Online-ShoppingBestellen bei Temu - geiler Geiz oder große Gefahr?

Lars Bolle

 · 13.09.2024

Die Temu-App auf einem Smartphone | Jakub Porzycki
Foto: picture alliance / NurPhoto
Beispiele für Angebote bei Temu
Die Online-Shopping-Plattform Temu ist auf rasantem Vormarsch. Auch für Wassersportler gibt es eine breite Produktpalette. Doch was taugen die Artikel und worauf ist bei der Bestellung zu achten?

Die chinesische Online-Einkaufsplattform Temu lockt Schnäppchenjäger vor allem mit teils konkurrenzlos günstigen Preisen. Längst besteht das Angebot nicht mehr nur aus irgendwelchen Gadgets, sondern auch vermeintlich hochwertigen Angeboten. So auch für Wassersportler. Und immer mehr von ihnen scheinen bei Temu fündig zu werden.

Von Tauwerkmaterial über Blöcke, Schäkel, Klemmen bis hin zum Edelstahl-Verklicker reichen die Angebote. Doch kann man diese einfach bedenkenlos kaufen? Offenbar haben immer weniger Kunden Bedenken. Schon beim kurzen Stöbern wird man fündig. So ist etwa ein Festmacherset, glaubt man den Temu-Daten, bereits über 4.000 mal verkauft worden, Schäkel, Blöcke, Klampen, selbst Wantenspanner wurden hundertfach bestellt. Also selbst bei sicherheitsrelevanter Ausrüstung verfängt offenbar der meist sehr günstige Preis.

Stimmt die Qualität?

Doch gerade, wenn es um die Sicherheit geht, sollte sich jeder Käufer bewusst sein, wie die niedrigen Preise zustande kommen. Einerseits wird oftmals nicht nach den meist deutlich strengeren Richtlinien, die für die Europäische Union gelten, hergestellt. Außerdem zu völlig anderen Lohnkosten. Der Käufer kann damit die Qualität eines Produktes kaum einschätzen. Etwa, ob ein Schäkel aus hochwertigem oder billigem Edelstahl besteht, ob er tatsächlich nicht rostet und wie hoch dessen Bruchlast genau ist. Versagt so ein Teil im ungünstigen Moment, kann der Billigkauf teuer werden. So warnt auch die Verbraucherzentrale, dass die niedrigen Preise mit mangelnder Qualität und Sicherheit einhergehen können.

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Keine Zollgebühren

Temu muss wegen der niedrigen Artikelpreise oft keinen Zoll zahlen, da dieser erst ab einem Wert von 150 Euro anfällt. Dennoch könnten Einfuhrumsatz- und Verbrauchssteuern anfallen, die ab einem Warenwert von 5,26 Euro zu zahlen sind. Zustelldienste strecken diese Kosten vor und kassieren sie dann bei der Paket-Zustellung vom Käufer.

Käufer wird zum Importeur

Zudem erfolgt der Kauf fast immer über den Hersteller, ein Händlernetz entfällt, was außerdem günstige Preise ermöglicht. Der Käufer wird damit jedoch zum Importeur und haftet entsprechend. Für den Privatgebrauch mag das kein Problem sein. Wird jedoch ein Teil verliehen oder eben mal für den Kumpel mitbestellt, kann diese Person den Käufer bei Schäden in Regress nehmen.

Schwierige Reklamation

Ein weiterer Aspekt, der bedacht werden sollte, ist die Reklamation. Kommt eine Bestellung gar nicht an oder fehlerhaft, ist nicht Temu der Ansprechpartner, sondern der Verkäufer, also meist ein Hersteller in China. Mit diesem in Kontakt zu treten, Rückzahlungen oder Ersatzlieferungen zu fordern, kann sehr schwierig sein. Temu versteht sich nur als Vermittler.

Darauf sollten Käufer achten

Die Verbraucherzentrale hat folgende acht Hinweise für den Kauf bei Temu veröffentlicht:

  1. Informieren Sie sich über die geltenden Zollbestimmungen, wenn Sie bei Händler:innen außerhalb der EU bestellen. Sonst können zusätzliche Steuern und Zollgebühren auf Sie zukommen.
  2. Gehen Sie nach Möglichkeit nicht in Vorkasse, sondern zahlen Sie erst, wenn Sie die Ware erhalten haben und zufrieden sind. Bekommen Sie Zahlungsaufforderungen, bevor Sie Ware erhalten haben, ignorieren Sie sie nicht, sondern melden Sie sich beim Online-Kundenservice und erklären dort, dass Sie noch nichts erhalten haben.
  3. Kommt Ware von Händlern in Fernost, kann es zu langen Lieferzeiten kommen.
  4. Achten Sie bei elektronischen Geräten auf zugelassene CE-Zeichen.
  5. Insgesamt ist es wichtig, kritisch zu sein und sich vor dem Kauf gut zu informieren. Überprüfen Sie die Bewertungen anderer Kunden.
  6. Wer sich durch ständige Werbeansprache gestört fühlt, sollte in der App oder in den Einstellungen des Smartphones Push-Benachrichtigungen ausschalten, vom E-Mail-Newsletter wieder abmelden oder auf eine Werbe-SMS mit STOP antworten (laut Temu-Nutzungsbedingungen vom 8. Juli 2023).
  7. Temu macht keinen Hehl daraus, an personenbezogenen Daten interessiert zu sein und diese auch für kommerzielle Zwecke zu nutzen. Wer die Plattform datensparsam nutzen möchte, sollte darauf achten, etwa dass das Standorttracking in den Einstellungen des Smartphones deaktiviert ist. Außerdem raten wir generell von Single-Sign-On ab.
  8. Darüber hinaus besteht das Problem der Nachhaltigkeit. Weit gelieferte (und eventuell zurückgeschickte) Produkte aus China belasten die Umwelt. Die Mentalität "Billig-Produkte neu kaufen" anstatt sie wiederzuverwenden, zu reparieren oder Secondhand zu kaufen, geht zu Lasten der endlichen Ressourcen unserer Welt.

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