Sie wirkt zierlich mit ihren 1,60 Meter, ist aber unfassbar zäh und willensstark. Erstaunlich findet "Isa", wie Freunde sie nennen, lediglich, dass es nicht mehr Frauen im Hochsee-Rennsport gibt wie sie.
Isabelle Joschke, 1977 in München geboren, ist Deutschlands erfolgreichste Offshore-Seglerin. Dennoch kannten hierzulande bis vor Kurzem nur wenige ihren Namen. Die Tochter einer Französin und eines Deutsch-Österreichers zog schon als Kind nach Frankreich; sie besitzt beide Staatsbürgerschaften.
Joschke studierte an der Sorbonne in Paris Griechisch und Latein – und entschloss sich erst dann, Profiseglerin zu werden. Zwei Jahre lang lebte sie in einem Wohnmobil, mit dem sie von Regatta zu Regatta fuhr. Wie viele Einhandsegler begann sie in der Mini-6.50-Klasse. 2005 segelte sie ihr erstes Transat, 2006 landete sie in der Jahreswertung bereits auf dem zweiten Platz.
Es folgten erfolgreiche Jahre auf einer Figaro, dann Class 40 und schließlich einer Imoca 60, mit der sie 2020 zur Vendée Globe startete. Joschke lebt in Lorient, dem Zentrum der französischen Offshore-Szene. 2024 wird sie erneut bei der Vendée Globe antreten, mit dem gleichen Boot wie bei ihrer Premiere, die sie im Südatlantik nach einem kapitalen Kielschaden und dem nötigen Reparaturstopp nur außerhalb der Wertung beenden konnte.

Andreas Wolfers Tor zur Welt. Hinter diesem Eingang residiert Isabelle Joschkes Team MACSF in Lorient, dem Zentrum der französischen Offshore-Elite. Wir waren da
Als Botschafterin der von ihr gegründeten Organisation "Horizon Mixité" setzt sie sich dafür ein, dass Frauen im Wettstreit mit Männern mehr Kampfesmut und Selbstvertrauen zeigen, im Beruf wie im Sport. "Man muss nicht gleich allein um die Welt segeln", sagt sie. "Aber zu sehen, dass eine kleine, zarte Frau das geschafft hat, das soll anderen Frauen Mut machen. Wir können mehr, als wir es uns oft zutrauen."
Die 45-Jährige, die im Urlaub lieber in die Berge als auf ein Boot geht, hat durch die Grenzerfahrungen bei der Vendée Globe eine neue Gelassenheit und Zuversicht gefunden, wie sie im exklusiven YACHT-Interview verriet.
Auf die Frage, warum sie sich die Solo-Nonstop-Wettfahrt um alle großen Kaps noch einmal zumuten will, antwortete sie: "Ich hatte im Südmeer irgendwann das Gefühl, nicht mehr auf der Erde zu sein, sondern irgendwo anders. Alles Vertraute ist weg, nirgendwo gibt es etwas Festes, alles ist in Bewegung und fließt ineinander – das Wasser, die Wolken, auch die Zeit. Und mittendrin bin ich, monatelang allein. Ich glaube, die Intensität, mit der ich dort die Natur und auch mich selbst erlebte, ist der Grund, weshalb ich die dazugehörenden Nöte nach meiner Rückkehr nicht mehr so ernst nahm."
Ist die Vendée dann wie eine Sucht?
"Ich würde es eher Magie nennen", sagt Isabelle Joschke. "Im Südmeer erleben wir Momente, die an Land niemand kennt. Es sind Momente, in denen mich das Gefühl überwältigt, wie klein der Mensch ist und wie machtvoll die Natur. Wir sind eben nicht das Zentrum des Universums. Wir haben keine Bedeutung in einer Wildnis, in der sich seit Jahrtausenden nichts verändert hat. Wir sind nur zeitweilige Besucher."
Beim Auftaktrennen der Saison, das Anfang Mai stattfand, belegte sie am Ende einen hervorragenden 5. Platz – dicht hinter den absoluten Top-Booten. Derzeit segelt Isa Joschke beim Vendée-Arctique-Rennen, wo sie aufgrund ihrer nördlichen Route am zweiten Regattatag bis auf Platz 1 vorrückte. Zum Tracker und zum aktuellen Ranking der Vendée Arctique geht es hier .
Das Gespräch mit der sympathischen Ausnahmeseglerin führte Andreas Wolfers. Er traf Isabelle Joschke zweimal und verbrachte einen Trainingstag mit ihr an Bord ihrer "MACSF", einer Imoca mit Foils der letzten Generation.
Das Interview ist auf 10 Seiten in der YACHT 13/2022 erschienen, die Sie direkt online bestellen können – dazu einfach hier klicken! Oder Sie laden das Interview als pdf-Datei über den Link unten herunter.
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