AusrüstungAcht Segelmesser im Test – welche Klinge schneidet am besten ab?

Michael Rinck

 · 26.10.2024

Der Trend geht zum Zweitmesser: Klingen bedienen unterschiedliche Ansprüche, eins reicht manchmal nicht
Foto: YACHT/Jozef Kubica
Zum täglichen Gebrauch geklappt in der Tasche, für Spleißarbeiten im Werkzeugkasten oder für den Notfall immer griffbereit im Cockpit: Wir haben Segelmesser für alle Fälle getestet

Ein Brötchen bekommt man mit jedem Schneidwerkzeug irgendwie in zwei Teile, Segelmesser sollen an Bord aber deutlich mehr leisten, Tauwerk ablängen beispielsweise. Dabei zeigen sich dann schon Unterschiede. Je nach Material der Leine kann das Ergebnis so oder so ausfallen: Wenn es lange dauert und die Leine danach vollkommen ausgefranst ist, wäre es an der Zeit nachzuschleifen – oder über die Anschaffung eines anderen Messers nachzudenken.

Das Testfeld für die Segelmesser

Für den Test haben wir sehr unterschied­liche und viele neue Segelmesser versammelt: Vom Taschenmesser mit klappbarer Klinge über Matrosenmesser speziell für Tauwerksarbeiten, ein extra für Spleißarbeiten vorgesehenes Exemplar bis hin zu Notfallmessern ist alles dabei. Unter den Taschenmessern finden sich zwei Modelle von Mac, das Boat2 und das B91/5, das Wichard Offshore und das Pacific Salt 2 von Spyderco. Ein Matrosenmesser ist ver­treten, das Mac Nostromo. Es hat auf der Hälfte der Klinge einen zackigen Wellenschliff, der es auch als Notfallmesser prädestiniert. Das D-Ceramic C20 von D-Splicer ist speziell für Tauwerksarbeiten vorgesehen und hat, wie der Name schon sagt, eine Klinge aus Keramik. Das Notfallmesser von Wi­chard und das Rescue Knife runden die Auswahl ab.

Material, Klinge und Schliff der Segelmesser

Die Unterschiede im Einsatzgebiet der Segelmesser zeigen sich auch in der Erscheinung der Messer: Die Klingen sind klappbar oder stehen fest, es kommen verschiedene Materialien zum Einsatz, und von glatt über gewellt bis gezackt sind verschiedene Schliffe vertreten. Eine Sonderrolle nimmt das Messer von D-Splicer ein – die Keramikklinge ist extrem scharf, die schärfste im Test. Dank der überragenden Härte des Materials steht auch zu erwarten, dass das lange so bleibt – wenn die Klinge nicht vorher bricht. Das Material ist im Vergleich zu Stahl recht spröde und kann bersten, etwa wenn das Messer auf harten Boden fällt. Beim Pacific Salt 2 von Spyderco kommt mit dem H1-Stahl eine spezielle Legierung zum Einsatz. Dieses Metall ist härter als herkömmlicher Edelstahl, soll aber dennoch nicht rosten, selbst bei direktem Kontakt mit Salzwasser. Das besondere Material schlägt sich aber auch im höchsten Preis im Test nieder.

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Das restliche Testfeld ist mit Klingen aus Edelstahl ausgestattet, was speziell bei Notfallmessern sinnvoll ist, da diese unter Umständen am Mast oder im Cockpit befestigt und somit immer der Witterung und überkommenden Seen ausgesetzt sind. Auch beim Schliff der Klinge resultieren die Unterschiede aus der Nutzung: Um Tauwerk sauber zu schneiden, ist eine glatte scharfe Klinge nötig. Diese kann auch selber problemlos nachgeschärft werden.

Klingen mit Wellenschliff oder Sägezähnen sind für ordentliche Schnitte auf dem Schneidebrett ungeeignet, haben aber beim Kappen einer Leine Vor­teile. Im Test haben wir dies mit einer leicht gespannten Leine ausprobiert. Im Idealfall ließ sich das Tauwerk mit einem Zug durch­trennen. Hier hatten plötzlich glatte Klingen, die vorher vorbildlich abgeschnitten hatten, das Nach­sehen. So konnte das Pacific Salt 2 nicht überzeugen, obwohl es extrem scharf ist – es rutschte einfach zu schnell ab.

Die Sägezähne des Wichard-Notfall­­messers wiederum zeigten hier, was sie können, obwohl es auf dem Schneidbrett nicht einmal das Dyneema zu durchtrennen vermochte. Die spitzen Wellen und Zähne verhindern, dass das Messer einfach an der Leine entlang rutscht; jeder Zahn zerbeißt dabei einige Fasern, so kann auch eine relativ kurze Klinge Tauwerk erfolgreich kappen. Der größte Unterschied zwischen den getesteten Messern besteht in der Bauform.

Klappbare oder stehende Klinge

Die Taschenmesser haben eine klappbare Klinge, wobei hier noch ein wichtiges Merkmal ist, ob diese sich arretieren lässt. Das ist der Fall beim Pacific Salt 2 und dem Offshore von Wichard. Zudem lässt sich das Pacific Salt 2 mit einer Hand öffnen. Bei den Modellen von Mac konnte die Klinge nicht festgestellt werden. Eine ungesicherte Klinge kann bei ungewolltem Zusammenklappen zu Schnittverletzungen führen.

Diese Gefahr besteht bei den übrigen Modellen mit feststehender Klinge nicht. Die Bauform bringt jedoch Nachteile mit sich: Die Messer sind auch bei Nichtgebrauch recht sperrig und benötigen eine spezielle Hülle zum Abdecken der Klinge. Bei den Notfallmessern ist das ein robuster Köcher aus hartem Kunststoff mit Befestigungsösen. Wichards Notfallmesser ist sogar in der Scheide verriegelt; per Knopfdruck am Griff kann es gelöst und entnommen werden. Dieser Sicherungshebel ist beim Test aber auch einmal aus dem Griff gesprungen, ließ sich jedoch wieder samt Feder einrasten.

Extras in Hülle und Fülle

Weitere Merkmale wie Marlspieker, Schäkel­öffner, Dosenöffner und Co. wurden im Test nicht bewertet, da das Testfeld damit sehr heterogen ausgestattet war.

Das Hauptaugenmerk in der Bewertung lag eindeutig auf dem Schneiden. Dabei wurde das Handling des Messers beurteilt: Wie oft muss der Anwender hin und her sägen, um die Leine zu zerteilen? Je weniger, desto besser. Dann wurde die Güte der Schnittkante bewertet – je ausgefranster, desto schlechter. Außerdem floss der Erfolg beim Kappen einer Leine in die Bewertung ein. Dabei gab es die höchste Punktzahl, wenn dies mit einem Zug erledigt war.

Insgesamt wurden 90 von 100 Punkten allein für die Schnittversuche vergeben; mit 10 Prozent floss daneben der Preis mit in die Bewertung ein. Dabei sind die Modelle Boat2 und B91/5 von Mac sowie das Keramikmesser von D-Splicer echte Favoriten mit Preisen um 20 Euro. Ein deutlicher Ausreißer ist hier nur das Produkt von Spyderco mit über 140 Euro.

Der Gewinner unter den Segelmessern

Der absolute Gewinner ist das untypische Keramikmesser – allerdings dicht gefolgt vom klassischen Matrosenmesser. Auch das Offshore von Wichard erhält fünf Sterne, das Pacific Salt 2 vier. Die Rescuemesser liegen fast gleichauf, wobei das Modell von Toplicht um einige Punkte besser abschneidet. Das Nostromo ist durch die halbierte Klinge mit sowohl glattem als auch gezacktem Schliff ein echter Allrounder. Nicht richtig überzeugen konnten das Boat2 und das B91/5, da sie sowohl auf dem Schneidebrett als auch beim Kappen der Leine nicht gut funktionierten.

Das Messer von D-Splicer gehört eher in die Takelkiste und sollte Spleißarbeiten vorbehalten bleiben. Ähnlich verhält es sich mit den klassischen Matrosenmessern. Bei beiden können die Hüllen aber auch am Gürtel befestigt werden. Praktische Produkte für den Bordalltag sind das Pacific Salt 2 sowie das Offshore von Wichard, das auch einen Marlspieker und Schäkelöffner bietet. Segler haben also die Qual der Wahl. Aber es muss ja nicht bei einem Messer an Bord bleiben.

So haben wir getestet

Jedes Messer musste im Schnitt-Test fünfmal durch ein Kernmantelgeflecht aus Polyester mit 14 Millimeter Durchmesser schneiden, dann fünfmal durch ein Dyneema-Geflecht. Dabei lag das Tauwerk ohne Spannung auf einem Schneidbrett. Die Schnittgüte sowie das Messerhandling beim Schneiden wurden bewertet. Um auch den Notfall-Messern gerecht zu werden, wurde dann eine leicht gespannte Leine gekappt, was andere Ergebnisse als auf dem Schneidbrett lieferte.

Testergebnisse der Segelmesser im Detail

D-Ceramic C20 von D-Splicer

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Foto: YACHT/Jozef Kubica

Offshore von Wichard

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Foto: YACHT/Jozef Kubica

Notfallmesser von Wichard

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Matrosenmesser Nostromo von Mac

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Seglermesser B91/5 von Mac

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Seglermesser Boat2 von Mac

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Foto: YACHT/Jozef Kubica

Pacific Salt 2 von Spyderco

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Foto: YACHT/Jozef Kubica

Rescue Knife von RRK

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Foto: YACHT/Jozef Kubica

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