorgenommen. Allen gemein ist, das A-Zellen die Spezifikation vollständig erfüllen, alles, was davon abweicht, wird Grade B oder schlechter. Was genau zur Abwertung führt, bleibt Betriebsgeheimnis. Im Vergleich zu Blei-Akkus ist ein aus B-Zellen aufgebauter Lithium-Eisen-Akku höchstwahrscheinlich noch extrem leistungsfähig.

„Angesichts der enorm gesunkenen Preise gibt es keinen Grund mehr, auf Blei zu setzen“, so Kai Uhrig von Sterling Power. „Selbst wenn in den billigen Lithium-Eisen-Akkus nicht die besten Zellen oder Management-Systeme stecken, die Lebensdauer von Nassbatterien erreichen sie locker, und beim Laden und im zyklischen Betrieb sind sie ebenfalls überlegen. Es ist aber immer eine Frage des Anspruchs. Wer auf Langfahrt gehen will, sollte eher zu Systemen mit kommunizierenden BMS greifen“, so Uhrig weiter. Ähnlich schätzt Michael Kögel von Philippi die Lage ein: „Wenn mehrere Akkus zu einer Bank verschaltet werden, sind Management-Systeme mit Datenaustausch angeraten. Damit lassen sich Probleme erkennen, bevor das System abschaltet und der Strom plötzlich komplett weg ist.“

Weitere Argumente für Lithium-Akkus vom etablierten Markenhersteller sind die Verlässlichkeit im Garantiefall oder die Verfügbarkeit von Ersatzteilen wie dem BMS. Teilweise wird mit bis zu zehn Jahren Garantie geworben. Um das nutzen zu können, muss der Anbieter dann aber auch noch existieren.


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