Nach wochenlangen Hafensperrungen und Segelverboten wegen der Corona-Pandemie können Eigner im Norden endlich wieder frische Seeluft inhalieren. Zwar gilt in Mecklenburg-Vorpommern bis Pfingsten noch ein Einreiseverbot für Auswärtige, doch ansonsten sind Nord- und Ostsee wieder offen.
Weil am ersten Wochenende nach den Lockerungen auch das Wetter mitspielte, sind Tausende zu ihren Booten geströmt – entweder, um sie zu Wasser zu lassen, dafür vorzubereiten oder gleich zum Segeln. Selbst kurzzeitig einsetzender Nieselregen am Samstagmorgen konnte die Stimmung in den Häfen nicht trüben. Als an der Ostsee gegen Mittag die Sonne durch die Wolken brach, herrschte überall leise, dankbare Glückseligkeit.
„Wie haben wir das vermisst!“, sagte ein Hamburger Eigner, der die Aufhebung der Inselsperren in Schleswig-Holstein nutzte, um in Burgtiefe auf Fehmarn zu kranen. Ein Pärchen, das sein Boot von einem Yachtservice-Betrieb aufriggen ließ, blinzelte an der Kaimauer versonnen auf die betriebsame Szenerie und befand: „Da geht’s einem gleich so viel besser.“
Derweil nutzten andere die Gelegenheit zum ersten Schlag, manche noch ohne Segel, den Großbaum nur an der Reling gelascht, zum Überführen, andere schon zum Fahrtensegeln. Um die Ansteuerungstonne im Fehmarnsund konnte man am Nachmittag mehr als 30 Boote gleichzeitig ausmachen; auch vor Heiligenhafen oder in der Kieler Förde das gleiche Bild – als hätte es Covid-19 nie gegeben. Ein Wochenende wie eine Werbekampagne für den Yachtsport.
Auch Andreas Deubel erlebte es so. Dabei wartet der erfolgreiche Minitransat-Segler und YACHT-Instruktor noch auf seine Segel. Er kam also noch gar nicht los. Dennoch genoss er die ersten Nächte an Bord seiner flammneuen Dehler 30 OD. Die wurde in der vergangenen Woche wie mehrere andere Exemplare der Einheitsklasse bei Speedsailing in Rostock vorbereitet und geriggt.
Mehrere Tage verbrachte Andreas Deubel selbst an der Warnow, um Bordinstrumente und Autopilot zu installieren. „Ich kann es gar nicht erwarten, die ersten Schläge zu segeln“, sagte er. „Aber auch einfach nur im Cockpit zu sitzen oder unter Deck rumzubasteln ist schon wie Urlaub.“
Da geht es ihm wie vielen anderen Seglern, die nach diesem Wochenende wieder mit voll geladenen Batterien in den Corona-geprägten Alltag starten werden. Und damit sind nicht die Bord-Akkus gemeint.