Das höchste Preisgeld des internationalen Segelsports ist vergeben: Das australische SailGP-Team um Tom Slingsby hat erneut eine Million US-Dollar abgeräumt!
Nach 48 Rennen für acht Teams bei acht Events ist das höchste Preisgeld des internationalen Segelsports vergeben: Das australische SailGP-Team um Tom Slingsby hat in der Nacht zum Montag vor San Francisco seinen Titel im SailGP verteidigt und eine Million US-Dollar abgeräumt! Die Entscheidung fiel an einem so dramatischen wie kurios verlaufenden Segeltag.
Zunächst wurden am Sonntagabend die letzten beiden Fleetraces der zweiten SailGP-Saison in teilweise stark böigen Bedingungen von mehreren Kollisionen erschüttert. Die erste verursachten der neue spanische Steuermann Jordi Xammar und sein Team im ersten Rennen des Finaltages, als sie am Leegate in das bereits fürs Finale qualifizierte amerikanische Boot crashten. Der am Vortag noch für seine starken Premierenleistungen hochgelobte spanische 470er-Steuermann Jordi Xammar war ohne Überlappung und Wegerecht zwischen Marke und Amerikaner gerast, wo Jimmy Spithill und das amerikanische SailGP-Team nicht mehr ausweichen konnten.
Beide Boote trugen Löcher in ihren Rümpfen davon – die Amerikaner hinten am Backbord-Rumpf, die Spanier an Steuerbord. Dabei war es beängstigend zu sehen, wie nah der "entgleiste" spanische Rumpf den Seglern auf dem US-Boot kam, die jedoch unverletzt blieben – wie alle Seglerinnen und Segler an diesem denkwürdigen Tag zwischen Golden Gate Bridge und Alcatraz. Kurz nach dem Crash kommentierte der hartgesottene Jimmy Spithill den Vorfall trocken: „Ja, es wurde ziemlich aufregend, als sie versuchten, bei uns an Bord zu kommen. Wir mussten die Verkleidung am Heck abnehmen, aber das ist nichts, was uns stoppen kann.“
Während die ohnehin nicht fürs Finale qualifizierten Spanier den vorzeitigen Heimweg antreten mussten, unternahmen die Amerikaner auf dem Wasser alle Anstrengungen, ihr Boot wieder flottzumachen. Es gelang, die demolierte Heckverlängerung abzunehmen und den verkürzten Rumpf provisorisch zu schützen. Dafür nutzten sie auch die Zeit des letzten Fleetraces, an dem sie nicht teilnahmen. Es begann mit einer Verzögerung, weil sich eine Bahnmarke losgerissen hatte. Die Wettfahrt wurde bei nur sechs Teilnehmern von einer weiteren dramatischen Kollision zwischen Frankreich und Neuseeland erschüttert, bei der die Kiwis vier Strafpunkte davontrugen und die Briten der gefährlichen Situation und einem möglichen Dreier-Crash mit Vorfahrt nur knapp entgingen. Die meisten Zuschauer dürften bei Beobachtung der Situation mehrere Sekunden den Atem angehalten haben.
Das fünfte und letzte Fleetrace und damit auch den Mubadala United States Grand Prix gewann Tom Slingsbys dominantes Team Australia vor Sir Ben Ainslies britischem SailGP-Team und den Japanern mit Steuermann Nathan Outteridge. Doch der Höhepunkt des Tages stand mit dem Finale der besten drei Teams der Saison und dem Kampf um eine Million US-Dollar Preisgeld noch aus. Beteiligt: Die australischen Top-Favoriten um Tom Slingsby, die fünf von acht Events der zweiten SailGP-Saison gewonnen haben. Dazu die „humpelnden“ Amerikaner mit ihrem oft furios agierenden Steuermann Jimmy Spithill, die keine Regatta hatten gewinnen können, sich aber über konstant gute Leistungen in den Top Drei der Saisonwertung platzieren konnten. Und schließlich die Japaner mit 49er-Olympiasieger Nathan Outteridge am Steuer, die gegen Saisonende immer besser in Fahrt gekommen waren.
Auch das große Finale startete mit Verzögerung. Mit guter Positionierung konnten sich die gehandicapten Amerikaner am Start durchsetzen, weil beide Gegner einen Penalty kassiert hatten und ihre Geschwindigkeit drosseln mussten. So konnte zunächst die Spithill-Crew mit imposanter Geschwindigkeit davonziehen. Die Freude darüber währte aber nicht lange, denn die Australier rollten das Feld von hinten auf, legten eine beeindruckende Markenrundung hin und setzten sich wieder an die Spitze. Ein gigantischer Linksdreher schien den Dreikampf im weiteren Verlauf erneut aus den Fugen geraten zu lassen, als das Finale plötzlich abgebrochen wurde. Der Grund war die Sichtung eines Wales in Kursnähe. Das SailGP-Protokoll sieht für einen solchen Fall zum Schutz der Meeresbewohner den Rennabbruch vor.
So mussten Fans Europa in der Nacht auf Montag bis 0.50 Uhr nachts ausharren, um den nächsten Startversuch zu erleben. Der glückte besser als die sonst qualitativ so starke TV-Übertragung. Bei diesem Saisonhöhepunkt schwächelte sie, machte mitunter den Eindruck, als ließe sie sich immer wieder von der Geschwindigkeit auf dem Wasser überholen. Der verpasste Start zu Rennen zwei, oftmals fehlende Animationen und seltsame Regiesprünge forderten das Fernsehpublikum.
Das Finale gewannen die Australier, weil sie mit besserem Timing starteten, in den flauer gewordenen Bedingungen als erste auf die Foils kamen und davonzogen. Von diesem Nachteil erholten sich beide Gegner im Verlauf des Rennens nicht mehr. Zwar blieben auch die Australier einmal an der Luvtonne kleben, doch es erging ihren Verfolgern im Windloch nicht anders. Mit teilweise über einem Kilometer Vorsprung strebte das grün-gelbe Boot dem Ziel als ungefährdete Spitzenreiterin entgegen und kreuzte die Linie nach knapp zehn Minuten Renndauer. Es folgten mit 46 Sekunden Rückstand die Japaner und mit viel Verspätung schließlich auch die Amerikaner.
Tom Slingsby und sein Team, in dem Taktikerin Nina Curtis als erste Frau einen SailGP-Saisonsieg feiern konnte, genossen den erneuten Triumph. Slingsby sagte: „Wichtiger noch als das Geld ist, dass Australien am Ende an der Spitze steht. Wir dürfen uns die Besten der Welt nennen. Geld kommt und geht, aber Ruhm bleibt ewig. Ich weiß, dass das nur ein Spruch ist, aber wir genießen gerade genau dieses Gefühl." Dem geschlagenen Jimmy Spithill blieb nur die faire Verneigung: „Am Ende des Tages muss man die Australier wirklich loben. Sie waren die ganze Saison über die Messlatte. Hierherzukommen und erneut zu siegen, das ist sehr eindrucksvoll. Sie haben den Sieg verdient.“
Nachzutragen bleibt, dass die Neuseeländer die parallel zum Segelsport ausgetragene „Impact League“ vor Sir Ben Ainslies Briten und den Australiern gewannen. Dieser Sieg wird Neuseelands Supersegler Peter Burling und Blair Tuke nach ihrer durchwachsenen ersten SailGP-Saison zwar nicht vollständig trösten, ist aber immerhin für das erfolgreiche Umweltengagement des Teams mit 100.000 US-Dollar dotiert. 35.000 US-Dollar gab es hier für Platz zwei und immerhin noch 15.000 US-Dollar für Platz drei. Zur Abschlusswertung der zweiten SailGP-Saison geht es hier (bitte anklicken!). Zum Endergebnis des Mubadala United States Sail Grand Prix geht es hier. Und hier geht es zur Wiederholung der TV-Übertragung vom Finaltag.