PraxisDas Segelboot als Tauchstation nutzen

Strauch Morten

 · 04.07.2025

Geheimnisvoll und magisch zugleich: Ein Gerätetaucher schwebt langsam unter einer Segelyacht hindurch.
Foto: Getty Images/Paul Cowell
Nach dem Tagestörn ist vor dem Tauchen. Ob zur Pflege des Unterwasserschiffs oder nur zum Spaß, tauchen fasziniert. Inspirationen und Praxistipps für das gelungene Unterwassererlebnis.

Viele Segler sind schon einmal unter ihr Boot getaucht, um das Unterwasserschiff zu säubern oder um eine gefangene Leine vom Propeller zu schneiden. Oft geschieht das mit einem mulmigen Gefühl und mangels Luft auch unter Zeitdruck. Kaltes Wasser, Unbehagen, Herzrasen. Schön, wenn man wieder an Bord ist!


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Dabei ist die Unterwasserwelt faszinierend und voller Geheimnisse. Unzählige Schiffe und Schätze liegen auf den Meeresgründen, umgeben von Korallen und Meeresbewohnern in allen Größen, Formen und Farben. Für den Menschen mag die nasse Tiefe zwar ähnlich bedrohlich wie das endlose All wirken, doch wer einmal in den Genuss des Schwebens gekommen ist, den lässt dieses Erlebnis nicht mehr los.

Mit der richtigen Technik und Ausrüstung kann das Boot der ideale Ausgangspunkt sein, um gekonnt abzutauchen. Ist die mitunter sperrige und schwere Ausrüstung erst einmal an Bord, lässt sie sich bequem zu jedem Ankerplatz verholen. Gerade bei Flaute und sengender Hitze ist ein Tauchgang ein erfrischender Perspektivwechsel.

Gerätetauchen (Scuba)

Bei dieser Tauchart wird ein Drucklufttauchgerät verwendet, um mit Atemluft versorgt zu bleiben. Diese künstliche Luftzufuhr ermöglicht Tauchgänge, die mehrere Stunden dauern können. In der auf dem Rücken befestigten Stahlflasche wird üblicherweise Druckluft verwendet, aber auch andere Gemische wie Nitrox kommen zum Einsatz.

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Mit einer luftgefüllten Tarierweste kann der Taucher durch Einblasen oder Ausblasen seinen Auftrieb regulieren und sich im dreidimensionalen Raum des Wassers positionieren. Gerätetauchen wird als Hobby oder beruflich in unterschiedlichen Bereichen ausgeübt. Beim Tauchen von der Yacht gibt es, einen Schein wie den Open Water Diver vom Ausbilderverband PADI vorausgesetzt, ein paar wesentliche Dinge zu beachten. Zum einen müssen die schweren Flaschen sicher verstaut werden. Sie sollten daher liegend gelagert und mit Gurten gesichert werden, sodass sie auf dem schwankenden Boot nicht ins Rollen kommen, um Verletzungen und Bruch auszuschließen. Hierfür bieten sich die Backskiste und ein maßgefertigtes Holzgestell an, ähnlich wie bei der Lagerung von Weinflaschen. Das Ventil an der Flasche kann zusätzlich mit einem Schutzbügel oder einer selbst gebastelten Kappe geschützt werden.

Sicherheit und Organisation beim Tauchen von einer Yacht

Ins Wasser zu kommen, stellt kein großes Problem dar. Vom Dingi mit der Rolle rückwärts oder von der Yacht mit einem großen Schritt von Bord weg. Badeleiter ausbringen nicht vergessen! Schwieriger wird es, mit der schweren Ausrüstung und Flossen wieder an Bord zu kommen. Flossen im Wasser ausziehen, ums Handgelenk hängen und dann hoch die Leiter. Eventuell auch die Tarierjacke mit Flasche abnehmen und hochreichen. Grundsätzlich gilt die eiserne Taucherregel, niemals allein und immer in Sichtkontakt zueinander auf Tiefe zu gehen.

Yachtfotograf und Berufstaucher Klaus Andrews: „Um das Schiff zu inspizieren, braucht es keine Scuba-Ausrüstung. Das Risiko, mit der Flasche dabei das Gelcoat zu verunstalten, ist nicht klein. Auch das Tauchen in der Ostsee ist für Hobbytaucher eher sinnlos, da das Wasser kalt ist und oft schlechte Sichtverhältnisse herrschen. Viele Fische gibt es auch nicht mehr zu sehen. Im Mittelmeer oder in tropischen Gewässern ist das ein anderer Schnack: Das Wasser ist wärmer und klarer, und es gibt viel mehr Leben zu beobachten.“

Für eine komplette Tauchausrüstung inklusive Neopren, Tauchcomputer oder gar einen Kompressor kommen schnell einige Tausend Euro zusammen. Alternativ können die meisten Ausrüstungsgegenstände auch in Tauchschulen gemietet werden, die es weltweit überall gibt.

Preislich und logistisch gesehen, ist das Gerätetauchen die herausforderndste Art, tauchen zu gehen. Lohnt sich nur in einem Top-Revier – bietet dafür aber mit Abstand das längste Tauchvergnügen.

Freitauchen (Apnoe)

Beim Apnoetauchen geht es darum, so lange wie möglich mit nur einem Atemzug unter Wasser zu bleiben. Die Wurzeln des Freitauchens sind tief in der Menschheitsgeschichte verankert, war es doch sehr lange die einzige Möglichkeit, an begehrte Muscheln, Schwämme oder Perlen zu kommen.

Heute stellt die größte Verbreitungsform das Speerfischen dar, wobei Apnoe oft mit irrwitzigen Rekordversuchen von Extremsportlern in Verbindung gebracht wird. Doch auch für Segler bietet das Beherrschen dieser ursprünglichen Tauchtechnik mehrere Vorteile. Getaucht werden kann überall zu jeder Zeit, um beispielsweise den Anker zu klarieren oder den Antrieb von lästigem Beifang zu befreien. Dafür braucht es keine kostspielige Ausrüstung, sondern nur Maske, Schnorchel, Flossen und gegebenenfalls Gewichte sowie einen Tauchcomputer.

Auch in Notsituationen unter Wasser sorgt die erworbene Fähigkeit für ruhiges Handeln statt Panik, fördert überlegte Entscheidungen und erhöht so die Überlebenschancen. Das Beste: Da keine Pressluft eingeatmet wird, muss sich keine Sorgen um Dekompression gemacht werden.

Vorteile und Techniken des Apnoetauchens

Doch welche Personen eignen sich überhaupt dazu? Dazu Ausbilder Alexis Girard: „Ausnahmslos jeder Mensch besitzt von Natur aus die Fähigkeit, Luft weitaus länger anzuhalten, als er vermuten würde. Der einzige Grund, warum sich damit schwergetan wird, ist der steigende Stresslevel unter Wasser, der den Atemreflex auslöst und den Taucher veranlasst, schnellstmöglich wieder aufzutauchen. Die erste Technik, die daher gelehrt wird, ist, sich zu entspannen. Alles dreht sich darum, denn unter Stress lässt sich nicht tauchen.“

Im zweiten Schritt wird der Atemdrang kontrolliert. Plötzliche Zwerchfellkontraktionen signalisieren Sauerstoffmangel und fühlen sich wie Schläge in die Magengrube an. Diese Krämpfe erhöhen den Blutfluss zum Herzen und sind bei Sauerstoffmangel sogar hilfreich. Trotzdem kann es zu Blackouts kommen, weshalb nie allein getaucht werden sollte.

„Gerätetauchen ist ein Sport mit dem Blick nach draußen, um die Unterwasserflora und -fauna zu entdecken. Beim Freitauchen schauen die Taucher mehr in das innere Ich, um dabei vollständig in den Moment einzutauchen – ähnlich wie bei einer Meditation“, beschreibt Girard den wesentlichen Unterschied der beiden Taucharten.

Der Lernfortschritt beim Apnoe-Training gilt als sehr schnell, denn bereits nach dem dreitägigen Basiskurs gelingt es den meisten, die Luft deutlich länger anzuhalten.

Tiefschnorchelgerät

Pionier dieses speziell für Bootsfahrer konzipierten Tauchsystems ist der Schwabe Rainer Michelbach. 1997 wurde der Prototyp des Tiefschnorchelgeräts Freediver beim Germanischen Lloyd vorgestellt und seitdem beständig weiterentwickelt. Das Prinzip: Ein Kompressor an der Oberfläche saugt Umgebungsluft durch ein Ventil an, verdichtet diese und pumpt sie durch einen Schlauch zum Mundstück des Tauchers. Das geht so lange, wie die Batterie des Kompressors hält. Je nach Tauchtiefe und Akkukapazität sind das zwischen 30 und 70 Minuten.

Der Kompressor kann entweder an Bord mit einer Bordbatterie verbunden werden oder im eigenen Akkubetrieb auf einem aufblasbaren Rettungsring dem Taucher folgen. Crews sind in der Lage, sich in aller Ruhe selbst zu helfen. Etwa bei kleinen Reparaturarbeiten. Aufgrund der kompakten Packgröße ist das System bei Langfahrtseglern recht populär und wurde insgesamt zwischen 2.500 und 3.000-mal verkauft. Je nach Druckeinstellung sind bis zu 14 Meter Tauchtiefe möglich. Da es sich wie beim Scuba um komprimierte Luft handelt, sollte bei Tauchtiefen ab sechs Metern auf das langsame Auftauchen geachtet werden. Als Faustregel gilt: Nicht schneller, als die eigenen Luftblasen aufsteigen. Oder nicht mehr als zehn Meter pro Minute.

Mini-Flaschen zum Tauchen

Für kurze Tauchgänge in geringen Tiefen finden sich seit einigen Jahren mehrere Mini-Flaschen-Modelle auf dem Markt. Die Mini Dive Air etwa ist eine 0,5-Liter-Aluminiumflasche mit 200 bar und einem Atemregler inklusive Mundstück direkt an der Flasche. Laut Hersteller ermöglicht dieses Modell fünf bis zehn Minuten Tauchzeit. Mit einem 15-minütigen Handpumpen-Work-out lässt sich die Flasche manuell wieder füllen. Bei diesen Systemen ist jedoch größte Vorsicht geboten, da die Gefahr der Überschätzung von Technik und eigenem Können groß ist. Gerät der ungeübte Taucher in die kleinste kritische Situation, wird unter Stress weit mehr Atemluft verbraucht, womit die Flasche sofort leer wäre. Genauso verhält es sich bereits in etwas höherer Tauchtiefe.

Dekompressionskrankheit (DCS)

Die Taucherkrankheit entsteht durch unzureichende Dekompression nach erhöhtem Umgebungsdruck. Beim Tauchen nimmt der Körper Stickstoff auf, der beim Aufstieg wieder freigesetzt wird. Bei zu schneller Dekompression entstehen Blasen im Gewebe, die Gehirn, Lunge und andere Körperteile schädigen können.

Es gibt zwei Arten von DCS: eine milde, meist leicht behandelbare Form und eine schwere, die langfristige Komplikationen verursacht. Typ 1 zeigt Symptome wie juckende Haut und Kribbeln, während Typ 2 Lähmungen, Bewusstlosigkeit und Beeinträchtigungen höherer Gehirnfunktionen verursachen kann. Bei DCS-Symptomen, ob leicht oder schwer, muss der Taucher sofort das Wasser verlassen und reinen Sauerstoff erhalten. Schwere Symptome erfordern eine Sauerstoffkammer.

Sicherheitsstopps verlangsamen das Auftauchen, um die Stickstoffsättigung zu senken. Tiefe und Dauer der Stopps hängen von der Tauchtiefe, der Grundzeit (Zeitspanne vom Abtauchen bis zum Start des Auftauchens) und der Restsättigung aus früheren Tauchgängen ab. Die Zahlen werden mit einer Dekompressionstabelle oder einem Tauchcomputer ermittelt. Wer nicht tiefer als zehn Meter taucht, setzt sich nicht der Gefahr von DCS aus, wobei PADI empfiehlt, beim Auftauchen generell einen Sicherheitsstopp in einer Tiefe von drei Metern einzulegen.

Angst vor Haien

Bleibt noch die Urangst vor der Begegnung mit einem größeren Hai. Auch wenn Taucher extrem selten angegriffen werden, hat Tauchexperte Alexis Girard wertvolle Tipps zur Verhaltensweise bei einem Zusammentreffen: Rundumblick bewahren, denn die Räuber attackieren gerne von hinten.

Sollte ein Hai zu neugierig werden, empfiehlt der Franzose direkten Augenkontakt und eine vertikale Ausrichtung im Wasser. Dabei Ruhe bewahren, auch wenn es naturgemäß schwerfällt. In den meisten Fällen reiche das jedoch bereits aus, um dem Tier zu signalisieren, dass man nicht ins Beuteschema passt. Eventuell mit der Harpune erlegte Fische abwerfen. Ansonsten langsames Auftauchen und mit den Flossen den Hai auf Abstand halten. Selfie nicht vergessen!

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