Felix Keßler
· 27.07.2017
Mit diesem Zubehör und den passenden Navi-Apps wird aus dem Tablet ein unentbehrlicher Alleskönner an Bord. Wir haben ausführlich getestet
Als Plotter-Ergänzung haben sich Tablets längst bewährt. Die Gründe dafür liegen sprichwörtlich auf der Hand: geringes Gewicht, immer bessere Akku-Laufzeiten und hochauflösende Displays. Fest montierte Plotter haben dem nicht mehr viel entgegenzusetzten. Auch wenn alles an ihnen für den Einsatz auf See ausgelegt ist, bleiben sie unbeweglich und sind kaum anderweitig nutzbar. Tablets hingegen verwandeln sich auf Knopfdruck in Bücher, Spielgeräte oder vollwertige Rechner.
Doch welches ist für den Einsatz am See am besten geeignet – und welche Apps verwandeln das Gerät in eine Hilfe?
Dass sich die Hersteller technisch immer weiter angenähert haben, macht die Wahl noch schwieriger. Bei der Suche des passenden Modells spielt demnach die Software eine entscheidende Rolle. Denn was nützt große Rechenleistung, wenn sich keine einzige Seekarte laden lässt? So kommen letztlich nur Apples iPads mit dem Betriebsystem iOS oder das von Google und Partnern entwickelte System Android als Plotter-Ersatz in Frage. Seekarten-Apps und Navigationshilfen lassen sich in den jeweiligen App-Stores von Google und Apple herunterladen.
Unter Seglern genießen Apples iPads den wohl besten Ruf. Der Grund: eine breite Masse an hochwertigen Apps, zeitloses Design und Haltbarkeit. Doch die Zeiten, als es das iPad nur in einer Ausführung gab, sind längst vorbei. Mittlerweile hat das iPad viele Kinder bekommen – mit variablen Speicherkapazitäten und Extras. Die Namen: "Pro", "Air" und "Mini". Für Segler kommt das kleinste Modell "Mini" wegen seiner Bildschirmgröße eher nicht in Betracht, um einen Plotter zu ersetzen: Das Display ist nur fünf Zentimeter größer als das eines iPhone 6 Plus.
Spannend bleibt der Vergleich von iPad Pro (33 cm Displaydiagonale) und iPad Air (25 cm Diagonale).
Unser Eindruck: Das Ende 2015 erschienene iPad Pro ist mit seinen Abmessungen tatsächlich eine imposante Erscheinung – ein ganz schöner Brocken, wenn man es in der Hand hält. Mit 713 Gramm ohne Hülle ist es gut anderthalbmal so schwer wie das iPad Air mit 437 Gramm. Die Größe macht es sperrig, für so manche Steuersäule dürfte es zu groß sein. Das große Display fordert bisweilen seinen Tribut – sogar an der 12-V-Steckdose sinkt bei laufender Navi-App der Akkustand. Was das iPad Pro trotzdem zu einem wertigen Begleiter auf See macht, erfahren Sie in unserem iPad Pro Spezial.
Grundsätzlich kommen neben den iPads mit iOS und GPS (Cellular) auch Android- Geräte infrage. Bei unserem App-Test 2017 verglichen wir das neueste iPad (128 GB Speicher) mit dem Samsung Galaxy Tab S3 LTE sowie mit dem Galaxy Tab A LTE. Auf allen drei Tablets laufen die Apps flüssig. Deutliche Unterscheide gibt es zum beispiel bei der Lesbarkeit der Displays. Die Preise reichen von 300 (Tab A) bis circa 600 Euro (iPad/ Samsung Galaxy Tab S3).
Doch die Auswahl ist noch viel größer. Unzählige Hersteller bieten diverse Größen und Features. Sonys Xperia Z4 etwa punktet mit Wasserdichtigkeit (wenngleich vom Hersteller nur für Süßwasser garantiert). Generell lassen sich aufgrund der Menge an verfügbaren Android-Tablets nur schwer Aussagen über die Eignung als Bordgerät treffen, zu unterschiedlich sind die Hardware-Voraussetzungen. Bei den von uns in der Vergangenheit getesteten Modellen gab es allerdings weder an der Hard- noch an der Software etwas zu beanstanden. Entscheidender war stets die Auswahl an Apps.
Beim letzten YACHT-Test hatten die iOS-basierten Apps noch klar die Nase vorn. Die Entwickler hatten ihre Programme meist zuerst für die Apple-Versionen erstellt, sodass diese fast durchgängig mehr Features hatten und stabiler liefen. Mittlerweile ist der Vorsprung der iOS- Navigations-Apps immer weiter geschmolzen. Ganz neu ist beispielsweise die sehr gute Android- basierte App von iSailor. Navionics hat inzwischen eben-
falls viele Features auch in der Android-Version umgesetzt, die beim letzten Test noch den iOS-Geräten vorbehalten waren. Nichtsdestotrotz konzipieren viele App-Entwickler neue Features weiterhin zuerst für die Apple-Geräte, da die dann nicht auf so vielen unterschiedlichen Tablets getestet werden müssen wie bei Android – die große Auswahl an Hardware bleibt Fluch und Segen des Google-Systems. Von Stabilitäts-Problemen wird meist von den weniger bekannten Tablet-Herstellern berichtet. Samsung indes gilt als das Apple-Pendant der Android- Welt, fast alle Apps werden darauf getestet – die Marke ist damit im Zweifelsfall also eine gute Wahl
Wir haben neun Navi-Apps auf Herz und Nieren getestet und dabei festgestellt: Der Vorsprung für den "weltweiten Marktführer" (Angabe des Produzenten) Navionics wird immer dünner. Nicht nur namhafte (Papier-) Kartenhersteller drängen auf den Markt, auch Nischenanbieter erweitern das Angebot mit nützlichen Extras. Einige Apps korrespondieren beispielsweise mit der vorhandenen Bord-Elektronik (z.B. Time Zero und iSailor), andere bieten Wetter-Erweiterungen.
Einige Apps, wie Navionics, Plan2Nav und Garmins Bluechart, setzen zusätzlich auf Informationen, die die Nutzer selbst in die App integrieren können. Dazu zählen etwa Angaben über Restaurants, den Service und Einkaufsmöglichkeiten vor Ort. Die sind teils sehr nützlich, wenngleich nicht verifiziert. Die Ergebnisse aus unserem App-Test.
Die Preise machen die Wahl der passenden App noch schwieriger. Häufig ist nur der Download des Programms kostenlos, für die Seekarten rufen manche Hersteller Preise ähnlich denen für Plotter-Karten auf. Manchmal sind sind die Reviere kompakt gefasst und dafür günstig (Seapilot, Deutschland: 25€), während anderswo ganze Meere abgebildet werden (Garmin, Ostsee-Komplett: 130€). Hier sollte der spätere Bedarf gleich zu Beginn ungefähr kalkuliert werden.
Mit dem Kauf des Tablets wird gleichzeitig eine neue Sorge mitgeliefert: Wie schützt man das teure Stück am besten vor Wasser und salziger Seeluft, ohne dabei die Funktionalität einzuschränken?
Wer sich für die Navigation mit Tablet entscheidet, muss als Erstes entscheiden, ob ihm wasserdichtes Laden wichtig ist – denn das ist mit bei wenigen Schutzhüllen möglich.
Und auch der Bedienkomfort aller Tasten bleibt je nach Produkt nicht immer erhalten. Wer bereits eine Halterung hat, sollte vorher prüfen, ob das Gerät auch mit Schutzhülle noch passt. Wir haben elf Hüllen und Gehäuse getestet.
Die Testsieger:Besonders positiv fielen die Gehäuse "Lifedge" und "Lifeproof Nüüd" (Bild) auf. Beide bieten perfekten Schutz und schränken die Funktionalität des Geräts nicht ein. Sie sind jedoch nur für das iPad erhältlich. Das Lifedge kommt mit einem praktischen Handgriff, beim Lifeproof lässt sich eine Standhilfe ausklappen. Beide Modelle kosten etwa 129 Euro.
Das Fazit: Für fast jeden Geldbeutel findet sich eine Lösung, die Wasserdichtigkeit war bei keinem Modell ein Problem. Die Preis-Leistungs-Sieger sind ohne Frage die Folien-Hüllen, allerdings sind hier gleichzeitig die Beeinträchtigungen beim Bedienen des Displays am größten. Die festen Gehäuse versprechen dagegen gleichzeitig Stoß- und Sturzsicherheit. Zum vollständigen Testbericht.