Felix Keßler
, Michael Rinck
· 09.04.2018
Den ganzen Satz Ölzeug wegen eines Lochs aufgeben? Muss nicht sein, zumindest provisorisch lässt sich Ölzeug mit Bordmitteln reparieren
Einmal nicht aufgepasst, und schon hat das Ölzeug ein Loch. Selbst wenn Eigner an Bord alle Kanten mit Tape entschärft haben, besteht spätestens auf dem Steg noch die Gefahr, die wasserdichte Pelle zu beschädigen. Etwa beim Lösen der Festmacher, wenn man mit dem Knie an einer überstehenden Schraube hängenbleibt. Der kleine Riss hat eine unangenehme Wirkung: Bei Regen oder überkommendem Wasser dringt zwangsläufig Feuchtigkeit ein – und unweigerlich wird sie sich über die betroffene Leckstelle hinaus ausbreiten. Besonders ärgerlich ist ein solches Malheur auf einem längeren Törn. Die Ölzeug-Hersteller bieten zwar alle einen Reparaturservice an, doch häufig dauert das Einschicken und Abdichten mehrere Wochen. Dann steht zu erwarten, dass die Saison schon weit fortgeschritten ist, wenn die ausgebesserte Klamotte zurückkommt.
Es zeigt sich, dass eine Art Organspende vom eigenen Ölzeug die besten Aussichten auf eine haltbare Reparatur bietet. – YACHT-Redakteur Michael Rinck
Auf Nachfrage bei einigen namhaften Herstellern für Segelbekleidung hieß es, dass man nicht besonders glücklich über Ausbesserungen in Eigenregie sei – der Arbeitsaufwand von professionellen Reparaturen würde dadurch größer. Das ist auch der Grund, warum Hersteller keine Flicksets mehr anbieten: Es gab zu viele Beschwerden, wenn die Reparatur etwa wegen überlagerten Klebers nicht gelang.
Wir haben deswegen die Reparatur mit Bordmitteln geprobt. Die geflickte Ölhose wurde danach unter der Dusche auf die Dichtigkeit der Ausbesserung hin untersucht. Dann wurde die Stabilität der Flicken durch Bewegungen im Knien auf einem Teakdeck überprüft.
Wichtig sind ein leistungsfähiger Kleber und passendes Material für einen Flicken. Der erste Gedanke ist vielleicht, einfach Tape auf den Riss im Ölzeug zu kleben. Doch das hält nur für kurze Zeit, speziell an stark beanspruchten Stellen wie den Knien. Hier wirken große Kräfte, sei es durch Dehnung des Materials bei Bewegungen oder noch schlimmer durch Reibung, wenn etwa beim Wechseln des Vorsegels auf den Knien über das Deck gerutscht wird.
Besser geeignet als herkömmliches Klebeband ist selbstklebendes Segeltuch. Es ist aber ebenfalls nur eine Notlösung, da es sich zu leicht wieder ablöst. Wichtig: Der Flicken muss deutlich größer sein als das Loch im Ölzeug; und die Ecken sind abzurunden, damit sie nirgendwo hängenbleiben. Dann das Segeltape aufkleben und mit der abgezogenen Folie kräftig darüberreiben. So wird der Flicken gut angedrückt und durch die Reibungswärme der Kleber aktiviert. Die Reparatur sah anfangs vielversprechend aus und hielt auch beim Test dicht. Leider löste sich das Tape aber bei Beanspruchung relativ schnell. Wir haben es daher mit Silikon versucht. Das ist zwar nicht die ästhetischste Methode – dennoch hielt sie auf Dauer am besten dicht.
Bei einem defekten Reißverschluss kann nicht einfach ein Flicken aufgeklebt werden. Meist hakt es, weil ein Zahn fehlt oder verschoben ist – hier hilft langfristig nur der Austausch durch den Hersteller. Um die Jacke provisorisch weiterzubenutzen, muss die Stelle, an der der Reißverschluss klemmt, stillgelegt werden. Für gewöhnlich öffnet sich der Verschluss genau dort ungewollt, oder der Zipper verhakt sich.
Die Materialien zur Lösung des Problems sind auf den meisten Booten vorhanden: Nadel, Takelgarn und eine Zange. Zuerst wird der beschädigte Reißverschlussteil geschlossen, dabei kann mit der Zange vorsichtig nachgeholfen werden. Dann wird der betreffende Bereich mit Nadel und Faden zusammengenäht. Ist die Stelle am Frontzipper weiter unten, so stört der um ein paar Zentimeter gekürzte Reißverschluss kaum.
Sollte die Notreparatur nicht so schön und dauerhaft ausfallen wie erhofft, kann die Klamotte im Herbst ja immer noch eingeschickt werden. Und mit der richtigen Pflege hält sie dann auch noch ein paar Sommertörns lang durch.
Noch besser als mit dieser Methode klappte es mit dem Epoxid-Kleber Dr Sails. Der ist laut Hersteller speziell für die Reparatur von textilen Materialien wie Segel und Ölzeug geeignet. Die Verarbeitung ist sehr einfach: Es wird eine Dosierspitze aufgesteckt, in der auch gleich die beiden Komponenten im richtigen Verhältnis gemischt werden. Das Auftragen beim Kleben ist ein Kinderspiel und geht gezielter als mit der Dichtmasse. Und das flexible Epoxid ist transparent, so macht die geflickte Stelle einen sehr guten Eindruck. Doch der größte Vorteil ist die rasche Trockenzeit. Schon nach etwa 20 Minuten hat das Kunstharz 80 Prozent seiner Haltekraft erreicht (bei 22 Grad Celsius). Leider ist der Spezialkleber nicht billig: Das kleinste Gebinde mit 10 Millilitern kostet rund 20 Euro.
Sollte zu Reparaturzwecken etwas Segeltuch im Werkzeugkasten sein, liegt die Idee nahe, daraus Flicken anzufertigen und nicht aus dem eigenen Ölzeug zu schneiden. Unsere Versuche mit Dacrongewebe waren aber leider nicht von Erfolg gekrönt, die Flicken lösten sich schnell wieder ab. Das dürfte weniger am Edel-Kleber als am ungeeigneten Material liegen.