Im Markt der Navigations-Apps ist seit einigen Jahren viel Bewegung. Auf der einen Seite entwickeln große Marine-Konzerne Applikationen weiter, die sie aufgekauft haben, auf der anderen Seite mischen immer wieder interessante Startups wie gerade das norwegische Orca die Branche auf.
Seit einigen Jahren spielt auch Nobeltec/Maxsea in diesem Markt mit seiner App TZ iBoat mit. Einst als Rasterkarten-Version gestartet, hat sie mehrere große Entwicklungssprünge gemacht, gefiel schon 2020 beim letzten App-Vergleichstest der YACHT und hatte zu Marktführer Navionics enorm aufgeholt. Mit der Version 3 wurde nun ein sehr umfangreiches Update ausgerollt. Und endlich ist das Programm, das zuvor nur auf dem iPad lief, auch für iPhones geeignet. Davor konnten Käufer die App nicht auf beiden Geräten gleichzeitig nutzen. Nur Android-Anhänger gehen weiter leer aus, bislang gibt es keine Version für Tablet und Smartphone.
Ein Schwerpunkt bei der Neuauflage der App war eine sehr starke Individualisierbarkeit des Kartenbildes für den Nutzer. Neu kann man nun zwischen acht grundlegenden Farbschemen wählen, die vorhandenen Papier- und Digitalkarten nachempfunden sind. So lassen sich englische, französische, amerikanische, S52- oder auch Digitalkarten im Stil von Navionics voreinstellen. Dazu kann der User dann noch reichlich individualisieren: Tiefenbereiche, Seezeichen und Einträge größenverstellbar, optisch gelungene Satelliten-Overlays, Länge und Dämpfung des Cursors, Tidenangaben. Möglich ist auch, zwischen den neuen Vektor- und den alten Rasterkarten zu wechseln.
Optische Spielereien, die manchmal sehr hilfreich sein können, sind ebenfalls dabei, wie detaillierte Tiefenkarten, die bei Ankerbucht-Suche hilfreich sein können.
Das größte Plus ist ein neues, sehr umfangreiches Wetter- und Strom-Modell. Wetterdaten von fünf unterschiedlichen Quellen sind abrufbar.
Während eines mehrwöchigen Sommertörns erwiesen sich die Daten als sehr gut, denn neben dem üblichen US-Modell GFS stehen auch die europäischen Versionen ICON und das feiner auflösende ICON-EU sowie die französischen Modelle Arome und Arpege zur Verfügung. Die Vorhersage kann als animierte farbige Partikel im Stil von Windy, mit Windpfeilen oder in 15 Knoten dargestellt werden und reicht bis zu Fünf-Tages-Vorhersagen. Dazu können Stromdaten abgerufen werden, ebenfalls nach drei Modellen. Der Service lässt kaum Wünsche offen, ist allerdings nicht billig: Wetterdaten kosten 9,90 Euro pro Monat, im Vergleich zum 29-Euro-Jahresabo von Windy, das sogar Strecken-Routing bietet, kein Schnäppchen. Aber man kann monatlich kündigen. Dafür sind die Wind-Darstellungen in der Karte optisch gut gelungen, und sie werden für ein weiteres neues Feature genutzt : Dynamic Mooring.
Ist dieses aktiviert, werden in der Seekarte Ankerbuchten mit einem aktuellen Icon versehen, an dem die vorherrschenden Windrichtungen in Form von Windpfeilen angefügt sind. Dann lässt sich die Dauer des geplanten Stopps eingeben, und so berücksichtigt das Programm mögliche Winddreher und stellt den Schutz der Bucht dann entweder als Grün (gut geeignet), Orange (leichter Schwell) bis Rot (nicht empfehlenswert) dar. Für noch unerfahrene Crews vielleicht eine gute Funktion. Dazu kann dann gleich ein Ankeralarm eingestellt werden, der jetzt auch eine Warn-SMS auf ein Handy sendet, wenn man das Tablet an Bord lässt und es über eine Sim-Karte verfügt. Das funktioniert nicht nur mit Schwoikreis ums Boot, man kann auch die Peilung des Ankers und die Kettenlänge eingeben.
Überhaupt lassen sich sehr viele Alarme programmieren: Tiefe, Routen-Kursabweichungen, verlorenes GPS-Fix, Batteriewarnung und, wenn AIS oder Bordgeräte gekoppelt sind, zudem Annäherungs- oder Tiefenalarme. Erfreulich ist auch, dass die App nun eine MOB-Funktion hat, die allerdings nicht offensichtlich auf dem Display als Feld zu sehen ist : Wer das Display eine Sekunde lang mit zwei Fingern berührt, aktiviert die MOB-Funktion, die den Ort markiert und auch gleich Peilung und Distanz zum Treibenden angibt.
Zur Anbindung vorhandener Bordelektronik : Haben die eigenen Bordgeräte NMEA-Standard und stellen diesen per W-Lan zur Verfügung, kann TZ iBoat Tiefe, Winddaten und vor allem auch AIS- und Radar-Signale optisch darstellen, und es lassen sich entsprechende Annäherungs-Alarme einstellen. Das klappte im Test problemlos, Radar konnten wir nicht testen, da dies nur mit einem Modell von Furuno, dem DRS4W, möglich ist. AIS- und Radarfunktion kosten einmalig 9,99 beziehungsweise 49,90 Euro.
Apropos Preise: Die Kartensätze werden als Jahres-Abo erworben, der Satz für die meisten Ostsee-Segler dürfte „Skagerrak und Kattegat“ sein und umfasst die Küsten von Deutschland, Dänemark, Schweden und Südnorwegen für 92,99 Euro. Mittelmeer-Sätze sind günstiger, 40,99 Euro für das westliches oder zentrale Mittelmeer. Gut : App und Karten können User sieben Tage lang gratis testen! Wer sie danach nicht aktiv kündigt, verlängert um ein Jahr.
Dazu: klares Erscheinungsbild, keine Abstürze trotz Nutzung auf einem alten iPad von 2018. Die aufgezeichneten Tracks werden statistisch mit Tabellen und Grafiken aufbereitet, sind in verschiedene Dateiformate übertragbar. Es gibt einen guten Dämmerungs- und Nacht-Modus, man kann Fotos und Logbuch-Einträge machen und mit Freunden teilen. Eine Schwachstelle waren die Satellitenbild-Overlays, die teils veraltet sind. Beim Hafen von Lyø beispielsweise war die Hafenerweiterung von 2019 zwar in der Karte zu sehen, aber das Foto war veraltet. Generell sind die Hafeninfos dünn, wer Informationen über Service, Hafenmeister und anderes in der Navi-App haben möchte, findet kaum etwas.
Bleibt die Frage, wie dicht TZ iBoat am Marktführer Navionics liegt. Fakt ist : TZ iBoat ist deutlich umfangreicher, hat mehr Features, entwickelt sich seit Jahren konsequent weiter und ist damit eine echte Alternative geworden.