FurlerCode Zero und Gennaker komfortabel elektrisch rollen

Hauke Schmidt

 · 14.11.2024

Die mobile NEXe-Furler ersetzt die Endlostrommel, Stag und Segel bleiben unverändert
Foto: Hersteller
Genua und Groß lassen sich längst per Knopfdruck wickeln. Für Raumwindsegel ist die Technik relativ neu, aber vielversprechend

Ein Zug an der Schot, schwupp – schon steht der Code Zero. Einen Knopfdruck später und – zack – ist er wieder eingerollt. Diesen Ablauf versprechen die elektrischen Rollanlagen der CXe-Serie von Seldén. Sie werden anstelle der Endlostrommel montiert und treiben das Stag mit bis zu 500 Umdrehungen pro Minute an.

Damit lässt sich der Code Zero einer 40-Fuß-Yacht per Knopfdruck in weniger als zehn Sekunden aufrollen. Und das ganz ohne eine über Deck laufende Furling-Leine. Manöver mit manuellen Rollanlagen für Code Zero oder Gennaker sehen oft anders aus. Während das Setzen genauso schnell gelingt, wird das Bergen oder besser Aufrollen mitunter schweißtreibend.

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Um das Tuch um das relativ dünne Torsionsstag zu wickeln, sind sehr viele Umdrehungen nötig, sprich, es müssen viele Meter Reffleine durchgeholt werden. Hinzu kommt, dass es ein textiles Seil und kein starres Aluminiumprofil ist. Je nach Güte des Stags und Zug auf dem Fall benötigt es eine gewisse Vorspannung, bevor das Segel gleichmäßig eingerollt wird.

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Wer einem motorisierten Furler einmal in Aktion erlebt hat, fragt sich, warum die Technik nicht viel verbreiteter ist. Derzeit bieten lediglich Facnor, Profurl und Seldén solche Systeme an, wobei Facnor und Profurl zum Wichard-Konzern gehören und die Anlagen sich technisch stark ähneln, siehe Einzelvorstellungen. Nachteil aller verfügbaren Anlagen sind die Kosten. Die Einstiegsgrößen aller drei Anbieter liegen bei Segelflächen von 115 bis 150 Quadratmeter, was Gennakern auf Yachten jenseits der 40 Fuß entspricht.

Für die Furler müssen zwischen 4.000 und 5.800 Euro angelegt werden. Zum Vergleich: Eine manuelle Endlosrollanlage gleicher Größe ist je nach Hersteller für 1.600 bis 2.600 Euro zu haben.

Unterschiede aufgerollte Segel zu fixieren

In der nötigen Elektro-Infrastruktur gibt es deutliche Unterschiede, das wirkt sich auf die Kosten aus. Elektrofurler benötigen Verkabelung und Steuereinheiten, die sich je nach Modell und eingesetzter Technik deutlich unterscheiden. Facnor und Profurl nutzen relativ konservative Technik und können direkt aus dem Bordnetz versorgt werden. Die nötige Zusatzinstallation ähnelt der einer Ankerwinde, wobei die Leistungsaufnahme mit 400 beziehungsweise 800 Watt noch überschaubar ist. Ein weiterer Akku im Bug ist daher nicht unbedingt erforderlich. Pro Rollvorgang sollten die Systeme nicht mehr als eine Amperestunde verbrauchen.

Anders bei Seldén. Die Schweden nutzen ihre aus den Elektrowinschen bekannten bürstenlosen Motoren und das SEL-Bus-System. Es erhöht die Bordnetzspannung intern auf 42 Volt und kann damit wesentlich höhere Leistungen verkraften, ohne dass dicke Kupferstränge verlegt werden müssen.

Seldéns Antriebe arbeiten mit 1.000 Watt und sollen nach Herstellerangabe für jeden Rollvorgang nur 0,13 Amperestunden benötigen. Das System ist also wesentlich effizienter. Gleichzeitig wickeln die Schweden etwa sechsmal so schnell, wodurch das Segel kürzer killt. Kehrseite der Medaille: Wenn der SEL-Bus nicht schon vorhanden ist, um andere Seldén-Komponenten zu steuern, wird der Umstieg auf einen elektrischen Gennakerfurler extrateuer, denn es müssen etwa 1.400 Euro für das Starterpaket und die Kontrolleinheit zusätzlich investiert werden. Facnor und Profurl liefern die nötige Elektro-Grundausstattung mit.

Ein weiterer Unterschied zwischen den Systemen betrifft die Getriebe und deren Vermögen, das aufgerollte Segel zu fixieren. Keine der Anlagen ist dafür gedacht zu reffen, sprich mit einem teilweise eingewickelten Code oder Gennaker zu segeln. Trotzdem sollte sich das Tuch nicht aus Versehen entrollen, wenn das Segel schon im Hafen gesetzt wird oder aufgerollt eine Weile stehen bleiben soll.

Facnor und Profurl geben das Tuch nur frei, wenn der Motor rückwärts läuft. Seldéns System besitzt deutlich weniger interne Reibung und kann sich daher leichter von selbst ausrollen, wenn der am Segel übliche Klettverschluss nicht hält. Seldén empfiehlt daher, das Stag im Hafen oder bei längeren Seepassagen zu blockieren.

Top-Down-Furler

Standardmäßig sind alle Anlagen für das konventionelle Aufrollen der Segels von unten nach oben ausgelegt, wie es bei Code Zeros üblich ist. Gennaker können mit diesem System nur eingerollt werden, wenn sie ein ins Luvliek eingezogenes Stag oder ähnliche Versteifungen besitzen. Profurl und Seldén bieten als Zubehör auch Umrüstsätze, um die Anlagen als Top-Down-Furler zu nutzen. Dabei wird das Segel – wie der Name schon sagt – von oben beginnend eingerollt, da es dort voluminöser ist. Erst mit den letzten Umdrehungen wird der untere und hintere Teil des Tuchs eingesammelt.

Vorteil dieser Anlagen: Das Vorliek des Gennakers ist nicht auf voller Länge mit dem Stag verbunden und kann besser nach Luv rotieren, außerdem kann der Kopfwinkel und damit das Segel insgesamt größer ausfallen.

Seldéns Top-Down-System besteht aus einem mitdrehenden Kopfbeschlag und einem zusätzlichen Halswirbel. Profurl verwendet das von den manuellen Anlagen bekannte Spinex-System. Dabei wird das Antitorsions-Stag auf ganzer Länge mit gerippten Kunststoffkugeln bestückt, sie vergrößern den Durchmesser des Kabels deutlich. Das erhöht die Wickelgeschwindigkeit da es beim Furlen mehr Tuch wegschafft. Außerdem trennen die Kugeln die Anlage und das Segel und verhindern so den gefürchteten Backspin beziehungsweise das dabei übliche Vertörnen des Segels. Allerdings lässt sich das mit Kugeln bestückte Stag auch schlechter stauen und das Gewicht der Anlage nimmt ebenfalls weiter zu.

Drei Hersteller, sechs Systeme im Detail

Facnor IB-FXE & FXE

Im Rüssel, speziell für Fahrtenkats: Der IB-FXE wird als Aluminiumrüssel zum Nachrüsten geliefert und ist für Segelflächen zwischen 140 von 240 Quadratmeter gedacht. Die kleine Version wickelt mit 85, die große mit 110 Umdrehungen pro Minute
Foto: Hersteller

Die beiden französischen Marken Facnor und Profurl gehören seit 2013 zum Wichard-Konzern und teilen sich die Entwicklungen, daher sind sich die Produkte auch sehr ähnlich und technisch weitestgehend identisch. Die elektrischen Rollanlagen sind für Code Zeros und Gennaker mit eingenähtem Stag geeignet. Top-Down-Furling ist nicht vorgesehen. Die Preise für die mobilen Varianten FXE 4500 und FXE 7000 liegen je nach Modell zwischen 5800 und 8300 Euro. Wer schon eine manuelle Facnor-Anlage besitzt kann den Topwirbel weiter nutzen und zum etwa 750 Euro günstigeren Umrüstkit greifen. Ob das alte Segel und Stag weiterverwendet werden kann, hängt von den Gegebenheiten an Bord ab. Die Antriebseinheit baut etwa fünf Zentimeter höher als ein manueller Furler.

Profurl NEXe light & NEXe

Kompakt: Die NEXe-light-Furler gibt es nur als 12-Volt-Ausführung, sie sind für Gennaker bis 140 Quadratmeter und Code Zeros bis 200 Quadratmeter gedacht. Schaltbox und Steckverbindung gehören zum Lieferumfang
Foto: Hersteller

Die NEXe-Serie umfasst zwei elektrische Rollanlagen für Code Zeros und Gennaker mit eingenähtem Stag oder lasttragenden Faserbündeln. Um sie als Top-Down-Furler zu nutzen, kann der von der manuellen Anlage bekannte Spinkit verwendet werden. Die Preise liegen zwischen 5.900 und knapp 11.000 Euro. Wer schon eine manuelle Anlage besitzt, kann den Topwirbel weiter nutzen und zum etwa 800 Euro günstigeren Umrüstkit greifen. Ob das alte Segel und Stag weiterverwendet werden können, hängt von den Gegebenheiten an Bord ab. Die Antriebseinheit baut etwa sieben Zentimeter länger als ein manueller Furler der NEX-Serie. Profurl gehört wie Facnor zu Wichard, daher ähneln sich die Produkte sehr und sind auch technisch weitestgehend identisch.

Seldén CXe 25 & 45

Elegant eingebaut: Bei der TD-Version sitzt der Antrieb unter Deck. Das Segel wird samt Torsionstag mit einem Quickout-Pin angeschlagen. Bisher fehlt den Antrieben eine Rücklaufsperre, daher sollte das eingerollte Segel gesichert werden
Foto: Hersteller

Die Schweden bieten zwei unterschiedliche Größen für Segelflächen bis 115 beziehungsweise 200 Quadratmeter an. Beide Modelle sind als Einbauvarianten (TD) oder als mobile Version (OD) zu haben. Die Furler arbeiten mit dem Seldén eigenen Bussystem, dessen Systemspannung bei 42 Volt liegt, dadurch sind die Kabelquerschnitte sehr gering, außerdem arbeiten die bürstenlosen Motoren in zwei Geschwindigkeitsstufen und können die Segel etwa sechsmal so schnell aufwickeln wie die Antriebe von Facnor und Profurl. Das kleinste Modell kostet etwa 3.700 Euro. Für die Ansteuerung ist eine Grundausstattung mit dem SEL-Bus nötig, daher summieren sich die Anschaffungskosten auf rund 6.080 Euro. Mit dem optionalen Halswirbel sind die Anlagen auch als Top-Down-Furler nutzbar.

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