Christian Kettl, Jungunternehmer aus Bayern, hat den AWN-Webshop samt Kundendatei sowie den Markennamen, das Logo und die Warenbestände aus dem Hamburger AWN-Zentrallager gekauft. Kettl betreibt bereits unter dem Dach seiner Firma Oquip (der Name steht für Outdoor-Equipment) seit einigen Monaten die Webshops bootsholz.de und bootzubehoer.de.
AWN zu übernehmen sei nie der Plan gewesen, so der 33-Jährige. Doch als sich die Gelegenheit bot und das Unternehmen zum Verkauf stand, habe man sich entschieden, den Webshop fortzuführen. “Wir wollen den Markennamen am Leben erhalten”, so Kettl, der selbst von klein auf Segler ist und beruflich auf mehrere Jahre Erfahrung in E-Commerce und Digitalmarketing zurückblicken kann.
Das Filialgeschäft von Niemeyer ebenfalls zu übernehmen habe man sich nicht zugetraut. Dass man irgendwann in den kommenden Jahren aber gegebenenfalls wieder ein Filialnetz neu aufbauen könnte, mochte Kettl im Gespräch mit der YACHT-Redaktion nicht ausschließen.
Zunächst müssen nun jedoch die Warenbestände von Hamburg ins Oquip-Lager nach Fürstenzell bei Passau geschafft, der Webshop neu ausgerichtet und bestückt, Kundendaten integriert, Logistikpartner gefunden und Verträge mit Lieferanten geschlossen werden. Zugute kommt der Firma, dass man dank der beiden bereits bestehenden Bootsausrüstungs-Webshops an zahlreiche schon existierende Lieferantenbeziehungen anknüpfen könne, so Kettl.
AWN-Kunden wurden heute Morgen von der Webshop-Übernahme per Newsletter informiert. Sie haben die Wahl, ob ihre Kundendaten an das neue Unternehmen übergeben werden. Wer das nicht will, kann widersprechen.
Zurzeit ist der bestehende Webshop noch unter awn.de erreichbar. Die meisten der dort gelisteten Produkte sind jedoch als ausverkauft markiert, und bestellen kann man laut Kettl dort derzeit auch nichts mehr. Er geht davon aus, dass er und sein Team zirka vier bis sechs Wochen benötigen, bis der Shop vollständig auf die neue Firma umgestellt ist und Bestellungen dann wieder möglich sind.
Wie groß die künftige Produktpalette sein wird, konnte Kettl noch nicht sagen. Man wolle aber versuchen, auch solche Produkte künftig online anzubieten, die bislang nur in den AWN-Filialen erhältlich gewesen seien. Und auch die Beratung werde nicht zu kurz kommen, verspricht der Unternehmer. Zwei Mitarbeiter seien abgestellt, Kundenanfragen zu beantworten. Außerdem würden die anderen Mitarbeiter geschult.
Insgesamt umfasst das Oquip-Team derzeit neun Mitarbeiter. Bei A. W. Niemeyer waren zuletzt über 100 Beschäftigte angestellt, viele davon allerdings in den neun Filialen. Doch auch Kettl ist bewusst, dass er Personal aufstocken muss, sollte der AWN-Webshop sofort wieder Fahrt aufnehmen. Dafür sei man gerüstet, und in der Region ließen sich entsprechende Arbeitskräfte für Lager und Logistik auch gut finden, gibt er sich optimistisch.
Während der Webshop und somit also auch die Marke “AWN” überlebt, ist das Schicksal der meisten Filialen und auch für den Niemeyer-Hauptsitz in Hamburg besiegelt. Lediglich die Kieler Filiale wird von SVB weitergeführt. Alles andere wird versteigert.
Das österreichische Auktionshaus Aurena wird fast 20.000 Positionen an Filialware und -ausstattung, inklusive des Fuhrparks, meistbietend an den Mann oder die Frau bringen. Die Mitarbeiter des Auktionshauses seien derzeit mit dem Katalogisieren der AWN-Bestände in Deutschland und Österreich befasst. Die nächsten Zuschläge erfolgen am 23. Juni ab 11.45 Uhr für die Filiale in Berlin-Adlershof, weiter geht es am 28. Juni ab 9.30 Uhr in der Filiale in Hamburg.
Unter den Hammer kommt die gesamte noch vorhandene Ware aus den Filialen – von Kajaks, Schlauchbooten und Bootsmotoren über Navigationsgeräte, Segelbekleidung und Yachtlack bis hin zu Kugelkompass und Rettungsinsel, teilt Aurena mit.
Mitgeboten werden kann über die Auktionsplattform aurena.at nach einmaliger Registrierung – ob Privatperson oder Firma. Auf der Website finden sich auch die Details zu allen Auktionsstandorten, Zuschlags-, Besichtigungs- und Abholterminen.
Die Hamburger A. W. Niemeyer GmbH war Anfang des Jahres überraschend in die Insolvenz gegangen. Dem Insolvenzverwalter war es nicht gelungen, einen Investor zur Fortführung des Unternehmens zu finden. Daher musste die 1745 als Schiffsausrüster in Hamburg gegründete Traditionsfirma vor Kurzem für immer schließen.